Hubert Gaisbauer
Ein Heiliger
kann jeder werden
Lebendig glauben mit Johannes XXIII .
Vorwort
Il chierichetto – Angelino, das Pfarrerlein
Lebensregeln für junge Männer
Mamma Marianna
Gott ist alles, ich bin nichts. E per oggi basta!
Chiamami il Santo Ufficio!
Der Mantel des Elija
Man muss die Freiheit aller Menschen achten. Gott tut es auch!
Wir Kinder des einen Vaters
Oboedientia et Pax – Gehorsam und Friede
Exerzitien mit Papst Johannes – I
Exerzitien mit Papst Johannes – II
Roncallis Freunde
Der Turm des Johannes
Nachwort
Anhang
Personenverzeichnis
Zeittafel
Quellen
Literatur
Herzlichen Dank
an meine Frau Renate für ihre Freude an meiner Arbeit, für viele Gespräche und wichtige Entscheidungshilfen .
»… übereilt euch nicht so, beginnt damit, recht entsprechend eurer Berufung zu leben, sachte, einfach und demütig; dann setzt euer Vertrauen auf Gott, der euch heilig machen wird, wann es ihm gefällt.« Franz von Sales
Mit sechs Jahren fasste Angelo Giuseppe Roncalli, der spätere Papst Johannes XXIII., den kindlichen Entschluss, »ein Heiliger« zu werden, und zwar nach dem schlichten und wahrhaften Vorbild seines Dorfpfarrers. Was dann folgte, war der genau vorgezeichnete Weg eines jungen Menschen, der sich am Ende des neunzehnten Jahrhunderts entschlossen hatte, Priester zu werden. Eine weltabgewandte Seminarerziehung und die anschließende, streckenweise etwas holprige geistliche Karriere haben ihn nicht daran gehindert, eine Heiligkeit zu erlangen, wie sie der jetzige Papst Franziskus auch den Priestern von heute als Ziel vor Augen stellt: »Heiligkeit bedeutet ein in den Heiligen Geist ›eingetauchtes‹ Leben, die Öffnung des Herzens für Gott, beharrliches Gebet, tiefe Demut, brüderliche Liebe im Umgang mit den Kollegen. Heiligkeit bedeutet auch Apostolat – ein mit Eifer und in direktem Kontakt mit dem Volk Gottes ausgeübter taktvoller, treuer seelsorglicher Dienst.«
Roncalli hatte das Glück und die Gnade, immer Menschen begegnet zu sein, die ihn, den Seminaristen und dann den jungen Priester, gefördert, ermutigt, aber auch gefordert haben. Bei frühen pastoralen Erfahrungen wurde ihm der Blick geöffnet für die Zeichen der Zeit und für die Bedürfnisse der Menschen in der Welt. Im vorliegenden Buch wird daher an seine wichtigsten Lehrer, Anreger und Vorbilder erinnert und an seine frühen historisch-wissenschaftlichen Arbeiten, die keinen geringen Einfluss auf seine spätere Entwicklung zum »Konzilspapst« hatten. Während der Jahre im Dienst der vatikanischen Diplomatie lernte er, den neutralen Status des politischen Beobachters mit dem des Seelsorgers im tatkräftigen Einsatz für Notleidende zu verbinden. Orientierung und Ermutigung fand Roncalli auch bei großen Persönlichkeiten der Kirchengeschichte, jenen vor allem, die ihre Aufgabe in der Umsetzung der Reformen des Konzils von Trient gesehen haben.
Zu Roncallis Auffassung von Heiligkeit gehörten vor allem Güte, Humor, Realitätssinn und sein sprichwörtlicher »Geist der Einfachheit«, der es gestattet, seinen Ausspruch »Papst kann jeder werden« in den Titel dieses Buches zu verwandeln: »Ein Heiliger kann jeder werden.« Ohne große Mühe lässt sich bei Roncalli auch hier der wichtige Zusatz des Originalzitates anhängen: »Der beste Beweis bin ich.« Das Leben von Johannes XXIII. kann als heiligmäßig empfunden werden, weil es nicht nur »eingetaucht« war in den Heiligen Geist, sondern auch in die Schwächen und Nöte seines Charakters, seiner Herkunftsfamilie und in seine Schwierigkeiten mit einer oft unverständigen und überheblichen Umgebung.
Wie in dem Buch »Ruhig und froh lebe ich weiter – Älter werden mit Johannes XXIII.« (Wien 2011) sind auch im vorliegenden Band die wichtigsten Quellen Briefe und Tagebücher von Angelo Roncalli. Möglichst viele Originaltexte aus seiner Feder werden herangezogen, um ein möglichst authentisches und lebensnahes Mosaik zu bieten. Während der Schwerpunkt im ersten Band, dem Untertitel entsprechend, vorrangig auf der zweiten Lebenshälfte lag, wird im vorliegenden Buch besonderes Augenmerk auf die prägenden frühen Jahre gelegt.
Der Untertitel »Lebendig glauben mit Johannes XXIII.« kann als Einladung verstanden werden, wie Roncalli auf seinem Weg vom sechsjährigen Angelino zu Johannes XXIII. »immer in Bewegung zu bleiben«, um in der Lebenswirklichkeit des Glaubens möglichst wahrhaftig einer immer fortschreitenden Entwicklung gerecht zu werden, ohne die »Substanz« zu verraten. Mit dem von Roncalli entdeckten und angewandten Prinzip der »historischen Differenzierung« soll spürbar werden, wie Roncalli glauben lernte und wie seine überzeugende Frömmigkeit aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ins Heute des 21. Jahrhunderts transponiert und vielleicht sogar nachvollzogen werden kann. Es sind ja zeitlos gültige Qualitäten, die sein Profil bestimmten: Gleichmut, Klarheit und Ruhe gegenüber Ereignissen, Nachsicht und Verständnis gegenüber anderen Menschen, Freundlichkeit, Demut und Geduld. Wer will, kann bei Johannes XXIII. lernen, die eigenen Wünsche klar vom Willen Gottes zu unterscheiden und sich in »Gehorsam und Frieden« ruhig und froh der göttlichen Vorsehung zu überlassen.
Im Hause Roncalli, das mehr Köpfe zählte als jedes andere Haus der Ortschaft, gab es täglich dreißig Mäuler zu stopfen .
Am Abend eines jeden Tages war es der alte Onkel Zaverio, das Haupt der Familie, der den Rosenkranz anstimmte; und alle antworteten und bildeten dabei einen vielstimmigen Chor, dessen Nachklang in der Erinnerung, nach so vielen Jahren, die dazwischen liegen, noch immer ans Herz rührt .
Der Kinder waren es zwanzig, Geschwister und Cousins zusammen, und zwar genau zehn Knaben und zehn Mädchen .
Von den Knaben, die die beiden Vettern Battista und Luigi Roncalli der Reihe nach bekamen, war Angelino der erste und wurde sofort, dank seiner spontanen Vorliebe für kirchliche Dinge und seines unschuldigen und ruhigen Aussehens und Gehabens, der Bevorzugte und blieb auch weiterhin Gegenstand besonderer Aufmerksamkeit. Außerhalb des Hauses nannten die Altersgenossen Angelino Roncalli il chierichetto, den ›kleinen Geistlichen‹. Mit 8 Jahren wurde er zur heiligen Kommunion zugelassen, an einem kalten Morgen der Fastenzeit und ohne besondere Feierlichkeit. Zugegen waren nur die Knaben und Mädchen mit dem Pfarrer und dem Hilfsgeistlichen. Der Papst erinnert gerne an die große Einfachheit dieser Zeremonie und an die folgende Einzelheit, die in seinem Gedächtnis haften blieb: Nach der Zeremonie begaben sich die Erstkommunikanten in das Pfarrhaus, um sich einzeln in die Vereinigung des Gebetsapostolates einschreiben zu lassen; und der Pfarrer Rebuzzini vertraute gerade dem Angelino die Aufgabe an, die Namen seiner Schulkameraden in eine Liste einzutragen. Das war die erste Anwendung der Schreibkunst, an die er sich erinnert, das erste Blatt, dem unzählige folgen sollten in über einem halben Jahrhundert fleißiger Arbeit mit der Feder in der Hand .
Aus »Stichworte für eine Biographie
des Roncallipapstes«, verfasst von Johannes XXIII.
im ersten Jahr seines Pontifikats, diese
selbstbiographische Skizze wurde
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