Yvonne Elisabeth Reiter - Die Chiemsee Elfen

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Endlich, der 130. Geburtstag! Am Grund des Chiemsees, im Reich Shenja, steht die Elfenwelt kopf, denn die liebenswerte Elfenprinzessin Nimue feiert in wenigen Tagen ihr Uaneala-Fest! Das ist im Reich etwas ganz Besonderes: Aus dem Kind wird eine junge Erwachsene. Die Vorbereitungen für das große Fest auf dem Schloss laufen und Nimue überlegt währenddessen fieberhaft, was ihr Uaneala-Wunsch sein soll. Mit gemischten Gefühlen schaut die außergewöhnliche Elfe auf das bevorstehende Fest und den neuen Lebensabschnitt. Ruhe findet sie bei ihrer schützenden Eiche Aaro. Während sie der Hektik am Hof dorthin entflieht, bekommt das behütet aufgewachsene Elfenmädchen eine unangenehme Ahnung davon, dass es auch Gefahren in ihrem Leben geben wird. Und dass die größte Gefahr nicht nur aus der Schatten- und Dunkelwelt kommen könnte, sondern in nächster Nähe lauert. Kann sie ihrer inneren Stimme vertrauen? Und ist sie der Verantwortung für das Reich Shenja und für ihre geliebte Familie gewachsen? Sie erfährt von einem Stein, der große Hoffnung, aber auch Gefahren bergen kann. Nimue stellt sich der Herausforderung an. Das Abenteuer beginnt.

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Yvon­ne Eli­sa­beth Rei­ter

Die Chiem­see El­fen

1 Auflage 2020 Copyright 2020 Yvonne Elisabeth Reiter Chiemgauer - фото 1

1. Auf­la­ge 2020

Co­py­right ©2020 Yvon­ne Eli­sa­beth Rei­ter

Chiem­gau­er Ver­lags­haus

Dah­li­en­weg 5, 83254 Breit­brunn

www.chiem­gau­e­r­ver­lags­haus.de

Alle Rech­te vor­be­hal­ten

Il­lus­tra­ti­o­nen/Zeich­nun­gen: Ste­fa­nie Dir­scherl, Ber­nau am Chiem­see

Co­ver­de­sign: Con­stan­ze Kra­mer, co­ver­bou­tique.de

Co­ver­bil­der: ©ze­rems­ki­mi­lan, ©Vla­dis­lav Gu­dovs­kiy, ©Alekss, ©Li­l­ya, ©ja­boo2a­say@gmail.com, ©Jo­chen Netz­ker, ©Lau­ra Pas­h­ke­vich, ©ze­ni­na – stock.ad­o­be.com

E-Book Kon­ver­tie­rung: Con­stan­ze Kra­mer, co­ver­bou­tique.de

Der Stein des Orisolus Bitte bitte Seanair bettelte Nimue und zog - фото 2 Der Stein des Orisolus Bitte bitte Seanair bettelte Nimue und zog - фото 3

Der Stein des Orisolus

»Bit­te, bit­te, Se­anair«, bet­tel­te Ni­mue und zog wild an dem Rock­zip­fel ih­res Groß­va­ters. Mit weit auf­ge­ris­se­nen Au­gen starr­te sie ihn an und be­merk­te, dass sich nun end­lich sei­ne Ge­sichts­zü­ge ent­spann­ten. Sie wuss­te ge­nau, war­um dies ge­sch­ah; es war das Wort Se­anair. Es be­deu­tet auf Gä­lisch Groß­va­ter, die Spra­che ih­rer Ah­nen. Wenn Ni­mue im Ge­gen­satz zu ih­rem Groß­va­ter et­was un­be­dingt woll­te, sprach sie ein paar Wor­te in Gä­lisch und schon be­kam sie bei­na­he je­den Wunsch er­füllt.

»Bit­te, Se­anair, er­zähl mir von mei­nen Vor­fah­ren und ih­rer al­ten Hei­mat«, be­kräf­tig­te sie noch ein­mal ihre Bit­te.

Ihr Groß­va­ter nahm lang­sam in ei­nem ex­tra gro­ßen Oh­ren­ses­sel Platz. Er hol­te tief Luft.

»Nun gut, mei­ne Klei­ne, dann pass auf«, er­wi­der­te Aar und sank da­bei tief in den pur­pur­ro­ten, samt­wei­chen Stuhl.

Ni­mue lieb­te die­sen gro­ßen Ses­sel, in dem sie nie­mals selbst saß. Die brei­ten Arm­leh­nen so­wie auch die Füße wa­ren aus al­tem Ei­chen­holz. Er sah ma­je­stä­tisch aus und trotz­dem ge­müt­lich. Sie setz­te sich auf den Bo­den und lehn­te ih­ren Kopf an die Bei­ne ih­res Groß­va­ters. Da­bei blick­te sie auf das pras­seln­de Feu­er im Ka­min, das den Raum mit ei­nem sanf­ten oran­ge-gel­ben Licht er­hell­te.

Aar leg­te sei­ne Hand auf ih­ren Kopf und strei­chel­te sanft über ihr Haar. Da be­gann er mit wei­cher Stim­me zu er­zäh­len: »Dei­ne Vor­fah­ren stam­men aus dem schot­ti­schen Hoch­land, wel­ches in Gä­lisch A‘Ghàid­he­al­tachd ge­nannt wird. Im Wald, am Rand des klei­nen Dörf­chens Crid­he, wuch­sen sie auf. Der Ort war be­son­ders schön ge­le­gen, di­rekt an ei­ner Steil­küs­te der Nord­see.«

Ni­mue ver­such­te sich in Ge­dan­ken Crid­he vor­zu­stel­len. Da­bei ent­deck­te sie Holz­häu­ser, die hoch oben auf ei­nem Fel­sen über dem Meer stan­den. Die­se wur­den schein­bar von ei­nem in die Höhe wach­sen­den, dich­ten Wald be­schützt, der nur we­ni­ge grü­ne Flä­chen frei­gab. Das sich zu Wel­len auf­bäu­men­de Was­ser der Nord­see glit­zer­te im Son­nen­licht. Mit ei­ner Wucht prall­te es ge­gen die Fel­sen und doch ließ sich das alte Ge­stein nicht da­von be­ein­dru­cken. Die Vor­stel­lung ei­ner der­ar­tig schö­nen Na­tur lös­te eine Wär­me in Ni­mue aus, die die wei­te­ren Wor­te ih­res Groß­va­ters noch tie­fer in sie sin­ken lie­ßen.

»Sie wa­ren gro­ße Ge­stal­ten mit lan­gen blon­den oder brau­nen Haa­ren und so hübsch, wie du es bist.«

Ni­mue grins­te ihn fröh­lich an und frag­te: »Sie wa­ren grö­ßer als wir, nicht wahr, Opa?«

Er nick­te. »Ja, grö­ßer als wir es heu­te sind. Auf­grund der lan­gen und be­schwer­li­chen Rei­se durch Land und Was­ser ha­ben sich un­se­re Vor­fah­ren den Um­stän­den ent­spre­chend an­ge­passt und sind da­her in ih­rer Grö­ße um meh­re­re Zen­ti­me­ter klei­ner ge­wor­den.«

Er­staunt über die­se Tat­sa­che lehn­te sie ih­ren Kopf zu­rück an sein Bein und lausch­te wei­ter sei­nen Wor­ten.

»Wäh­rend sie in der Tie­fe des Mee­res ent­lang­zo­gen, wur­de die Be­weg­lich­keit im­mer wich­ti­ger. Sie woll­ten so schnell wie mög­lich eine neue Hei­mat fin­den. Eine ge­rin­ge­re Grö­ße un­ter­stütz­te ihre Fort­be­we­gung im Was­ser. Trotz­dem dau­er­te es Hun­der­te von Jah­ren bis sie den Oze­an durch­quert hat­ten« – kurz hielt er inne und at­me­te tief ein, um die wei­te­ren Wor­te weich und sanft aus der Tie­fe sei­nes Kör­pers glei­ten zu las­sen – »vor­her je­doch, da wa­ren sie gro­ße Wal­del­fen, die über Jahr­tau­sen­de fried­lich in ih­rem Kö­nig­reich ge­lebt hat­ten. Da­mals re­gier­te Kö­nig Aar, der, wie du weißt, dein Ur-Ur-Ur­groß­va­ter war. Mei­ne Mut­ter hat mir aus ih­rer tie­fen Ver­bun­den­heit her­aus sei­nen Na­men ge­ge­ben.«

Ni­mue nick­te, ohne sei­ne Aus­sa­ge mit Wor­ten zu be­stä­ti­gen.

»Ich habe ge­hört«, schwärm­te er dar­auf­hin, »dass die Blu­men fort­wäh­rend blüh­ten, und die Bäu­me wa­ren das gan­ze Jahr über vol­ler Blät­ter. Nur die Fa­r­ben ver­ri­e­ten die je­wei­li­gen Jah­res­zei­ten. Der Früh­ling zeig­te sich hell- bis sma­ragd­grün, der Som­mer ver­misch­te das Grün mit Gelb und Oran­ge, der Herbst färb­te es braun ein und der Win­ter ver­wan­del­te die Blät­ter lang­sam wie­der zu ei­nem strah­len­den Grün.«

»Oh, wie schön, Opa.«

»Ja, das war es«, stimm­te er Ni­mue zu. Da än­der­te sich sei­ne Ton­la­ge, die nun einen Ernst und eine Trau­rig­keit ent­hielt und da­mit sei­ne nächs­ten Wor­te mit ih­rer Schick­sals­schwe­re un­ter­strich: »Bis die Dun­kelel­fen ka­men und un­ser Volk ver­trie­ben.«

»War­um ha­ben sie das ge­tan?«

»Der Kampf um Macht und Herr­schaft trieb sie an. Weißt du, wer die Dun­kelel­fen sind?«

Ni­mue hat­te na­tür­lich be­reits über die­se We­sen et­was ge­hört, den­noch woll­te sie ihr Ge­dächt­nis auf­fri­schen. Sie schüt­tel­te ih­ren Kopf, um ihre Un­wis­sen­heit an­zu­deu­ten.

»Die Dun­kelel­fen sind vom glei­chen Urel­fen­stamm, wie wir es sind, und so sind wir Schwes­tern und Brü­der. Die Ge­burt un­se­rer Ur­vä­ter hat ein Gleich­ge­wicht auf der Erde ge­schaf­fen, in­dem das Uni­ver­sum dem Gu­ten und dem Bö­sen als Zwil­lings­paar zu glei­chen Tei­len das Le­ben schenk­te. Wir ge­hö­ren zu den Lich­tel­fen, wie du weißt. Den­noch sind die Dun­kelel­fen mit uns ver­wandt. Ihre We­sen­heit ist je­doch grund­ver­schie­den. Sie sind hin­ter­häl­tig und böse. Ich kann dir ra­ten, ih­nen im­mer aus dem Weg zu ge­hen. Lass dich nie­mals von ih­nen täu­schen« – sei­ne Stim­me wur­de aus­drucks­voll tief – »denn auf den ers­ten Blick wir­ken sie ge­win­nend und freund­lich. Man merkt ih­nen ihre wah­ren Ab­sich­ten nicht so­fort an.«

Ni­mue spür­te, wie sich ein ei­gen­ar­ti­ges, un­an­ge­neh­mes Ge­fühl in ih­rer Brust aus­brei­te­te.

»Wie kann ich wis­sen, ob eine Elfe eine Licht- oder eine Dun­kelel­fe ist?«, wun­der­te sie sich.

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