Ava Farmehri - Im düstern Wald werden unsre Leiber hängen

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Im düstern Wald werden unsre Leiber hängen: краткое содержание, описание и аннотация

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Sheyda Porroyas Tage sind gezählt. Sie sitzt im Todestrakt eines iranischen Gefängnisses – es ist das Jahr 1999, sie ist zwanzig Jahre jung. Ihre Erzählung, die zwischen Rückblicken auf ihre Kindheit und Jugend und dem barbarischen Alltag im Gefängnis hin- und herwechselt, ist nicht ganz zuverlässig: Ist sie wahnsinnig? Wachsen ihr wirklich Engelsflügel aus den Schulterblättern? Und hat sie wirklich ihre Mutter getötet?
Schon als Kind flüchtet sich Sheyda in eine Traum- und Wahnwelt und gewinnt in der repressiven Umgebung, in der sie aufwächst, immerhin eine Art Narrenfreiheit. Ungeliebte Tochter unglücklicher Eltern, Sonderling ohne Freunde und einzig zur grenzenlosen Liebe begabt, schafft sie sich ein Alter Ego ausgerechnet in Gestalt von Dantes Beatrice – folgerichtig ist auch der Romantitel aus Dantes «Inferno» entliehen.
In berückend schöner, kraftvoller Sprache entfaltet Ava Farmehri eine Geschichte von politischem Aufruhr, von Realitätsflucht, Unterdrückung und Isolation – makaber und magisch zugleich.

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Mein fahles Gesicht unter dem schwarzen Kopftuch sah fast aus wie das einer Heiligen. Ich hatte meinen Lebtag nicht so friedlich gewirkt, mit einem solch grotesken Ausdruck der Entzückung, ähnlich wie meine Mutter bei ihrem Tod. Mein Blick wanderte zu meinem Rücken, und tatsächlich, rechts und links der Wirbelsäule sprossen Flügel. Kräftige weiße Federn bohrten sich zaghaft durch die Haut. Ich schwebte in dem kalten Gerichtssaal und sah nichts als fremde Gesichter. Niemand kannte mich. Ich war ein Engel, ein missverstandener Engel. Das bin ich immer noch.

Wird man mich nach islamischem Brauch neben meinen Eltern begraben? Wird mich irgendwer auf dem Friedhof besuchen und Rosenwasser auf meinen Grabstein sprenkeln? Wird irgendwer das Unkraut oder die Blumen auf dem grünen Grasteppich begießen, unter dem ich schlafe? Wird irgendwer ein Gebet für meine verlorene Seele sprechen? Wird irgendwer Tränen vergießen ob der vielen Ungerechtigkeiten, die mir von allen Blicken verborgen widerfahren sind?

Wer bin ich? Nur ein weiteres Gesicht. Irgendein Name. Ein gebrochenes Genick von vielen. Die Menschen werden mich schnell vergessen, so wie sie alle vergessen, einschließlich ihrer toten Verwandten. Meine Gefängnisakte wird im Archiv verstauben; ich werde nichts als eine flüchtige Schlagzeile in der Zeitung sein, ein Gesicht, das man wiedererkennt und auf das man spuckt: »Das ist doch das Monster, das seine Mutter umgebracht hat.«

Wer wird zu meiner Beerdigung kommen? Menschen, die erleichtert sind, dass ich tot bin? Nein. Zu meiner Beerdigung sollen nur Vögel kommen. Mein seelenloser Körper soll in einem Turm des Schweigens aufgebahrt werden, damit die Geier sich über ihn hermachen können. Legt meinen Leichnam oben auf einen kahlen Berg und lasst die Natur von meinen Zehen und Ohren zehren, bis nichts mehr von mir übrig ist. Ich will neben blutigen, zerfetzten, verwesenden Leichen ruhen. Die kahlköpfigen, hässlichen Vögel sollen mich in die Lüfte heben und mich dann wieder fallen lassen. Während meines Sturzes wird mein Kopf am gebrochenen Genick hin- und herpendeln, und meine Augen werden zum Himmel stieren. Ich will zerschmettert werden. Ich will, dass die Vögel mein Knochenmark aussaugen.

Ich will, dass Geier mit mir in die Freiheit fliegen, dass sie mich in ihren geblähten Bäuchen zum Himmel tragen, dass sie meine Träume bitter auf ihren sehnigen Zungen schmecken, dass ihnen mein Haar aus dem Schnabel hängt. Ich will, dass mein Gesicht in ihren wütenden schwarzen Augen brennt und meine versklavten braunen Augen ihnen als Erinnerung ins Gesicht geschrieben stehen. Und wenn sie krächzen, werden sie klagend meinen Namen krächzen.

2

Ich kam in Gefangenschaft zur Welt.

Ich wurde am 1. April 1979 in Teheran geboren, am selben Tag wie die Islamische Republik.

Monate vor meiner Geburt wurde ein Schah von seinem Volk verraten und auf den Mattscheiben weltweit als Verräter dargestellt. Zusammen mit seiner Kaiserin wurde er ins Exil und dann in einen Tod geschickt, der seinen größten Schmerz und seine schlimmsten Albträume übertraf. Monate vor meiner Geburt wurde die Geschichte eines Landes seziert, man kaute darauf herum wie auf dem fleischigen Teil eines Hühnerhalses, und das Gerippe seiner Zukunft wurde bärtigen Hunden und Krähen vorgeworfen, die krächzend ihr heiliges Buch zitierten, nur um dasselbe Buch dann wegzuwerfen und sich hinter hohen Säulen zu verbergen. Ein Hubschrauber hob ab, und Iran stand unter Belagerung.

Monate vor meiner Geburt beerdigten alte Frauen verkohlte Leichen, von denen sie annahmen, dass es ihre Kinder waren, und fragten Gott: Warum? Warum? Junge Männer und Frauen, die dem Gebrüll der Demonstrationen hatten entfliehen wollen, saßen im Cinema Rex und sahen sich Gavaznha an. Sie lachten über die Ironie im Film, ohne zu wissen, dass sie die Ironie des Schicksals im nächsten Moment am eigenen Leib erfahren würden. Männer und Frauen, die nicht lange genug lebten, um zu erfahren, dass der Film seinen Titel Gavaznha , »Reh«, erst in letzter Minute bekommen hatte, genauso wie sie selbst sich in letzter Minute auf der grausamen Liste des Todes wiederfanden, quasi Gottes letzter Gedanke vor dem Einschlafen. Männer und Frauen, gejagt und getötet, die Gesichter von Naivität entstellt.

Monate vor meiner Geburt erschien der Tod auf den Straßen Irans. Im Narrenkostüm eines Rattenfängers rief er die Kinder bei ihrem Namen, spielte auf seiner magischen Flöte und lockte sie in den Fluss, wo sie ertranken. Bildhübsche Mädchen räumten ihre Miniröcke in den Schrank und bügelten einen Tschador, der schwarz war wie ihre Tränen. Flochten ihr langes Haar zu Altfrauenzöpfen. Es war die Zeit der Cordhosen, Pluderhosen, Schlaghosen, der Armreifen und Jumpsuits, der Stirnbänder und Makramé-Gürtel, der Römersandalen und Batik-T-Shirts, die Zeit, in der langhaarige Europäer beiderlei Geschlechts Friedensplakate in die Höhe reckten und in grünen Ford Cortinas oder himmelblauen Rovers nach Katmandu fuhren. Es war die Zeit von »Kung Fu Fighting« und »Greased Lightning«, von Abba und den Bee Gees. Es war die Zeit von amerikanischen Nachbarn, mit denen wir alles teilten, Freundschaft und Essen, Leben und Geschichten, die Zeit, bevor wir unsere Schwerter zogen und sie als Geiseln nahmen, bevor sie uns Terroristen nannten und drohten, bei uns für Ordnung zu sorgen. Es war die Zeit, in der Frauen nicht fürs Verliebtsein gesteinigt wurden, Männer nicht für ihre Meinung gehängt wurden, Schultern nicht ausgepeitscht wurden, weil sie nackt waren, Haar nicht dafür bestraft wurde, weil es schön war, Träume nicht erstickt wurden, weil sie Träume waren, und Flügel nicht gestutzt wurden, weil sie fliegen wollten. Aber ich war damals noch nicht da, um all das zu sehen. Ich bin zu spät geboren. Als ich die Augen in dieser finsteren Welt aufschlug, war eine Dynastie zerschlagen worden. Eine Weste war dreckiggewaschen und ein Land saubergeraubt worden.

Ich kam unfrei zur Welt. Ich hörte die nostalgischen Geschichten von den Lippen der Menschen um mich herum und hielt sie für erfunden. Abends zappelte ich in meinem Bett herum und drückte meinen Teddy an mich, der genauso begierig wie ich darauf war, Scheherazades zeitgenössische politisch-religiöse Nacherzählung einer Vergangenheit zu hören, die anders als die Gegenwart nicht nur aus Schwarz, Weiß und Grau bestand, einer Vergangenheit aus eleganten Kleidern und seltsamen Frisuren. Eine Nacht von vielen in diesem Land aus Tausendundeiner. In der neuen Version der Geschichte war die Tochter des Wesirs fromm und sittsam gekleidet, und sie sprach mit gedämpfter Stimme, weil die Stimme einer Frau nun einmal etwas ist, wofür sie sich schämen muss. In dieser Version war es Scheherazade egal, ob sie lebte oder starb.

»Unser Land ist ein Land der Geschichten und ein Land der Gegensätze. Und keine Geschichte ist zu alt, als dass man sie nicht immer wieder erzählen könnte«, raunte mir meine Mutter zu. Dann zog sie Kleidungsstücke aus dem Schrank und führte sie mir vor: Vaters Polyesterhemd und ein schulterfreies goldenes Paillettenoberteil aus einer Zeit, als sie noch in Discos ging. In Discos! Ich schloss die Augen und versuchte mir vorzustellen, wie meine heiligengleiche Mutter in einem knappen rosafarbenen Cocktailkleid mit Faltenrock und Plateauschuhen an einer Olive aus ihrem Martini knabberte, während sie dem Mann schöne Augen machte, der an jenem Abend ihre Lippen küssen und Monate später mein Vater werden würde. Meine Mutter, die ihr Leben lang alles mit der Zurückhaltung einer Mona Lisa angesehen und angelächelt hatte: Bin ich glücklich oder traurig? Ist das wirklich ein Lächeln? Ich bin ein Irgendwas, ein namenloses Dazwischen. Immer, wenn ich die Augen öffnete und meinen Teddy ansah, lächelte auch er mit schockgeweiteten Augen sein aufgenähtes Mona-Lisa-Lächeln. Meine Mutter war ein Teddybär.

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