Seht mich an, ich muss gegen einen der besten Schüler unserer Schule kämpfen … der außerdem noch wutentbrannt ist. Ich muss wirklich aufhören, immer so leichtsinnig zu sein …
Aber nicht jetzt, denn auch ich war wütend. Nur für seinen eigenen Ruhm hat er das Leben aller Dorfbewohner aufs Spiel gesetzt. Ich musste ihn unbedingt besiegen. Ich musste mir etwas einfallen lassen, ich konnte ja nicht einfach weglaufen. Ich musste …
Au! Alles wurde rot. Und noch ein Schwerthieb. Das war ein kritischer Schlag. Mir waren nur noch zwei Lebenspunkte geblieben. Der nächste Hieb warf mich gegen die Wand. Pff, ich muss endlich mal lernen, im richtigen Moment abzuhauen …
Sein Schwert traf mich erneut schwer und leerte meine Lebensleiste vollständig. Ich hatte keine Schmerzen mehr.
Gute Arbeit, Pierre. Gut gemacht …
Sein Schwert schlug ein zweites Mal zu und leerte meine Lebensleiste …
— Was?!
Sein Schwert schlug ein drittes Mal zu. Dieses Mal war meine Lebensleiste vollständig leer. Nein, wartet! Noch immer nicht.
Er schlug erneut zu. So, das war jetzt aber wirklich das Ende meiner Lebensleiste. Wirklich. Nein, wartet! Sie stieg wieder an.
— Soll das ein Witz sein?!
Immer wieder traf er mich mit seinem Schwert, aber er schaffte es nicht, meine Lebensleiste trocken zu legen. Ich erholte mich um etwa drei Herzen, bevor er erneut zuschlagen konnte, seine Angriffe waren wirkungslos. Hieß das etwa … dass meine Gesundheit sich erholte?! Normalerweise kann nur ein verzauberter Goldener Apfel die Gesundheit so schnell regenerieren. Offensichtlich hatten die Umhänge, die wir vom Bürgermeister bekommen hatten, eine solche oder zumindest eine ähnliche Wirkung. Es war unglaublich.
Plötzlich war ich wieder voller Zuversicht. Mit einer solchen Verzauberung konnte ich unmöglich verlieren.
Am Ende des Kampfes würde Pierre stöhnend in einer Ecke zusammenbrechen. Ihm bliebe nur noch ein halbes Herz.
— Wie konntest du dich dreimal erholen?! Fair ist das nicht!
Ich hätte ihm gern gesagt: „Wenn man so ein echtes Monster schlagen kann, ist es durchaus fair.“ Aber ich nahm nur meinen Wassereimer heraus und schwenkte ihn triumphierend vor seinen Augen.
— Ach so! So hast du es also gemacht, sagte er und blickte sich kurz um.
Dann warf ich ihm den Eimer vor die Füße.
— Du hättest im Monsterverteidigungskurs besser aufpassen sollen, du blöder Noob.
— Ja, ja, ist ja gut. Nur zu, töte mich. Ich habe es verdient. Nach diesem Auftritt kann ich meinem Vater eh nicht mehr unter die Augen treten …
— Ich konnte den Schleim schon nicht töten. Warum glaubst du, könnte ich es jetzt? Du bist zwar kaum besser als ein Schleim, aber lebendig wirst du viel nützlicher sein. Wenn du erst einmal im Gefängnis gelandet bist … werden sie sicher viel Arbeit und jede Menge nette Aufgaben für dich finden.
Pierre hörte mir nicht mehr zu. Er blickte auf das gigantische Loch, das er hinterlassen hatte. Vielleicht blickte er auch weiter, in den Wald.
— Was habe ich angerichtet … ?, fragte er mit zitternder Stimme. Was habe ich nur getan … ?
Plötzlich hörten wir menschliche Geräusche. Die Menschen erreichten uns vor allen anderen, da sie zu Pferd gekommen waren. Natürlich blickten sie uns verwundert an, mich und Pierre. Karl kam auf uns zu.
— Jemand hat euch kurz vor der Explosion in dieses Gebäude schleichen sehen. Könnt ihr uns das bitte einmal erklären?
Pierre stand auf.
— Es tut mir wirklich leid, mein Herr, aber ich habe versucht, ihn aufzuhalten, dabei hat er mich schwer verletzt!
Alle Augen richteten sich auf mich.
Scheinheiliger Pierre! Und ich habe gedacht, er wäre so glitschig wie ein Schleim. Jetzt muss ich mich korrigieren: Er hat vielleicht noch nicht einmal das Niveau von Creeperkartoffeln … wobei das gar kein Gemüse ist. Creeperkartoffeln entstehen halt, weil auch Creeper mal auf die Toilette müssen.
— Habt Mitleid, flötete Pierre. Ihr müsst mir helfen! Er ist vollkommen durchgeknallt!
— Was erzählst du da?, fragte Karl mit ratlosem Gesichtsausdruck. Minus! Was ist hier passiert?
Doch ich beachtete ihn nicht. Lautes Stöhnen drang zu uns herüber, wie von einem Chor, der sich direkt hinter den Trümmern der Festung befand. Der Singsang wurde immer lauter …
Jetzt war nicht die Zeit
für Erklärungen.
SAMSTAG
DIE SCHLACHT - TEIL I
Der Regen war so stark, dass er für jeden Enderman ein Alptraum gewesen wäre. Ich erkannte ihr Stöhnen, langanhaltend und traurig. Ich spürte das Rascheln auf dem Boden, wie ein Schleifen, vernahm ihr schwerfälliges Keuchen …
Sie kamen näher.
Das Licht der Fackeln und die Explosionen hatten sie magisch angezogen. Als sie schließlich das riesige Loch in der Festung sahen, waren sie kaum noch zu halten. Ein Blitz erhellte die Szenerie und ich konnte mit Schrecken erkennen, wie zahlreich sie waren.
So zahlreich, dass es kein Wort gibt, keine Zahl, nicht einmal einen Satz, um dies zu beschreiben. Ich könnte beispielsweise sagen, dass es viele waren. Aber „viel“ kann für einen Noob oder einen Schüler mit einem Score von 50 auch „drei“ bedeuten. Damit ihr das begreift, werde ich euch hier mal eine kleine Geschichte erzählen.
Eines Tages mussten wir in der Schule einen Bauernhof bauen. Erst besaßen wir zwei Kühe, dann kamen immer mehr dazu. Am Wochenende hatten wir derartig viele Kühe auf der Koppel, dass:
1. die meisten Kühe eng beieinander standen;
2. viele Kühe zur Hälfte in der Koppel standen;
3. einige mit dem Zaun zusammengewachsen schienen;
4. sie so viel Lärm machten, dass sich niemand mehr dem Bauernhof nähern wollte;
5. einige Kühe sich über den Zaun hinweg teleportiert haben. Das war echt seltsam.
Jetzt stellt euch genau dasselbe mit einem viel größeren Bauernhof vor … etwa fünfmal so groß wie ein Biom.
Und ersetzt die Kühe durch Zombies.
Entfernt dann
den Zaun.
Da sind sie. Seltsam, sie tragen alle das gleiche blaue T-Shirt. Wo haben sie nur all die blaue Farbe gefunden?
Einige tragen eine fast königlich ausgestattete Rüstung mit Helm und Stiefeln aus einem scheußlichen Kettenpanzer. Sie haben wirklich null Geschmack. So ausstaffiert, wie sie sind, kann man sie kaum ernst nehmen.
Herobrine, was soll das bloß für eine Armee sein?, fragte ich im Stillen. Eine Bande von Zombies, die mit bloßen Händen kämpfen, aber Ketten an den Stiefeln tragen? Echt? Das ist beleidigend!
Das hat sie ganz schön genervt, denn sie würden so gern rennen oder springen oder jemanden super cool angreifen können.
Zum Glück sind nahezu alle Schüler aufgetaucht. Alle waren mega ruhig. Es gab kein Geschwafel, keine gebrüllten Befehle und nicht die geringste Spur von Angst. Sie waren freiwillig hier. Ihr Ranking war wohl nicht so hoch wie erhofft, und was gab es Geeigneteres, um seinen Kampfscore zu verbessern, als eine Meute lebender Toter?
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