— Du bist komplett verrückt!, zischte ich und versuchte verzweifelt, mich zu befreien.
— Verrückt? Sobald ich alle Monster erledigt habe, werde ich der Beste sein! Ich werde sie alle besiegen! Alle! Du wirst schon sehen!
— Er wird gar nichts mehr sehen, höhnte Roc.
Pierre lachte laut auf.
— Stimmt. Wirklich schade, dass du nicht mehr erleben wirst, wie wir das Dorf verändern werden!
— Es ist wirklich traurig, sagte Sap. Er hat so schön gegraben, dann ist alles explodiert, und von Minus ist nur noch Staub geblieben. Herr Bürgermeister, wir haben versucht, ihn aufzuhalten, aber …
Sie hörten nicht auf zu lachen.
Roc ging auf das gelagerte TNT zu.
— Habt ihr das Loch tief genug gegraben?
Ein Loch?
Was für ein Loch?!
— Nehmt ihm die Hacke ab, befahl Roc. Oder nehmt am besten all seine Werkzeuge! Dieser Noob ist ziemlich hinterlistig.
Also nahmen mir Roussin und Sap meine Hacke, die Schaufel und die beiden Äxte ab. Aber als sie den Rest auch noch an sich reißen wollten …
— Beeilt euch!, schrie Pierre. Wir müssen die Mauer wieder schließen und das Redstonekabel ein letztes Mal überprüfen!
Cool. Wenigstens hatte ich meine Kekse noch.
Dann warfen sie mich in das Loch.
— Leb wohl, Kapitän Noob!, schrie Pierre mir hinterher. Ich werde mich während deiner Abwesenheit liebevoll um Alice kümmern.
Und als wäre es nicht schon genug, verschloss Roc die Öffnung des Lochs mit einem Block TNT.
Ich war eingeschlossen. Drei Blöcke unter der Erde. Das erinnerte mich an den Notunterschlupf, den wir in der Schule graben mussten, für den Fall, dass wir außerhalb des Dorfes aufgehalten und es vor Sonnenuntergang nicht zurück ins Dorf schaffen würden. Nur dass ich diesmal von Stein umgeben war und nicht von Erde.
Ich könnte mich mit meinen Händen durch den Stein graben. Aber ich würde Stunden für einen einzigen Block benötigen. Außerdem konnte ich hören, wie sie die Mauer wieder verschlossen, also hatte ich diese Zeit nicht. Wie üblich, musste ich erst mal nachdenken.
Wie kam ich heraus? Auf welchem Weg?
Selbst wenn es mir gelänge, den TNT-Block über mir zu entfernen und aus dem Loch zu klettern … ich wäre immer noch im Inneren der Festung gefangen. Eine weitere Wand würde mich erwarten, die ich dann ohne Werkzeuge … mit meinen Keksen vielleicht? … durchbrechen müsste.
Ich hatte noch Pfeile, Kürbiskuchen, Smaragde, eine Schüssel, einen Eimer mit Wasser, einen Bogen und ein Feuerzeug zur Verfügung … letzteres sollte ich besser nicht verwenden. Es war hoffnungslos, sie würden mich in die Luft jagen, und ich konnte nichts dagegen tun. Ich sollte meinen Wassereimer austrinken und Schluss …
Moment mal!
Ein Eimer mit Wasser?!
Was hatte der alte Lehrer Snark doch gleich gesagt?
Wir haben irgendwann einen ganzen Tag lang alles über Wassereimer eingetrichtert bekommen. Er behauptete, ein Wassereimer sei der beste Gegenstand, den man bei sich haben konnte, besser als ein Obsidianschwert, besser noch als eine Rüstung mit Drachenschuppen aus dem Nether. Ein voller Eimer Wasser kann aus vielen schwierigen Situationen heraushelfen: Man kann mit ihm beispielsweise Lava in Obsidian umwandeln …
Stürze abfedern …
… sich vor Endermen schützen …
… Getreide leichter ernten …
…
… und die Schäden einer Explosion verringern!
Ich leerte den Eimer über meinen Kopf. Wasser strömte nur so an mir herunter. Ich drohte fast zu ersticken, aber hier half mir meine neue Verzauberung! Ein Teil der Mauer stürzte unter den Explosionen ein.
Ich habe etwas abbekommen.
Naja, um ehrlich zu sein …
ich verlor das Bewusstsein.
Überall Wasser. In einem kleinen Bach kam ich wieder zu mir. Er entsprang der Quelle, die ich selbst geschaffen hatte. Es verschlug mir die Sprache, als ich die Schäden sah, die das Team Pierre angerichtet hatte.
Ein Mensch beugte sich über den zerstörten Teil der Festung:
— Hey, Dorfbewohner! Was treibst du denn dort unten?
Es war Sami, ich habe euch schon von ihm erzählt.
— Es ist Pierres Schuld!, schrie ich. Weißt du, wo er ist ?
— Wer?
Pff. Was soll’s! Ich war noch viel zu mitgenommen, um länger mit jemandem zu reden. Ich kletterte aus dem „Krater“, und in diesem Augenblick konnte ich das gesamte Ausmaß der Zerstörung überblicken.
Außerdem hatte die Explosion fast alle Fackeln ausgepustet. Nun konnten die Monster bequem in der Dunkelheit erscheinen. Das sah alles überhaupt nicht gut aus.
Ich stieg zur Wasserquelle zurück und füllte meinen Eimer wieder auf. Die Quelle versiegte sofort, der Fluss verschwand und ließ eine Schlammlawine zurück. Diese Eimer sind wirklich voll cool.
Kurze Zeit darauf ertönte der Alarm der Musikblöcke. Sie waren in einem kleinen Turm mitten im Dorf untergebracht und auch aus der Ferne gut zu hören. Wie es scheint, haben die Arbeiter sie also noch rechtzeitig fertiggestellt. Wochenlang haben sie daran gearbeitet und einige Blöcke so modifiziert, dass sie spezielle Töne von sich geben. Manche Menschen behaupten, sie hörten sich jetzt an wie „Sirenen“. Nach dem Alarm donnerte es gewaltig. Dann begann es zu regnen. Blitze erleuchteten die Trümmer, die vom Lagerhaus geblieben waren. Eine Viertelsekunde lang konnte ich eine Gestalt erkennen. Es war Pierre. Mit wehendem Umhang und gezogenem Schwert kam er auf mich zu. Regen rann über sein Gesicht.
— Ich hätte nicht gedacht, dass du je wieder rauskommst, sagte er. Wir haben vergessen, dir deinen lächerlichen Umhang auszuziehen. Er verleiht dir besondere Kräfte.
Mein Umhang? Den hatte ich völlig vergessen, aber er hätte mir auch nicht wirklich viel genutzt. Ich zog mein Schwert.
— Dann spürst du jetzt mal meine besonderen Kräfte.
Es ging los. Er stürzte sich auf mich. Unsere Schwerter prallten mit dem typischen Geräusch verzauberten Eisens aufeinander. Während es donnerte und in Strömen regnete, schlugen wir im dämmrigen Licht eine Weile aufeinander ein. Unsere Lebensleisten leerten sich merklich, meine leider schneller als seine. Ich bin kein guter Einzelkämpfer. Er dagegen war sehr stark und viel zu schnell für mich. Wenn das so weiterlaufen würde … wäre ich bald am Ende.
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