Vor dem Umstieg auf die neue Entwicklungsumgebung stellen Sie sich vermutlich – genau wie ich vor einiger Zeit – die natürlicherweise aufkommenden Fragen: Was sollte besser geeignet sein für die ABAP-Entwicklung als die gute alte Workbench? Warum sollte ich wechseln, wenn ich doch alle meine Transaktionen kenne? Welche Vorteile bietet mir die Eclipse IDE gegenüber bisher genutzten Transaktionen?
Ich bitte Sie, für einen kurzen Moment über meine folgenden Fragen nachzudenken – und sich erst anschließend die Liste der möglichen Vorteile anzusehen:
1 Wie oft wechseln Sie bei der ABAP-Entwicklung in der SAP GUI die Transaktion?
2 Wie viele Modi haben Sie üblicherweise gleichzeitig geöffnet, auch über Systeme und Mandanten hinweg?
3 Wie oft wechseln Sie in den falschen Modus und suchen anschließend den richtigen unter den vielen offenen Fenstern?
4 Wie oft wollen Sie ein Programm debuggen und landen im alten Debugger mit der Meldung »Kein weiterer Modus verfügbar – Wechsel zu altem Debugger«?
5 Wie oft öffnen Sie im Object Navigator der ABAP Workbench andere Objekte (Pakete, Klassen, Funktionsgruppen), um kurz etwas nachzusehen und anschließend den gleichen Weg wieder zurückzugehen?
6 Wie oft springen Sie in einer Klasse zwischen der Methodenübersicht und deren Implementierung hin und her und haben dabei ständig den Zurück-Button im Zugriff?
7 Wie oft prüfen Sie über den Verwendungsnachweis, ob eine Variable überhaupt noch genutzt wird?
8 Wie oft legen Sie Methoden per Hand an, die Sie im Quelltext schon inklusive aller Parameter vorgesehen haben?
Ich könnte die Liste noch beliebig weiterführen.
Vermutlich denken Sie sich nun so etwas wie: »Das hat mich bisher noch nie gestört. Es funktioniert doch einwandfrei!« Das dachte ich auch. Doch wenn ich heute bei einem meiner Kunden keine Eclipse IDE benutzen kann und ich auf die mir seit jeher zur Verfügung stehenden Bordmittel zurückgreife, fällt mir auf, wie sehr Eclipse die Arbeit in vielen dieser angemerkten Punkte erheblich vereinfacht. Ganz konkret bietet die Eclipse IDE einem ABAP-Entwickler die folgenden Vorteile:
Entwicklung auf allen Systemen (auch verschiedener Mandanten) in einer einzigen Oberfläche,
Entwicklung unterschiedlicher Technologien wie ABAP, ABAP OO oder BOPF ohne Wechsel der Entwicklungsplattform,
Anpassung vieler Einstellungen an die eigenen Bedürfnisse, wie das farbige Hervorheben von Schlüsselwörtern oder die Anordnung der Oberflächen-Elemente,
umfangreiche Such- und Navigationsmöglichkeiten,
eigene lokale Versionsverwaltung zusätzlich zur ABAP-Versionierung,
Einbindung weiterer Drittanbieter-Software möglich, wie z.B. Stylecheck, Projektmanagement-Tools etc.,
Öffnen beliebig vieler Entwicklungsobjekte über alle Systeme,
einfacher Zugriff auf alle Systeme ohne SAP GUI,
große Unterstützung bei der Source-Code-Bearbeitung,
und falls Sie mal etwas nicht finden: die Möglichkeit, eine integrierte SAP-GUI-Session zu öffnen!
Auch diese Liste von Vorteilen ist noch sehr übersichtlich gehalten. Machen Sie sich in den nachfolgenden Abschnitten am besten selbst ein Bild davon, welche Möglichkeiten die ADT mit sich bringen und welche Vorteile Sie daraus im Vergleich zur bisherigen ABAP Workbench und weiteren notwendigen Transaktionen ziehen können.
1.3 Wichtige Begriffe in Eclipse
Für das bessere Verständnis der in den folgenden Abschnitten beschriebenen Vorgehensweisen und Funktionen möchte ich Ihnen vorab einige wiederkehrende Begriffe, Bezeichnungen und Elemente in der Eclipse IDE näherbringen. Sie können diese zunächst einfach zur Kenntnis nehmen oder aber die Installation von Eclipse gemäß Abschnitt 2.1bereits vornehmen, um die hier beschriebenen Menüpunkte direkt in der Anwendung nachzuvollziehen. Die Reihenfolge der Begriffserläuterungen mag Ihnen etwas willkürlich erscheinen. Sie ist so gewählt, dass immer nur ein Begriff pro Erklärung neu ist. Sollten andere Begriffe benötigt werden, wurden diese vorher bereits erläutert. Am Ende bringe ich jedoch alles in den richtigen Zusammenhang.
Projekt: Ein Projekt bezeichnet in Eclipse klassischerweise eine Sammlung von Objekten, die thematisch zusammengehören, wie z.B. alle für eine Applikation benötigten Dateien und Quelltexte. Das für die ABAP-Entwicklung spezifische Projekt wird im folgenden Abschnitt 2.2näher erläutert.
Workspace: Alle über Eclipse bearbeiteten Projekte und verwendeten Dateien werden auf dem PC des Anwenders lokal an einer Stelle gesammelt abgelegt. Dieser technische Speicherort wird Workspace genannt und von Eclipse beim Starten abgefragt.
Plugin: Ein Plugin ist eine in sich abgeschlossene Komponente mit bestimmten Funktionalitäten, die in Eclipse eingebunden werden kann und damit die IDE um gewünschte Funktionen erweitert. Eclipse an sich besteht nur aus einem Programm, das Plugins laden kann. Alle anderen gebotenen oder zusätzlich möglichen Funktionen werden über Plugins bereitgestellt.
Plattform: Die Plattform bezeichnet die »leere« Eclipse-Installation, zu der keine weiteren Plugins hinzugefügt wurden. Diese bietet neben dem genannten Laden der Plugins den Workspace und eine Benutzeroberfläche zur Bearbeitung der Projekte.
View: Eine View bzw. Sicht ist ein Bereich der Benutzeroberfläche, in dem Informationen zu verschiedensten Objekten und Abläufen dargestellt werden. Ein Beispiel ist der Package Explorer, der wie der Object Navigator in der ABAP Workbench (SE80) die Objektstrukturen in einem Baum darstellt und dort eine Navigation zu bestimmten Elementen ermöglicht.
Perspektive: Eine Perspektive fasst viele Views zu inhaltlich passenden Benutzeroberflächen zusammen. Der Benutzer kann die Anordnung der Views ändern oder auch verschiedene aus- und dafür andere einblenden.
Workbench: Die Workbench bildet die Arbeitsoberfläche der Eclipse IDE. In ihr werden die Perspektiven/Views und die verschiedenen Editoren zur Bearbeitung von Quelltexten oder sonstigen Objekten dargestellt.
Bringe ich die aufgeführten Begriffe in einen kausalen Zusammenhang, so ergibt sich daraus folgende Beschreibung:
1. Die Plattform Eclipse besteht aus einer
Workbench als grafische Oberfläche und
einem Workspace als technische Ablage der bearbeiteten Objekte.
2. Die gewünschten Funktionen werden über Plugins bereitgestellt.
3. In der Workbench wird
eine Perspektive dargestellt,
die aus verschiedenen Views bestehen kann.
4. Jede Projektart ist einer Standard-Perspektive zugeordnet.
Damit keine Verwechslungsgefahr zwischen der SE80 und der Eclipse Workbench besteht, werde ich mich nachfolgend mit dem Begriff »Workbench« immer auf die ABAP Workbench beziehen.
Wie bereits am Ende von Abschnitt 1.1erwähnt, befinden sich die ABAP Development Tools für Eclipse ständig in der Weiterentwicklung. Das bezieht sich nicht nur auf die ADT selbst. Auch neue SAP-NetWeaver-Releasestände stellen regelmäßig zusätzliche Funktionen in Eclipse bereit, die die Entwicklungsarbeit weiter vereinfachen.
Bitte behalten Sie das beim Durcharbeiten des Buches im Hinterkopf: Durch unterschiedliche System- oder Installationsversionen kann es durchaus sein, dass
Abbildungen von Ihrer Installation abweichen,
Funktionen nicht zur Verfügung stehen,
andere oder zusätzliche Funktionen verfügbar sind,
Abläufe sich verändern.
Die nachfolgenden Inhalte sind auf Basis eines SAP-NetWeaver-7.50-SP0-ABAP-Stacks entstanden. Als Eclipse IDE wurde die Version »Mars.2 Release (4.5.2)« verwendet, mit dem ADT-Plugin auf Version 2.64.2.
Eine Übersicht über verfügbare Funktionen auf verschiedenen SAP-NetWeaver-Release-Ständen finden Sie hier:
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