Bei Station 4 Real Madrid contre Barça – c’est un classique ! ging es schließlich darum, einen Text in Form einer Sportberichterstattung lesend zu verstehen und im Anschluss daran multiple-choice Fragen zu beantworten, um das Textverständnis zu sichern. Die SchülerInnen konnten hier auf das in Station 3 erarbeitete Vokabular zum Wortfeld Fußball zurückgreifen, sodass eine gewisse Progression gegeben war. Bei der Analyse der SchülerInnenprodukte zeigte sich, dass diese Aufgabe von allen SchülerInnen nahezu ohne Schwierigkeiten bearbeitet werden konnte.
In Bezug auf die Lernziele lässt sich festhalten, dass die Lernenden die Textauszüge in einer bisher ungelernten Sprache erschließen und unbekannte Lexeme durch Ableitung sinngemäß verstehen konnten. Die Auszüge zeigen, dass die SchülerInnen eine breite Palette an Strategien anwenden. In Bezug auf die Reflexion des Sprachlernprozesses ist allerdings zu sagen, dass es einigen SchülerInnen nicht gelingt, tiefergehende Einsichten in ihren Lernprozess zu verbalisieren. Teilweise bleiben die formulierten Beobachtungen auf einem sehr allgemeinen Niveau. Grundsätzlich schienen die SchülerInnen durchaus motiviert für das Stundenthema, wie sich an den folgenden SchülerInnenäußerungen zeigt: Kathrin ist bspw. überrascht, dass sie Italienisch lesend verstehen kann: „Ich hätte nicht geglaubt, dass man so viel versteht von dem italienischen Text“ und auch Steffi erwähnt den Faktor Motivation: „Also ich fand’s auch gut, weil man dann auch wirklich motiviert war, wenn man was verstanden hat“. Allerdings spricht sie auch Schwierigkeiten an, die sie bei der Übertragung hatte: „Als man übersetzen musste, […] also, man wusste was das heißt, aber dann das im Kopf dann wieder umzudenken ins Französische, das war schwierig“. Hier zeigt sich, dass das Oszillieren zwischen mehreren Sprachen mitunter als Herausforderung empfunden wird.
Neben diesen eher positiven Stimmen sollen im Sinne der Offenheit aber auch Kritikpunkte der SchülerInnen dargestellt werden. Petra äußert sich bspw. wie folgt: „Generell ist es gut zu wissen, wie viel man von anderen Sprachen versteht, aber so für Französisch, also um die Französische Sprache zu lernen, bringt mir das ja gar nichts“. Auch Jennifer äußert sich ähnlich: „Also ich fand das mal ganz interessant so, […] aber ich bräuchte das jetzt nicht jede Stunde“. Die SchülerInnen sprechen hier ein Dilemma des sprachenübergreifenden Unterrichtens an, der in einen Einzelsprachenunterricht eingebettet ist. Es besteht darin, die sprachliche Arbeit nicht zu vernachlässigen. Grundsätzlich deuten die SchülerInnenäußerungen aber auch darauf hin, dass Sprachen in Fächern gedacht werden und die Vernetzung von vor- und potentiell nachzulernenden Sprachen aus Schülersicht eine untergeordnete Rolle spielt. Offenbar werden aber auch die retroaktiven Festigungseffekte nicht wahrgenommen, die sich auf die Brückensprachen Französisch (und Englisch) ergeben können. Djawed äußert sich ähnlich kritisch, allerdings stellt er die Vorteile des reflexiven Lernens heraus: „Also zum Französischunterricht selbst hat das ja direkt nichts beigetragen, aber es war trotzdem wahrscheinlich ziemlich nützlich, für später, für andere Sprachen. Einfach zu erkennen, zumindest bei den europäischen Sprachen, dass sich die stark ähneln, dass man vergleicht“.
5. Evaluation der Unterrichtsreihe
In Kapitel 5 werden zunächst die herausgearbeiteten Befunde mit Blick auf die in Kapitel 1 aufgeworfenen forschungsleitenden Fragen diskutiert. Daran schließt eine Reflexion des Vorgehens, auf deren Grundlage Implikationen für die pädagogische Praxis generiert werden.
5.1 Diskussion der Befunde
Die Auswertung des Fragebogens zur Unterrichtswahrnehmung nach Durchführung der Unterrichtseinheit ergibt folgendes Bild:
|
+ + |
+ |
- |
- - |
1. Die Arbeit an den Themen fand ich interessant. |
5 |
9 |
2 |
0 |
2. Die Bedeutung der Unterrichtsinhalte für meinen weiteren Lernweg ist mir klar. |
7 |
6 |
3 |
0 |
3. Die inhaltlichen Anforderungen haben mich weitergebracht. |
4 |
7 |
4 |
0 |
4. Ich hatte die Möglichkeit eigenverantwortlich zu lernen. |
10 |
6 |
0 |
0 |
Abbildung 4: Auswertung des Fragebogens zur Unterrichtswahrnehmung
Ein Großteil der SchülerInnen empfand die Arbeit am Thema „ Pourquoi apprendre le français – est-ce que l’anglais ne suffit pas ?“ interessant bzw. sehr interessant (Item 1), was sich mit schriftlichen SchülerInnenäußerungen aus dem offenen Teil (das fand ich gut) deckt: „Arbeit mit Spanisch und Italienisch war cool. Ähnlichkeit der Sprachen wurde mir bewusst“. Auch scheint den SchülerInnen nach eigener Aussage die Bedeutung der Unterrichtsinhalte für den weiteren Lernweg deutlich geworden zu sein (Item 2). Die inhaltliche Ausrichtung und thematische Einbindung der Unterrichtseinheit hingegen empfanden immerhin ein Viertel der SchülerInnen als nicht lernförderlich (Item 3), während alle SchülerInnen die Möglichkeit zum selbstgesteuerten Lernen innerhalb der Unterrichtsreihe wahrnahmen (Item 4). Hierzu eine SchülerInnenäußerung aus dem Fragebogen: „Ich fand es gut, dass Sie uns vor Augen geführt haben, warum wir lernen.“
Die Lernausgangslage zeigt, dass die SchülerInnen keine Erfahrungen mit dem reflexiven Lernen hatten. Durch das Lernprotokoll sollten die SchülerInnen für die Reflexion ihres Sprachlernprozesses sensibilisiert werden. Die Auszüge aus den Lernprotokollen legen allerdings nahe, dass die SchülerInnen teilweise Schwierigkeiten damit hatten, solche Einsichten herzustellen bzw. diese zu verbalisieren. Nach Sichtung der ersten Lernprotokolle wurde z.B. deutlich, dass es nur wenigen SchülerInnen gelang, Einblicke in ihren Fremdsprachenlernprozess zu gewinnen und diese festzuhalten. Dies mag einerseits der Tatsache geschuldet sein, dass die meisten SchülerInnen ihr Lernprotokoll erfreulicherweise auf Französisch ausfüllten, sodass hier sicherlich auch Formulierungsschwierigkeiten bestanden. Andererseits wiesen aber selbst die auf Deutsch verfassten Lernprotokolle kaum tiefergehende Einsichten auf, sodass sich dieser Befund nicht allein mit Ausdrucksschwierigkeiten in der Fremdsprache erklären lässt. Der Standard 1 zu SLK „Die SchülerInnen können den Sprachlernprozess reflektieren und optimieren“ trifft also nur auf Teile der Lerngruppe zu. Dies spricht dafür, dass das Reflektieren geübt werden muss, denn das Sichtbarmachen von Lernen funktioniert nur, wenn entsprechende Einsichten verbalisiert werden können. So war in einigen Fällen zu beobachten, dass die SchülerInnen zwar Strategien anwandten und ihnen diese auch bewusst waren, weil sie sie mir gegenüber benennen konnten. Allerdings schien es aus ihrer Sicht nicht wichtig, diese im Lernprotokoll festzuhalten. Offenbar kam es den SchülerInnen teilweise seltsam vor, über ihr Sprachenlernen nachzudenken. Diese Befunde sprechen dafür, dass es den SchülerInnen nur eingeschränkt gelingt, ihr Fremdsprachenlernen als einen aktiven Konstruktionsprozess zu konzeptualisieren. Mitunter wurde auch der Einsatz des Lernprotokolls als wenig gewinnbringend erachtet: „Das journal de bord finde ich überflüssig, da ich auch ohne es aufzuschreiben über mein Lernen nachdenken kann“.
Читать дальше