Rück nur auf Donnerstag dein zart Gestell zurecht,
Mit Paris nach Sankt Peters Kirch zu gehn,
Sonst schlepp ich dich auf einer Schleife hin.
Pfui, du bleichsüchtges Ding, du lose Dirne!
Du Talggesicht!
GRÄFIN CAPULET
O pfui! Seid Ihr von Sinnen?
JULIA
Ich fleh Euch auf den Knien, mein guter Vater,
Hört mit Geduld ein einzig Wort nur an!
CAPULET
Geh mir zum Henker, widerspenstge Dirne!
Ich sage dirs: zur Kirch auf Donnerstag,
Sonst komm mir niemals wieder vors Gesicht.
Sprich nicht! Erwidre nicht! Gib keine Antwort!
Die Finger jucken mir. O Weib, wir glaubten
Uns kaum genug gesegnet, weil uns Gott
Dies eine Kind nur sandte; doch nun seh ich,
Dies eine war um eines schon zuviel,
Und nur ein Fluch ward uns in ihr beschert.
Du Hexe!
WÄRTERIN
Gott im Himmel segne sie!
Eur Gnaden tun nicht wohl, sie so zu schelten.
CAPULET
Warum, Frau Weisheit? Haltet Euern Mund,
Prophetin! Schnattert mit Gevatterinnen!
WÄRTERIN
Ich sage keine Schelmstück!
CAPULET
Geht mit Gott!
WÄRTERIN
Darf man nicht sprechen?
CAPULET
Still doch, altes Waschmaul!
Spart Eure Predigt zum Gevatterschmaus;
Hier brauchen wir sie nicht.
GRÄFIN CAPULET
Ihr seid zu hitzig!
CAPULET
Gotts Sakrament, es macht mich toll! Bei Tag,
Bei Nacht, spät, früh, allein und in Gesellschaft,
Zu Hause, draußen, wachend und im Schlaf,
War meine Sorge stets, sie zu vermählen.
Nun, da ich einen Herrn ihr ausgemittelt,
Von fürstlicher Verwandtschaft, schönen Gütern,
Jung, edel auferzogen, ausstaffiert,
Wie man wohl sagt, mit ritterlichen Gaben,
Kurz, wie man einen Mann sich wünschen möchte,
Und dann ein albern, winselndes Geschöpf,
Ein weinerliches Püppchen da zu haben,
Die, wenn ihr Glück erscheint, zur Antwort gibt:
Heiraten will ich nicht, ich kann nicht lieben,
Ich bin zu jung, ich bitt, entschuldigt mich. -
Gut, willst du nicht, du sollst entschuldigt sein;
Gras', wo du willst, du sollst bei mir nicht hausen.
Sieh zu! Bedenk! Ich pflege nicht zu spaßen.
Der Donnerstag ist nah: die Hand aufs Herz!
Und bist du mein, so soll mein Freund dich haben;
Wo nicht, geh, bettle, hungre, stirb am Wege!
Denn nie, bei meiner Seel, erkenn ich dich,
Und nichts, was mein, soll dir zugute kommen.
Bedenk dich! Glaub, ich halte, was ich schwur!
Ab.
JULIA
Und wohnt kein Mitleid droben in den Wolken,
Das in die Tiefe meines Jammers schaut?
O süße Mutter, stoß mich doch nicht weg!
Nur einen Monat, eine Woche Frist!
Wo nicht, bereite mir das Hochzeitsbette
In jener düstern Gruft, wo Tybalt liegt!
GRÄFIN CAPULET
Sprich nicht zu mir, ich sage nicht ein Wort.
Tu, was du willst, denn ich bin mit dir fertig.
Ab.
JULIA
O Gott! Wie ist dem vorzubeugen, Amme?
Mein Gatt auf Erden, meine Treu im Himmel -
Wie soll die Treu zur Erde wiederkehren,
Wenn sie der Gatte nicht, der Erd entweichend,
Vom Himmel sendet? Tröste, rate, hilf!
Weh, weh mir, daß der Himmel solche Tücken
An einem sanften Wesen übt wie mir!
Was sagst du? Hast du kein erfreuend Wort,
Kein Wort des Trostes?
WÄRTERIN
Meiner Seel, hier ists:
Er ist verbannt, und tausend gegen eins,
Daß er sich nimmer wieder her getraut,
Euch anzusprechen; oder tät ers doch,
So müßt es schlechterdings verstohlen sein.
Nun, weil denn so die Sachen stehn, so denk ich,
Das beste wär, daß Ihr den Grafen nähmt.
Ach, er ist solch ein allerliebster Herr!
Ein Lump ist Romeo nur gegen ihn.
Ein Adlersauge, Fräulein, ist so grell,
So schön, so feurig nicht, wie Paris seins.
Ich will verwünscht sein, ist die zweite Heirat
Nicht wahres Glück für Euch; weit vorzuziehn
Ist sie der ersten. Oder wär sie's nicht?
Der erste Mann ist tot, so gut als tot;
Denn lebt er schon, habt Ihr doch nichts von ihm.
JULIA
Sprichst du von Herzen?
WÄRTERIN
Und von ganzer Seele,
Sonst möge Gott mich strafen!
JULIA
Amen!
WÄRTERIN
Was?
JULIA
Nun ja, du hast mich wunderbar getröstet.
Geh, sag der Mutter, weil ich meinen Vater
Erzürnt, so woll ich nach Lorenzos Zelle,
Zu beichten und Vergebung zu empfangen.
WÄRTERIN
Gewiß, das will ich; Ihr tut weislich dran.
Ab.
JULIA
O alter Erzfeind, höllischer Versucher!
Ists ärgre Sünde, so zum Meineid mich
Verleiten, oder meinen Gatten schmähn
Mit eben dieser Zunge, die zuvor
Viel tausendmal ihn ohne Maß und Ziel
Gepriesen hat? - Hinweg, Ratgeberin!
Du und mein Busen sind sich künftig fremd. -
Ich will zum Mönch, ob er nicht Hülfe schafft.
Schlägt alles fehl, hab ich zum Sterben Kraft.
Ab.
Englisch
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Bruder Lorenzos Zelle
Lorenzo und Paris.
LORENZO
Auf Donnerstag? Die Frist ist kurz, mein Graf.
PARIS
Mein Vater Capulet verlangt es so,
Und meine Säumnis soll die Eil nicht hemmen.
LORENZO
Ihr sagt. Ihr kennt noch nicht des Fräuleins Sinn;
Das ist nicht grade Bahn; so lieb ichs nicht.
PARIS
Unmäßig weint sie über Tybalts Tod,
Und darum sprach ich wenig noch von Liebe;
Im Haus der Tränen lächelt Venus nicht.
Nun hälts ihr Vater, würdger Herr, gefährlich,
Daß sie dem Grame so viel Herrschaft gibt,
Und treibt in weiser Vorsicht auf die Heirat,
Um ihrer Tränen Ströme zu vertrocknen.
Gesellschaft nimmt vielleicht den Schmerz von ihr,
In den sie sich, allein, zu sehr vertieft.
Jetzt wißt Ihr um die Ursach dieser Eil.
LORENZO
beiseit. Wüßt ich nur nicht, was ihr im Wege steht. Laut. Seht, Graf, das Fräulein kommt in meine Zelle. Julia tritt auf.
PARIS
Oh, schön getroffen, meine liebe Braut!
JULIA
Das werd ich dann erst sein, wenn man uns traut!
PARIS
Man wird, man soll uns Donnerstag vermählen.
JULIA
Was sein soll, wird geschehn.
LORENZO
Das kann nicht fehlen.
PARIS
Kommt Ihr, die Beicht dem Vater abzulegen?
JULIA
Gäb ich Euch Antwort, legt ich Euch sie ab.
PARIS
Verleugnet es ihm nicht, daß Ihr mich liebt.
JULIA
Bekennen will ich Euch, ich liebe ihn.
PARIS
Gewiß bekennt Ihr auch. Ihr liebet mich.
JULIA
Tu ichs, so hat es, hinter Eurem Rücken
Gesprochen, höhern Wert als ins Gesicht.
PARIS
Du Arme, dein Gesicht litt sehr von Tränen.
JULIA
Die Tränen dürfen sich des Siegs nicht rühmen;
Es taugte wenig, eh sie's angefochten.
PARIS
Dies Wort tut, mehr als Tränen, ihm zu nah.
JULIA
Doch kann die Wahrheit nicht Verleumdung sein;
Was ich gesagt, sagt ich mir ins Gesicht.
PARIS
Doch mein ist das Gesicht, das du verleumdest.
JULIA
Das mag wohl sein, denn es ist nicht mein eigen. -
Ehrwürdger Vater, habt Ihr Muße jetzt?
Wie, oder soll ich um die Vesper kommen?
LORENZO
Jetzt hab ich Muße, meine ernste Tochter. -
Vergönnt Ihr uns, allein zu bleiben, Graf?
PARIS
Verhüte Gott, daß ich die Andacht störe! -
Früh Donnerstags will ich Euch wecken, Fräulein;
So lang lebt wohl! Nehmt diesen heilgen Kuß!
Ab.
JULIA
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