Und in der Fremde Kriegsgerät gekauft?
Warum gepreßt für Werften, wo das Volk
Den Sonntag nicht vom sauren Werktag trennt?
Was gibts, daß diese schweißbetriefte Eil
Die Nacht dem Tage zur Gehülfin macht?
Kann jemand mich belehren?
HORATIO
Ja, ich kanns;
Zum mindsten heißt es so. Der letzte König
Ward, wie Ihr wißt, durch Fortinbras von Norweg,
Den eifersüchtger Stolz dazu gespornt,
Zum Kampf gefordert; unser tapfrer Hamlet
- Denn diese Seite der bekannten Welt
Hielt ihn dafür - schlug diesen Fortinbras,
Der laut dem untersiegelten Vertrag,
Durch Recht und Rittersitte wohl bekräftigt,
Mit seinem Leben alle Länderein,
So er besaß, verwirkte an den Sieger;
Wogegen auch ein angemeßnes Teil
Von unserm König ward zum Pfand gesetzt,
Das Fortinbras anheimgefallen wäre,
Hätt er gesiegt, wie durch denselben Handel
Und Inhalt der besprochnen Punkte seins
An Hamlet fiel. Nun hat Jung Fortinbras
Von unerprobtem Feuer heiß und voll,
An Norwegs Ecken hier und da ein Heer
Landloser Abenteurer aufgerafft,
Für Brot und Kost zu einem Unternehmen,
Das Herz hat; welches denn kein andres ist,
Wie unser Staat das auch gar wohl erkennt,
Als durch die starke Hand und Zwang der Waffen
Die vorbesagten Land' uns abzunehmen,
Die so sein Vater eingebüßt; und dies
Scheint mir der Antrieb unsrer Zurüstungen,
Die Quelle unsrer Wachen und der Grund
Von diesem Treiben und Gewühl im Lande.
BERNARDO
Nichts anders, denk ich, ists als eben dies.
Wohl trifft es zu, daß diese Schreckgestalt
In Waffen unsre Wacht besucht, so ähnlich
Dem König, der der Anlaß dieses Kriegs.
HORATIO
Ein Stäubchen ists, des Geistes Aug zu trüben.
Im höchsten palmenreichsten Stande Roms,
Kurz vor dem Fall des großen Julius, standen
Die Gräber leer, verhüllte Tote schrien
Und wimmerten durch alle römschen Gassen;
Und ebensolche Zeichen grauser Dinge,
Als Boten, die dem Schicksal stets vorangehn,
Und Vorspiel der Entscheidung, die sich naht,
Hat Erd und Himmel insgemein gesandt
An unsern Himmelsstrich und Landsgenossen,
Wie feuergeschweifte Sterne, blutger Tau,
Die Sonne fleckig; und der feuchte Stern,
Des Einfluß waltet in Neptunus' Reich,
Krankt an Verfinstrung wie zum Jüngsten Tag.
[Der Geist kommt wieder. ] Doch still! Schaut, wie's da wieder kommt. Der Geist kommt wieder. Ich kreuz es Und sollt es mich verderben. - [Er breitet die Arme aus. ] Steh, Phantom, Hast du Gebrauch der Stimm und einen Laut: Sprich zu mir! Ist irgendeine gute Tat zu tun, Die Ruh dir bringen kann und Ehre mir: Sprich zu mir! Bist du vertraut mit deines Landes Schicksal, Das etwa noch Voraussicht wenden kann: O sprich! Und hast du aufgehäuft in deinem Leben Erpreßte Schätze in der Erde Schoß, Wofür ihr Geister, sagt man, oft im Tode Umhergeht, Der Hahn kräht. sprich davon! Verweil und sprich! [Der Hahn kräht. ] Halt es doch auf, Marcellus!
MARCELLUS
Soll ich nach ihm mit der Hellbarde schlagen?
HORATIO
Tu's, wenns nicht stehen will!
BERNARDO
's ist hier!
HORATIO
's ist hier!
MARCELLUS
's ist fort!
Geist ab. Wir tun ihm Schmach, da es so majestätisch, Wenn wir den Anschein der Gewalt ihm bieten; Denn es ist unverwundbar wie die Luft, Und unsre leeren Streiche foppen uns.
BERNARDO
Es war am Reden, als der Hahn just krähte.
HORATIO
Und da fuhrs auf gleich einem sündgen Wesen
Beim Aufruf zum Gericht. Ich hab gehört,
Der Hahn, der als Trompete dient dem Morgen,
Erweckt mit schmetternder und heller Kehle
Den Gott des Tages, und auf seine Mahnung,
Sei's in der See, im Feur, Erd oder Luft,
Eilt jeder schweifende und irre Geist
In sein Revier; und von der Wahrheit dessen
Gab dieser Gegenstand uns den Beweis.
MARCELLUS
Es schwand erblassend mit des Hahnes Krähn.
Sie sagen, immer, wann die Jahrszeit naht,
Wo man des Heilands Ankunft feiert, singe
Die ganze Nacht durch dieser frühe Vogel;
Dann darf kein Geist umhergehn, sagen sie,
Die Nächte sind gesund, dann trifft kein Stern,
Kein Kobold schweift, noch können Hexen zaubern:
So gnadenvoll und heilig ist die Zeit.
HORATIO
So hört auch ich und glaube dran zum Teil.
Doch seht, der Morgen, angetan mit Purpur,
Betritt den Tau des hohen Hügels dort;
Laßt uns die Wacht abbrechen, und ich rate,
Vertraun wir, was wir diese Nacht gesehn,
Dem jungen Hamlet; denn, bei meinem Leben,
Der Geist, so stumm für uns, ihm wird er reden.
Ihr willigt drein, daß wir ihm dieses melden,
Wie Lieb uns nötigt und der Pflicht geziemt?
MARCELLUS
Ich bitt Euch, tun wir das; ich weiß, wo wir
Ihn am bequemsten heute finden werden.
Alle ab.
Englisch
Inhaltsverzeichnis
Helsingör. Ein Staatszimmer im Schlosse
Der König, die Königin, Hamlet, Polonius, Laertes, Voltimand, Cornelius, Herren vom Hofe und Gefolge.
KÖNIG
Wiewohl von Hamlets Tod, des werten Bruders,
Noch das Gedächtnis frisch, und ob es Unserm Herzen
Zu trauern ziemte und dem ganzen Reich,
In eine Stirn des Grames sich zu falten:
So weit hat Urteil die Natur bekämpft,
Daß Wir mit weisem Kummer sein gedenken,
Zugleich mit der Erinnrung an Uns selbst.
Wir haben also Unsre weiland Schwester,
Jetzt Unsre Königin, die hohe Witwe
Und Erbin dieses kriegerischen Staats,
Mit unterdrückter Freude sozusagen,
Mit einem heitern, einem nassen Auge,
Mit Leichenjubel und mit Hochzeitklage,
In gleichen Schalen wägend Leid und Lust,
Zur Eh genommen; haben auch hierin
Nicht Eurer bessern Weisheit widerstrebt,
Die frei Uns beigestimmt. Für alles Dank! -
Nun wißt Ihr, hat der junge Fortinbras
Aus Minderschätzung Unsers Werts und denkend,
Durch Unsers teuren selgen Bruders Tod
Sei Unser Staat verrenkt und aus den Fugen,
Gestützt auf diesen Traum von seinem Vorteil,
Mit Botschaft Uns zu plagen nicht ermangelt
Um Wiedergabe jener Länderein,
Rechtskräftig eingebüßt von seinem Vater
An Unsern tapfern Bruder. - So viel von ihm;
Nun von Uns selbst und Eurer Herberufung.
So lautet das Geschäft: Wir schreiben hier
An Norweg, Ohm des jungen Fortinbras,
Der schwach, bettlägrig, kaum von diesem Anschlag
Des Neffen hört, daß er den fernern Gang
Hierin mög hemmen, da ja doch die Werbung,
Bestand und Zahl der Truppen, alles nur
Aus seinem Volk geschieht; und senden nun
Euch, wackrer Voltimand, und Euch, Cornelius,
Mit diesem Gruß zum alten Norweg hin,
Euch keine weitre Vollmacht übergebend,
Zu handeln mit dem König, als das Maß
Der hier erörterten Artikel zuläßt.
Lebt wohl, und Eil empfehle Euren Eifer!
CORNELIUS und VOLTIMAND
Hier, wie in allem, wollen wir ihn zeigen.
KÖNIG
Wir zweifeln nicht daran. Lebt herzlich wohl! -
Voltimand und Cornelius ab. Und nun, Laertes, sagt, was bringt Ihr Uns? Ihr nanntet ein Gesuch; was ists, Laertes? Ihr könnt nicht von Vernunft dem Dänen reden, Und Euer Wort verlieren. Kannst du bitten, Was ich nicht gern gewährt, eh du's verlangt? Der Kopf ist nicht dem Herzen mehr verwandt, Die Hand dem Munde dienstgefällger nicht, Als Dänmarks Thron es deinem Vater ist. Was wünschest du, Laertes?
LAERTES
Hoher Herr,
Vergünstigung nach Frankreich rückzukehren,
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