Als ich Trainer bei Roda Kerkrade war, habe ich etwas Ähnliches erlebt, nachdem wir Ende 1994 3:0 gegen die PSV gewonnen hatten. Als wir am Morgen nach dem Spiel ins Erdgeschoss unseres Hauses kamen, sahen wir, dass die Vorhänge sich bewegten. Offenbar hatte jemand einen Backstein ins Fenster geworfen. Wir hatten davon in der Nacht nichts mitbekommen. Wir konnten den Backstein zunächst auch nicht finden, aber dann haben wir ihn doch noch in einem Blumenkasten entdeckt. Auch bei Schalke wurde ich einmal bedroht, das war in der Zeit, als es mit dem Verein nicht so gut lief. Die Vereinsleitung bekam sogar Morddrohungen. Damals haben wir dann mit kugelsicheren Westen auf der Trainerbank gesessen. Als ich bei Hertha war, hatten wir auch einmal Polizeischutz bei uns zuhause. Ich konnte damit recht gut umgehen, anderen fiel das nicht so leicht.
In meiner letzten Saison in Eindhoven bekam ich Probleme mit Hans Kraay sr., dem Chef von Jan Reker bei der PSV. Zum Saisonstart wurde ich noch nicht einmal aufgestellt. Kraay wollte Willy van de Kerkhof und Ernie Brandts in der Zentrale im Mittelfeld haben. So sah seine Wahl aus, aber ich wusste, dass das nicht funktionieren würde. Sie harmonierten nicht, lenkten nicht. Das hab ich auch zu Kraay gesagt.
Das dritte Spiel haben wir mit 1:2 gegen den FC Den Bosch verloren, und ich saß wieder auf der Bank. Das war an einem Mittwoch. Am Samstag mussten wir zuhause gegen Fortuna spielen. Nach der Niederlage gegen Den Bosch saßen wir auf der Rückfahrt im Bus und spielten gerade Karten, als Reker zu uns kam. Er sagte, dass Kraay mich kurz sprechen wolle. Ich habe ihm geantwortet, Kraay solle doch bitte schön selbst nach hinten kommen, denn ich war noch immer stocksauer.
Jan sagte, ich solle am nächsten Abend in der zweiten Mannschaft spielen. Ich erwiderte: „Und am Sonntag soll ich dann bei den Amateuren mitspielen.“ „Ach, hör doch auf!“, sagte Jan da, aber ich ahnte nichts Gutes.
Als wir in Eindhoven angekommen waren, stiegen wir aus dem Bus. Die Auswechselspieler sollten die Taschen tragen, aber ich dachte nicht daran. Als ich zu meinem Auto kam, stand dort Hans Kraay. Er teilte mir mit, dass ich am nächsten Morgen zu ihm kommen solle. „Und was soll ich da?“, fragte ich ihn. „Ich soll morgen Abend doch in der zweiten Mannschaft spielen!“ Ich sollte bei der Nachbesprechung des Spiels gegen Den Bosch dabei sein, obwohl ich gar nicht mitgespielt hatte. Aber egal, ich bin also dahin, und in der Nachbesprechung ging es fast die ganze Zeit um mich: Welche Mentalität ich hätte, dass ich gut coachen würde, dass die anderen nie den Mund aufmachten und solche Sachen.
Nach der Besprechung habe ich im Vereinslokal bei Harry van Kemenade einen Kaffee getrunken und Zeitung gelesen. Plötzlich stand Kraay wieder neben mir und sagte, er würde sich das Spiel der zweiten Mannschaft anschauen. Ich solle im Spiel nicht übertreiben, den Ball laufen lassen, keine Risiken eingehen und wieder einen Rhythmus finden. Es könne durchaus vorkommen, dass ich irgendwann wieder „back in town“ sei, meinte er. Zum Spaß erwiderte ich: „Aber ich habe die Stadt doch gar nicht verlassen!“ Im Spiel der zweiten Mannschaft habe ich zwei Tore geschossen und gab drei Vorlagen. Ich sollte ja schließlich nicht übertreiben. Ein echter Witz!
Samstag haben wir dann gegen Fortuna gespielt. Die hatten John Linford als Stürmer. Meine Position war wieder im zentralen Mittelfeld. Wir gerieten mit 0:1 in Rückstand. Kraay ging daraufhin auf Risiko, wollte stärker angreifen und wechselte mich aus, um einen zusätzlichen Offensivspieler zu bringen. Ich bin in die Umkleide gegangen, um zu duschen, da kam Kraay plötzlich herein. „Bravo“, sagte er. „So möchte ich dich auch in den nächsten Spielen sehen.“ Nach meiner Auswechslung haben wir tatsächlich gewonnen, aber gut, was soll’s.
Das nächste Spiel war ein Auswärtsspiel gegen Ajax, das wir mit 4:2 gewonnen haben. Auch diesmal war ich dabei. Am nächsten Tag bekam ich die Nachricht, dass ich wieder in der niederländischen Nationalmannschaft spielen sollte. Und das nach nur zwei Spielen in der Liga! So verrückt kann Fußball manchmal sein!
Es war ein schönes letztes Jahr bei der PSV. Wir wurden mit acht Punkten Vorsprung vor Ajax Meister. Es gab auch immer viel zu lachen, besonders mit René van der Gijp. Eines Tages geriet René mit Kraay beim Training aneinander und wurde rausgeschickt. René ging zur Umkleide, und Kraay sprintete ihm hinterher. Aber die Tür war bereits zugeschlagen, und Kraay knallte voll dagegen. Ziemlich lustig!
Wenn jemand Geburtstag hatte, dann spendierte er eine Runde Windbeutel. Einmal war es wieder so weit, und René hatte den Windbeutel von Kraay mit Rasierschaum gefüllt. Wir konnten uns vor Lachen nicht mehr halten. Ich kam gut mit René aus.
Im Verlauf der Saison habe ich mich mehrmals verletzt, und Adick Koot sprang oft als Vorstopper ein. Ich wurde sogar am Fuß operiert, weil ein Knochen sich gelockert hatte. Beim letzten Spiel der Saison, am 10. Mai 1986, einem Heimspiel gegen Go Ahead Eagles, das wir 8:2 gewannen, ließ Kraay mich während das ganzen Spiels auf der Bank. Typisch Kraay.
Ich hatte den Entschluss gefasst, aufzuhören, auch wegen der Erfahrungen mit Kraay. Zudem hatte ich ein Angebot von der PSV bekommen, Jugendkoordinator zu werden. In meinem letzten Jahr als Fußballer hatte ich bereits die C-Jugend trainiert, was mir sehr gefiel. Andere Vereine waren ebenfalls an mir interessiert, allerdings als Spieler, darunter der MVV Maastricht und FC Twente Enschede, wo Rijvers damals der technische Leiter war. Das kam für mich aber nicht in Frage, auch weil ich nicht mehr in Topform war. Ich war 32 und spürte inzwischen mein Alter. Zudem hätte ich Erwartungen zu erfüllen gehabt, wenn ich zu einem anderen Verein gewechselt wäre. Das habe ich dann lieber sein lassen.
Während meiner Jahre als Fußballspieler bei Eindhoven war Jacques van de Ven der Mannschaftsbetreuer. Für mich war er eine PSV-Ikone. Jacques hat mir sehr oft ganz wunderbar geholfen. Wir treffen uns manchmal noch auf dem Golfplatz. Harry van Kemenade war auch ein ganz besonderer Mensch. Er hat all die Jahre die Vereinsgaststätte geführt. Passte ihm etwas nicht, dann hat er das auch gleich gesagt. Ein ausgesprochen netter Mann, der viel zu früh gestorben ist. Seine Kinder haben das Lokal dann weitergeführt. Ich war bestimmt noch zwei Jahre Stand-by-Spieler bei der PSV. Am Morgen habe ich beim ersten Training mitgemacht, und den Rest des Tages war ich dann Jugendkoordinator.
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DIE GRÖSSTE NIEDERLAGE ALLER ZEITEN
Unsere Vorbereitungen auf die Spiele gegen Saint-Étienne im Herbst 1979 waren sehr intensiv. Im Europapokal der Landesmeister waren wir bereits zweimal gegen die Franzosen ausgeschieden, jetzt spielten wir gegen sie im UEFA-Cup. Das erste Duell war das Heimspiel am 24. Oktober.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir vor dem anstehenden Match in Eindhoven mit dem Auto von Kees Rijvers zu einem Ligaspiel von Saint-Étienne in Straßburg gefahren sind, um uns die Partie anzuschauen. Adrie van Kraaij, Willy van der Kuijlen und ich saßen mit im Auto. Wir hatten allerdings nicht gewusst, dass Kees Rijvers’ Frau Annie ihm beim Autofahren immer alles sagen musste, wie zum Beispiel: Stopp, es ist rot! Wir fuhren auf einer Ringstraße mit einigen Ampeln, und Rijvers fuhr fröhlich über jede rote Ampel. Er war so sehr beschäftigt, dass er nichts davon mitbekam. Adrie, Willy und ich haben uns dann später beim Fahren abgewechselt und sind so heil am Ziel angekommen.
Wir haben sehr professionell trainiert. Videoaufzeichnungen gab es bei uns damals noch nicht, aber nach dem Spiel in Straßburg wussten wir genau, wie Saint-Étienne spielte. Zuhause machten wir dann gegen Saint-Étienne ein gutes Spiel und gewannen 2:0. Vor dem anstehenden Rückspiel gab es bei uns einige Verletzungen, und ich glaube, zwei oder drei andere haben versucht, sich fitspritzen zu lassen. Aber ansonsten liefen die Vorbereitungen ausgezeichnet. Wir waren in einem guten Hotel untergebracht, alles war perfekt organisiert.
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