Ulla Schäfer
Musiker und Genuss-Sachse
Biografisches Porträt
Ulla Schäfer
CHRISTIAN FUNKE
Musiker und Genuss-Sachse
Biografisches Porträt
© BUCHFUNK 2021
Satz und Layout: Schönbein Design, Marlen Rühle
Foto Titel: Dirk Brzoska
BUCHFUNK Verlag, Leipzig
www.buchfunk.de
eISBN 978-3-86847-559-3
Geleitwort Stefan Altner
ERSTES KAPITEL
Wo er herkommt
Heimatstadt Dresden
Prägende Jahre in Moskau
ZWEITES KAPITEL
In die Verantwortung
Am 1. Pult der Dresdner Staatskapelle
Zum Gewandhausorchester Leipzig
Der Stil verändert sich
DRITTES KAPITEL
Johann Sebastian Bach
Dienst in der Thomaskirche
Das Bachorchester lebt weiter
Orchester auf Reisen
VIERTES KAPITEL
Rückhalt: Frau und Kinder
Dresden und Panitzsch
Nassau und das Fleisch
Diskographie (Auszüge)
Personenregister
Man nehme eine Geige und Noten, übe ordentlich, dann wird daraus gute Musik, oder man nehme Fleisch, Küchengeräte, ein besseres Rezeptbuch und dann kann man Wurst oder sonstige Gerichte zaubern - nein so einfach ist es, wie vermutet, nicht. Schon gar nicht, betrachtet man Christian Funke.
Musik ist zwar in Notenschrift weitgehend fixiert, aber erst die Noten, die Zeugnisse eines Schöpfungsaktes sind, die ein Musiker durch tägliches Üben in sich aufnehmen und reifen lassen muss, erst er wird das Werk endlich bei einer Aufführung erfolgreich vortragen können, einer Geburt gleich. Dieses Werden ist ein unteilbarer, sehr persönlicher Vorgang. Musik lässt sich als miterlebbaren Prozess kaum mit Wörtern einfangen. Genauso ist das mit den Gerüchen und Aromen bei der Speisenzubereitung. Selbst wenn in Rezepten Zutaten, Zubereitungstechniken erklärt werden, wird erst ein Meister, der großes Wissen und Erfahrungen sammeln konnte, einem Gourmet ein Menü präsentieren können, das optisch und geschmacklich erfreut oder gar verzückt. Eine Erfolgsgarantie gibt es - wie in der Musik auch - dabei nie. Wörter sind hilflos, die stete Fronarbeit beim Vorbereiten adäquat zu fassen.
Noch herausfordernder ist es, den Ausnahmemusiker Christian Funke in seinen Facetten sprachgewandt, einem Vexierspiel gleich, mit Buchstaben „abzubilden“.
Ulla Schäfer und Christian Funke sind auf die herausfordernde Seelen- und Zeitreise gegangen, um aus den tiefen Schächten von Erinnerungen und zeitgeschichtlichen Dokumenten genährt, ein lebendiges Porträt zu zeichnen. Christian Funke „in Worte zu fassen“, ist aufwendig, weil er nicht gern von sich reden macht, und schon gar nicht im Zentrum einer Hagiographie stehen möchte. Er ist kein unfassbares Phantom, jedoch bescheiden, zurückhaltend, man muss sich ihm nähern, um ihn in als liebenswürdige Persönlichkeit kennenlernen zu dürfen. Einer Illusion sollte man nicht anheimfallen, zu meinen, er sei ein duldsamer, „stiller feiner Mensch“, nein dazu ist er zu klug, gewitzt, genau beobachtend und menschenerfahren (mit einer innewohnenden musikalischen Primadonna assoluta). Er ist auch nicht wehrlos, an dem einfach vorbeigegangen, über seinen Kopf hinweg entschieden werden kann. Ihn damit zu verdrießen, das sollte vermieden werden, wie zu lesen sein wird. Wenn in der Etymologie das Wort Person hergeleitet wird, wird unter anderem auf das „Personare“ verwiesen, das Hindurchtönen, klingen lassen, so wie Schauspieler in der Antike durch Masken sprechend ihre typisierten Rollen vortrugen. Die lebenspralle Person Christian Funke sollte man erlebt haben, oder sich wieder in Erinnerung bringen. Wenn er seine Geige unter das Kinn klemmt, wird er als Medium einer klangsinnlichen Verzückung des Auditoriums „hindurchhörbar“.
Das vorgelegte Porträt ist ein vergnüglicher, Unbekanntes vermittelnder Einstieg in eine nicht abgeschlossene Biografie. Wer Ohren hat zu hören, der möge sich Aufnahmen mit Christian Funke anhören, oder noch besser in seine Konzerte gehen, um dort Zeuge einer Verzückung zu werden. Ihn als treuen Freund und wunderbaren Musiker um mich zu wissen, ist ein Glücksfall.
Stefan Altner,
Leipzig-Großzschocher im Mai 2020
Martin Petzold, Frühjahr 2020
In der waldigen Gegend um den kleinen Ort Nassau im sächsischen Osterzgebirge begegnen Einheimische und auswärtige Besucher gelegentlich einem einsamen Wanderer. Ein relativ kleiner, wohlbeleibter Mann mit grauem Schopf, zünftig gekleidet, geht ruhigen Schrittes, offensichtlich in Gedanken versunken. Hört er Musik? Repetiert er ein Konzert? Denkt er sich das nächste Rezept zum Wurstmachen aus? Oder schweifen seine Gedanken von einem ins andere?
Ab und zu hält er inne, um sich einen Baum, einen Strauch oder kleine Blumen genauer anzuschauen. Beim leisesten ungewöhnlichen Geräusch merkt er auf, schaut - war das ein Tier, welches? Wer ihn freundlich grüßt, verspürt seine Bereitschaft zu einem Gespräch über Naheliegendes, durchaus auch das Wetter. Er hört einen leicht sächsischen Zungenschlag; wer sich auskennt, ordnet ihn der Stadt Dresden zu. Er begegnet Christian Funke.
Die Geschwister 1954, v. l. Christian, Brigitte, Klaus
ERSTES KAPITEL
Wo er herkommt
Heimatstadt Dresden
Christian Funke wurde an einem Ostermontag, dem 18. April 1949, in Dresden-Striesen geboren; zwei Jahre nach seinem Bruder Klaus. 1952 war mit Schwester Brigitte die Familie komplett.
Funkes Vater Reinhard, geboren 1921, arbeitete beim Topographischen Dienst. Er war musikalisch und ein guter Klavierspieler; wollte jedoch kein Berufsmusiker werden. Mutter Christa, geborene Tröger, ebenfalls Jahrgang 1921, stammte aus Kleinbobritzsch im Erzgebirge. Sie hatte eine schöne Stimme, doch ein Leben als Sängerin erschien ihren Eltern als „brotlose Kunst“. So lernte sie Buchhändlerin, immerhin eine Tätigkeit im Kulturbereich. Später war sie als Chefsekretärin beim „Rat des Bezirkes“ Dresden im Bereich Technische Überwachung tätig. Beide Eltern verstarben in hohem Alter, der Vater 2007; seine Frau überlebte ihn um zehn Jahre.
Die Eltern, ca. 2005
Christians Weg zur Geige begann, wie er sich erinnert, als eine Art Verhaltenstherapie: Als neugieriges Kind zerlegte er alles, was ihm in die Finger kam, um das Innenleben der Gegenstände zu erkunden. Allerdings baute er, wenn er es schaffte, die Teile auch wieder zusammen. Eine ehemalige Klassenkameradin gab der Mutter den Tipp, es doch mit der Geige zu versuchen. Damit hatte sie, wie sich bald erwies, ins Schwarze getroffen.
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