Sie schwieg, aber um ihren Mund lag ein kleiner weher Zug, sie verstand den Mann ihrer Liebe nicht.
Dann ruderten sie auf dem See umher, wo weisse Schwäne ihre Kreise zogen, und Margaretes Lachen klang wieder silbern auf. Später gingen sie im Walde spazieren, und danach sassen sie in einem traulichen Balkonzimmer und sahen auf den See hinaus, über den schon leichte Abendschatten huschten. Sie küssten sich und des Mannes Leidenschaft sann, wie er wohl am besten das liebliche Mädchen für sich behalten konnte, ohne dass er sich dadurch den Weg zu Reichtum und Ehre verbaute, zu dem ihm Freda Zander Mittel und Zweck sein sollte. —
Und Margarete Römer nahm die Glücksstunde wie einen glühroten, duftenden Rosenstrauch, sie vergass den Vormund und seine mollige Frau, vergass die kindliche Schwester und den toten Vater. Der Maienabend war so wunderschön, vom Himmel leuchteten die ersten Sterne und spiegelten sich in dem dunkler und dunkler werdenden See, und Erich Dierssens Lippen küssten ihr die Ueberlegung fort. Margaretes Liebe war so gross, ihr Sinn so rein, wie hätte sie schlecht denken sollen von dem Manne, dem sie ihr Herz so schnell und jubelnd zu eigen gegeben!
Zwei Tage darauf las Margarete Römer in einem grossen Berliner Tageblatt die Verlobungsanzeige Erich Dierssens und dazu unter der Rubrik: „Aus der Gesellschaft“: „Wie wir hören, hat sich der bewährte Assistent des berühmten Professors Zander, Dr. Erich Dierssen, mit dessen einziger Tochter Freda verlobt.“
Da erschien Margarete plötzlich Erich Dierssens Abwehr, als sie von Onkel und Tante gesprochen, in völlig anderer Beleuchtung. Sie verstand plötzlich und wurde sehend und hellhörig.
Er traf sich mit ihr, und da sagte sie ihm ihr Wissen, ihren wahnsinnigen Schmerz zurückdrängend.
Er wurde verlegen, dann lächelte er:
„Aber Margarete, nimm die Sache nicht so tragisch! Liebe und Ehe passen nicht immer zusammen. Wenn du reich wärest, würdest du meine Frau, so aber darf ich nicht daran denken. Wollen uns lieb haben, es geht doch schliesslich nur uns beide an.“
Margarete Römer riss sich von ihm los mitten auf belebter Strasse, sprang in die erstbeste Elektrische, und Erich Dierssen stand, sich auf die Lippen beissend, da und starrte der Strassenbahn nach. Achselzuckend wandte er sich endlich.
Der Traum war aus, schade, er hatte sich das Weiterträumen noch so schön gemalt!
Ein paar Monate danach ist Margarete Römer gestorben, ganz still ist sie eingeschlafen. Eines Abends, als der August mit heissen Flügeln über die hohen Häuser der Grossstadt hinstrich, schloss sie für immer die Augen. Der Arzt sagte, Margarete Römer hätte ein schwaches, widerstandsloses Herz gehabt. Martha aber wusste es anders; sie hatte einen kleinen, an sie gerichteten Brief bei der toten Schwester gefunden, den sie heimlich zu sich gesteckt, und in diesem Briefe stand der Name des Mannes, um den Margarete so früh an gebrochenem Herzen gestorben war. —
Die kinderjunge Martha Römer wurde wissend und gereift in diesen Augusttagen, und ein glühender Hass erwachte in ihr gegen einen hochgewachsenen Mann mit dunklen Augen, einen Mann, den sie nur ein einziges Mal im Leben gesehen und den sie doch unter Tausenden von Menschen wiedererkennen würde! Das wusste sie gewiss.
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