Bausinger, Hermann et al. (Hrsg.): Grundzüge der Volkskunde. Darmstadt 1989, S. 205–210.
Bormann, Regina: Raum, Zeit, Identität. Sozialtheoretische Verortungen kultureller Prozesse. Opladen 2001, S. 304.
Costadura, Edoardo/Ries, Klaus (Hrsg.): Heimat gestern und heute. Interdisziplinäre Perspektiven. Bielefeld 2016.
Danielzyk, Rainer/Krüger, Rainer: „Region Ostfriesland? Zum Verhältnis von Alltag, Regionalbewußtsein und Entwicklungsperspektiven in einem strukturschwachen Raum“, in: Lindner, Rolf (Hrsg.): Die Wiederkehr des Regionalen. Frankfurt/Main, New York 1994, S. 91–121, hier S. 115.
Gottowick, Volker: Konstruktionen des Anderen. Clifford Geertz und die Krise der ethnographischen Präsentation. Berlin 1997, S. 136, 334.
Greverus, Ina-Maria: Der territoriale Mensch. Ein literaturanthropologischer Versuch zum Heimatphänomen. Frankfurt/Main 1972, S. 48.
Jaeggi, Rahel: Entfremdung. Zur Aktualität eines philosophischen Problems. Frankfurt/Main 2005, S. 22–23.
Köhle-Hezinger, Christel: „Kulturen der Landschaft – Kulturen der Heimat. Regionale Kulturen“, in: Welch Guerra, Max (Hrsg.): Kulturlandschaft Thüringen. Weimar 2010, S. 96–117, hier S. 103–104.
Ploch, Beatrice/Schilling, Heinz: „Region als Handlungslandschaft. Überlokale Orientierung als Dispositiv und kulturelle Praxis: Hessen als Beispiel“, in: Lindner, Rolf (Hrsg.): Die Wiederkehr des Regionalen. Frankfurt/Main, New York 1994, S. 122–157, hier S. 124.
Stückrad, Juliane: „Ich schimpfe nicht, ich sage nur die Wahrheit.“ Eine Ethnographie des Unmuts am Beispiel der Bewohner des Elbe-Elster-Kreises im Süden Brandenburgs. Kiel 2010, S. 165.
Stückrad, Juliane: Verantwortung, Tradition, Entfremdung. Zur Bedeutung von Kirche im ländlichen Raum. Eine ethnographische Studie in drei Dörfern im Gebiet des Regionalkirchenamtes Leipzig. Kohrener Schriften 2. Großpösna 2017, S. 26.
1S. Stückrad 2017, S. 26.
2Vgl. Costadura/Ries 2016.
3S. Köhle-Hezinger 2010, S. 103 f.
4S. Bausinger 1980, S. 13–22.
5S. Bormann, S. 304.
6S. Ploch/Schilling 1994, S. 124.
7S. Greverus 1972, S. 48.
8S. Stückrad 2010, S. 194.
9S. Bausinger 1989, S. 205–210.
10S. Jaeggi 2005, S. 22 f.
11S. Gottowick 1997, S. 136, 334.
12S. Jaeggi 2005, S. 168.
13S. Berger/Luckmann 2003, S. 44 f.
Jugend auf dem Land – Reiten, Feuerwehr und Bushaltestelle?
Ein Gespräch mit Dr. Frank Tillmann, Deutsches Jugendinstitut
Den ländlichen Raum gibt es nicht. Die Lebensbedingungen von Jugendlichen allerorten sind unterschiedlich. Die Frage nach der Benachteiligung durch den ländlichen Raum lässt sich dennoch definitiv mit ja beantworten. Abgesehen von ihren politischen Mitsprachemöglichkeiten, die von ihrer Altersgruppe in der Stadt als gleichermaßen schlecht bewertet werden, fühlen sich Jugendliche in ländlichen Räumen bei verschiedenen Fragen, die ihnen bezüglich ihres Herkunftsortes wichtig sind, benachteiligt.
Wie gestalten junge Menschen ihre Freizeit, was bewegt und beschäftigt sie?
Eine wichtige Entwicklungs aufgab e im Jugendalter ist die Ablösung vom Elternhaus und der Aufbau eigener sozialer Netzwerke. Von Gleichaltrigen natürlich, auch um sich der Erwachsenenwelt zu entziehen. Es geht darum, sich selbst zu finden, Vorlieben, Abneigungen, eigene kulturelle Ausdrucksformen zu entdecken. Die Freizeit ist der Raum, in dem das möglich wird.
Welches Bild von Jugend haben die jungen Menschen selbst?
Sie sehen sich durchaus als benachteiligte Interessengruppe. Sie haben das Gefühl, als Bevölkerungsgruppe nicht ernst genommen zu werden. Sie sehen auch, dass Altersgruppen um Ressourcen konkurrieren und verstehen nicht, warum Seniorenbegegnungsstätten aufgebaut und Jugendclubs geschlossen werden, sie noch dazu an öffentlichen Plätzen nicht geduldet werden. Das verstärkt sich im ländlichen Raum, weil da die Interessengegensätze zwischen den Generationen deutlicher werden angesichts der knappen Ressourcen oder des demografischen Wandels, der in Städten nicht so auffällt, selbst wenn er stattfindet.
Wie erleben junge Menschen das Leben in ländlichen Regionen?
Jugendliche hier sehen sich Vereinzelungstendenzen gegenüber. Wenn sich das Image eines Landkreises verschlechtert, dann sehen auch die Jugendlichen keine Perspektiven mehr für sich. Es kommt zur Abwanderung. Dann finden sie in ihrem Dorf oft keine Gleichaltrigen mehr, die eine wichtige Referenzgruppe für die benannten Entwicklungsaufgaben sind. Oder wenn, dann ist es überhaupt nicht selbstverständlich, dass sie gemeinsame Interessen teilen. Die möglichen Treffpunkte werden immer weniger, Jugendclubs werden geschlossen. Und was die Freizeit betrifft: Sie schrumpft bei Fahrtwegen zwischen Schule und Wohnort von bis zu zwei Stunden täglich und mehr auf ein Minimum zusammen.
Welche Faktoren bezüglich ihrer ländlichen Herkunftsregionen sind Jugendlichen wichtig?
In unserer Studie haben wir in Gruppendiskussionen mit Jugendlichen im Alter von 16 bis 24 Jahren verschiedene Aspekte identifizieren können, beispielsweise die Beschäftigungsperspektive: Welche Einkommensmöglichkeiten habe ich, kann ich meinen Wunschberuf hier ausüben? Dann eine weiterführende Bildung: Welche Anschlüsse habe ich hier an die Schule? Diese beiden Faktoren sind es vor allem, die entscheiden, ob sie ihren Heimatkreis verlassen. Grundsätzlich haben Jugendliche eine hohe Identifikation mit ihrer Herkunftsregion. Wenn, dann gehen sie häufig nur als Zugeständnis an ihre berufsbiografische Entwicklung oder in selteneren Fällen, wenn sie sich Freiheitsgewinne versprechen, weil der höhere Konformitätsdruck ihrer persönlichen Entwicklung im Wege steht.
Wie steht es um Freizeitangebote?
Wir konnten feststellen, dass Mädchen in den von uns untersuchten Landkreisen ein geringeres Angebot vorfinden, das mit Karnevalsvereinen und Reiten noch dazu sehr mit Geschlechterklischees behaftet ist. Den Jungs wird nahegelegt, sich bei der örtlichen Jugendfeuerwehr zu engagieren oder dann später im Schützenverein. Da ist kaum Angebotsvielfalt zu erkennen .
Das Angebot der Jugendarbeit ist natürlich ein wichtiger Faktor. Wir konnten feststellen, dass Mädchen in den von uns untersuchten Landkreisen ein geringeres Angebot vorfinden, das mit Karnevalsvereinen und Reiten noch dazu sehr mit Geschlechterklischees behaftet ist. Den Jungs wird nahegelegt, sich bei der örtlichen Jugendfeuerwehr zu engagieren oder dann später im Schützenverein. Da ist kaum Angebotsvielfalt zu erkennen. Natürlich wollen sich Jugendliche auf dem Land auch mit Gleichaltrigen treffen oder an anderen Orten Freizeitangebote aufsuchen. Weil diese physischen Gesellungsformen wegen der eingeschränkten Mobilität aber nicht so einfach verfügbar sind, ist es umso wichtiger, sich in sozialen Netzwerken zu begegnen und dort virtuelle Räume zu haben. Andere Freizeitmöglichkeiten konfrontieren die Jugendlichen oft mit widersinnigen Bedingungen, wenn sie z.B. in ihr Schulgelände einbrechen bzw. über einen Zaun klettern müssen, um die Sportstätten nach Schulschluss nutzen zu können, obwohl die Schule in vielen ländlichen Orten die letzte öffentliche Institution ist. Oder Öffnungszeiten von Jugendclubs, wenn es sie überhaupt noch gibt: Gerade dann, wenn Jugendliche Zeit haben, nämlich am Wochenende, sind die Jugendfreizeiteinrichtungen in der Regel zu.
Benachteiligung und Vereinzelung – Wie bewältigen Jugendliche das?
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