In einer bekannten Studie stellten Zipprich et al. 17 fest, dass die Bewegungen des Abutments umso geringer ausfallen, je steiler der Winkel ist. Außerdem sprachen sie sich für Implantate mit Konusverbindung aus, da eine stabile Verbindung der wichtigste Faktor bei der Prävention von Knochenverlust ist. Bewegungen am Implantat-Abutment-Übergang erzeugen einen Pumpeneffekt, durch den Bakterien aus dem Implantat gepresst werden und zum Knochenverlust führen. Außerdem schädigt schon die Bewegung selbst den Knochen, sodass sich die negative Reaktion verdoppelt. Wenn weniger Bewegungen an der Implantat-Abutment-Verbindung auftreten, gelangen weniger Bakterien aus dem Implantat und die Entzündung wird verringert. Andererseits macht eine steile konische Verbindung ein Verblocken der Restaurationen unmöglich, was sich nachteilig auswirken kann (s. Kap. 14).
Schlussfolgerung
Laut dem mechanischen Ansatz, um die Knochenstabilität mithilfe des Implantatdesigns zu erreichen, sind das Platform-Switching und eine konische Implantat-Abutment-Verbindung die wichtigsten Faktoren für ein dauerhaft stabiles Knochenvolumen. Obwohl diese Faktoren zweifelsohne wichtig sind, zeigt die Konzentration auf die mechanischen Aspekte als einzig relevante Faktoren aber nur ein unvollständiges Gesamtbild. Es gibt zahlreiche Belege für den Zusammenhang zwischen der Knochenstabilität und Implantaten ohne Platform-Switching und einer einfachen Innenverbindung.
Abbildung 2-22zeigt anhand eines klinischen Falls, dass nicht nur mechanische Faktoren des Implantatdesigns für die Knochenstabilität wichtig sind. In diesem Fall wurden Implantate mit Platform-Switching und Morse-Taper-Verbindung verwendet, die als sehr stabil gilt, ähnlich einer Kaltverschweißung. Die Implantate wurden bei klinisch idealer Situation gesetzt: einem breiten Alveolarkamm, mehr als 2 mm befestigter Gingiva und einer leicht subkrestalen Implantatposition. Ankylos-Implantate besitzen ein deutliches Platform-Switching, sodass die Bakterien auf jeden Fall vom Knochen ferngehalten werden sollten. Eine Morse-Taper-Verbindung begrenzt Bewegungen und schließt ein Knochenremodeling aufgrund der Größe des Mikrospalts aus. Die zum Zeitpunkt der Implantation angefertigte Röntgenaufnahme zeigt stabilen Knochen an den gesetzten Implantaten, aber nach 2 Monaten trat eine Knochenresorption auf. Daher verursachen mechanische Faktoren des Implantatdesigns nicht alleine einen Knochenverlust, weil er trotz der idealen Verbindung auftrat. Wegen des breiten Alveolarkamms konnte er auch nicht auf eine ungünstige anatomische Ausgangssituation zurückgeführt werden. Außerdem zeigt die beim Einsetzen der Restauration angefertigte Röntgenaufnahme einen massiven krestalen Knochenverlust, der sich nicht alleine durch das Implantatdesign erklären lässt.
Abb. 2-22Knochenverlust an Ankylos-Implantaten mit Morse-TaperVerbindung und Platform-Switching (Fa. Dentsply Sirona) als Beleg dafür, dass das Implantatdesign zwar wichtig ist, aber nur teilweise zum Erfolg beiträgt. (a) Ausgezeichnete klinische Situation mit breitem Knochenkamm. (b) Es gibt mehr als genug befestigte bukkale periimplantäre Mukosa, somit bestehen ausgezeichnete Weichgewebebedingungen. (c) Die Implantate wurden korrekt gesetzt. (d) Der krestale Knochenverlust vor der Belastung zeigt, dass noch weitere Faktoren zum Knochenverlust beitragen. (e) Röntgenaufnahme beim Einsetzen der Restaurationen. (f) Die Querschnitte des Implantatdesigns zeigen eine komplett versiegelte und stabile Verbindung.
Was also wurde in diesem Fall übersehen? Die Antwort lautet: die Biologie. Die nachfolgenden Kapitel werden auf die verborgenen biologischen Faktoren eingehen, wie die vertikale Weichgewebedicke und deren Einfluss auf die Knochenstabilität. Abbildung 2-23zeigt beispielsweise Implantate mit Platform-Switching und Konusverbindung, die auf Knochenniveau gesetzt wurden. Nur bei einem jedoch blieb das Knochenniveau stabil, während am anderen ein Knochenverlust auftrat. Deswegen muss immer das klinische Gesamtbild berücksichtigt werden.
Abb. 2-23Zwei Implantate mit Platform-Switching und konischer Verbindung zeigen unterschiedliche Ergebnisse. (a) Deutliche Knochenresorption. (b) Implantat mit Platform-Switching auf Knochenniveau. (c) Ausgezeichnete Knochenstabilität.
Zusammenfassung
Der polierte Implantathals wird nicht osseointegriert und erzeugt einen Knochenverlust, wenn er unterhalb des Knochenniveaus platziert wird.
Ein Mikrospalt ist verheerend für den Knochen, da es zum Austreten von Bakterien und zu Mikrobewegungen des Abutments im Implantat kommt.
Durch Platform-Switching wird der Mikrospalt in horizontaler Ebene nach innen verschoben, sodass die bakterielle Leckage vom Knochen entfernt wird.
Eine konische Verbindung stabilisiert den Implantat-Abutment-Übergang, schließt aber für sich genommen einen Knochenverlust nicht aus.
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