Häufig traf ich mich mit Sufis in ihren Gebetszentren und begleitete sie auf ihrer Pilgerreise zum Grab eines ihrer Heiligen. Die Treffen öffneten wirklich viele Türen zu wichtigen Gesprächen, die in Jesus und dem Heiligen Geist gegründet waren. Die Sufis wurden auch von Muslimen als Menschen des Friedens angesehen.
In Zusammenarbeit mit anderen christlichen Gemeinschaften entstand in Garissa, im muslimischen Nordosten Kenias, ein ähnliches Zentrum wie das Eastleigh Fellowship Center . Dieses Zentrum gründete auf den Prinzipien der Sufis, Gemeinschaft zu pflegen. Die beiden Zentren, das eine in Garissa, das andere in Eastleigh, brachten den christlichen Glauben innerhalb der sie umgebenden Sufi-Gemeinschaften auf kontextuell angepasste Weise zum Ausdruck. In diesem Kontext schätzten die Muslime die christlichen Gemeinschaften von Eastleigh und Garissa als Gemeinschaften der Frömmigkeit, des Gebetes, Dienstes und Friedenstiftens.
Man kann den Gebetsdienst nicht genug würdigen, der aus dem Zentrum von Garissa heraus entstand. Eine kanadische Christin hatte die Vision für den Gebetsdienst für Somali, und ihr schloss sich ein kleines Team an. Auch inmitten von turbulenten und konfliktreichen Zeiten in ihrer Region hielten sie an ihrem Dienst des heilenden Gebets fest. Sie harrten aus, auch wenn ihr Leben bedroht war. Es gab Märtyrer; es geschahen Wunder. Manchmal berührte Jesus eine gebrochene Flüchtlingsfrau und offenbarte sich ihr als gnädiger Heiler. Dieses Gebetsteam hielt geduldig über zwei Jahrzehnte im Gebet aus.
Eine globale Sicht auf die Beziehungen zwischen Christen und Muslimen
Sechs Jahre nach unserer Ankunft in Kenia wurde uns klar, dass die Zeit gekommen war, wieder zu gehen, um den Afrikanern die Gelegenheit zu geben, unsere vielen verantwortungsvollen Aufgaben zu übernehmen. Daher zogen wir nach Lancaster County, Pennsylvania, unserer Heimat in den Vereinigten Staaten. In den darauffolgenden Jahren leitete ich die Eastern Mennonite Mission (EMM) sowohl in ihren lokalen als auch globalen Programmen. In diesen Aufgaben war es mir immer besonders wichtig, unter den Muslimen glaubwürdig zu leben und Jesus zu bezeugen.
Als ich 1988 meine administrative Verantwortung bei der EMM niederlegte, machten Grace und ich den Dienst unter Muslimen zu unserem Kernauftrag. Dabei ist das Friedenstiften und Zeugnis von Christus unsere Hauptaufgabe. Wir arbeiten in einem Team zusammen. Wir nennen uns Christian/Muslim Relations Team, Peacemakers Confessing Christ . 17Erste Priorität des Teams ist es, freundschaftliche Beziehungen zu muslimischen Leitern in unserer Umgebung zu fördern. Wir schreiben und veröffentlichen Artikel und Bücher. Meine Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Wir sind in Nordamerika tätig, aber auch international sehr engagiert. Vor kurzem war es unserem Team möglich, nach Osteuropa und Südostasien zu reisen und in mehr als einem Dutzend Seminaren zu unterrichten und Dialoge über das Friedenstiften zu führen. Über die Hälfte dieser Begegnungen wurden durch Muslime mitfinanziert. Wichtiges Anliegen unseres Teams ist es zudem, christliche Gemeinden darin anzuleiten, wie sie gemeinsam mit muslimischen Gemeinschaften Frieden stiften können.
Die ersten Gespräche damals in Mogadischu in der Teestube und viele darauf folgende Diskussionen waren für mich eine Art Schule, die mich lehrte, wie man Gespräche mit Muslimen in der ganzen Welt führen kann. Für mich ist das, was ich in Mogadischu gelernt habe, besonders wichtig für die vielen Gespräche mit Muslimen in meiner Heimat, auch für die Gespräche mit meinen Nachbarn in Lancaster, Pennsylvania.
Ich werde immer wieder auf Episoden dieses Lernprozesses zurückgreifen, wenn ich in diesem Buch von unserem Auftrag spreche, Frieden unter Muslimen zu stiften. Ich hoffe, diese Berichte sind ermutigend und fungieren für uns als „Augenöffner“ für neue Möglichkeiten, wie wir trotz aller Herausforderungen freundschaftliche Beziehungen zwischen Christen und Muslimen so gestalten können, wie Jesus es uns in seinen Beziehungen in der damaligen pluralistischen Welt vorgelebt hat.
Fragen zur weiteren Diskussion
1.Beschreiben Sie eine freundschaftliche Beziehung zu einer Person, die einen anderen Glauben hat als Sie. Welche Verhaltensweisen oder Aussagen überraschen Sie manchmal in dieser Beziehung?
2.Stellen Sie sich vor, dass Sie aus beruflichen Gründen in ein muslimisches Land ziehen müssten. Was wären für Sie die größten Herausforderungen bei diesem Unterfangen?
3.Gläubige Muslime wollen, ebenso wie Christen, alle Lebensbereiche unter Gottes Herrschaft stellen. In welchen Bereichen können Muslime und Christen bei diesem Anliegen zusammenarbeiten? In welchen Bereichen wäre es schwierig? Woran könnte eine Zusammenarbeit scheitern?
4.Was sind die verschiedenen Kernaussagen und Ausrichtungen sowohl von muslimischen als auch christlichen Gemeinschaften? Welchen Unterschied bewirken sie im Leben von Muslimen und von Christen?
3Siehe Gemeinsame Überzeugungen , http://www.mennoniten.de/glaubensueberzeugungen.html, besucht am 25.9.2015. Alle sieben Überzeugungen sind wichtig, doch für dieses Buch sind vor allem die Themen wesentlich, die den gelebten Ausdruck der Liebe Gottes und die Hingabe an das Reich Gottes behandeln – auch wenn dies nicht als populär erachtet wird. Siehe auch: Alfred Neufeld, Was wir gemeinsam glauben – Täuferischmennonitische Überzeugungen . Neufeld Verlag, Schwarzenfeld 2008.
4Gläubige Muslime sind dazu verpflichtet, jeden Lebensbereich unter die Autorität Gottes zu stellen. Muslime nennen diese Verpflichtung Tauhid und sie glauben, dass der Koran die Anleitung enthält, wie Tauhid zu leben ist. Daher haben Muslime und Täufer eines gemeinsam: den Glauben, dass alles im Leben unter der Herrschaft Gottes stehen soll. Der Unterschied zu den Täufern besteht darin, dass Jesus Christus das Zentrum ist; bei den Muslimen ist der Koran die Quelle, die das Wesen Gottes offenbart.
5Die Bibel, 2. Korinther 5,18–21.
6Die Bibel: Johannes 20,19–22.
7Das Zitat ist von Kardinal Pietro Parolin, Staatssekretär des Vatikans. Der ganze Artikel findet sich bei Josef Federman und Tia Goldenberg, Associated Press, 8. Juni 2014, http://www.nytimes.com/aponline/2014/06/08/world/europe/ap-eu-rel-vatican-mideast.html?_r=0, besucht am 20.1.2015.
8Die Bibel: Matthäus 13,31–32.
9Der Koran bezeichnet Jesus als „den Messias“. So lautet die semitische Entsprechung von „Christus“. Sowohl das semitische Wort „ Messias “ als auch das griechische Wort „ Christos “ bedeuten das Gleiche: der Gesalbte . Da Muslime bestens mit dem Begriff „Messias“ vertraut sind, wenn es um Jesus geht, benutze ich generell „ Messias “, um von Jesus zu sprechen. Mir ist natürlich klar, dass die muslimische Theologie nicht die volle Bedeutung des Messiasseins Jesu versteht, so wie die Bibel sie offenbart, auch wenn Muslime von Jesus als dem Messias sprechen. Ich weiß auch, dass der Koran noch weitere Namen für Jesus gebraucht, wie z. B. „Zeichen“ (Sure 19:21), Gute Nachricht (Sure 3:45); das „Wort Gottes“ und „der Geist Gottes“ (Sure 4:171). Im Anhang gibt es eine ausgewählte Auflistung von Namen, mit denen Jesus im Koran bezeichnet wird. Ich empfehle zur weiteren Diskussion zudem mein Buch Journeys of the Muslim Nation and the Christian Church – Exploring the Mission of Two Communities , Kapitel 5 und 7. Oder auch: Tarif Khalidi (Hrsg.), The Muslim Jesus – Sayings and Stories in Islamic Literature .
10Die Bibel: Johannes 3,1–2.
11Anmerkung des Lektorats: Im Englischen ein Wortspiel mit dem Gleichklang Menno Knights/Mennonites .
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