Doug Johnstone - Der Bruch

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Doug Johnstone erzählt in seinem Kriminalroman die Geschichte von vier Geschwistern und einer drogensüchtigen Mutter, die in einem der vernachlässigten Viertel Edinburghs leben. Im Mittelpunkt steht der siebzehnjährige Tyler, der sich liebevoll um seine kleine Schwester Bean kümmert und sie vor ihrem aggressiven Bruder Barry zu schützen sucht. Zusammen mit ihrer Schwester Kelly steigen sie regelmäßig in fremde Häuser ein. Als der Einbruch beim Bandenchef Deke Holt misslingt, Barry dessen Frau nieder- sticht und lebensgefährlich verletzt, befindet sich Tyler plötzlich in einer ausweglosen Situation. Deke Holt sucht nach ihnen und die Polizei setzt ihn unter Druck, seinen Bruder zu verraten. Derr neue Roman von einem der besten Krimiautoren Schottlands.

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Der Bruch - изображение 1

Doug Johnstone

Der Bruch

Roman

Aus dem Englischen von Jürgen Bürger

Herausgegeben von Wolfgang Franßen

Der Bruch - изображение 2

Originaltitel: Breakers Copyright: © Doug Johnstone, 2019

Deutsche Erstausgabe, 1. Auflage 2021

Aus dem Englischen von Jürgen Bürger

Mit einem Nachwort von Hanspeter Eggenberger

© 2021 Polar Verlag e. K., Stuttgart

www.polar-verlag.de

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) oder unter Verwendung elektronischer Systeme ohne schriftliche Genehmigung des Verlags verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Redaktion: Eva Weigl, Nadine Helms

Umschlaggestaltung: Robert Neht, Britta Kuhlmann

Coverfoto: © Eléonore H /Adobe Stock

Autorenfoto: © Chris Scott

Satz/Layout: Martina Stolzmann

Gesetzt aus Adobe Garamond PostScript, InDesign

ISBN 978-3-948392-20-8

eISBN 978-3-948392-21-5

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Was würden wir an Tylers Stelle tun? Ein Nachwort von Hanspeter Eggenberger

1

Tyler starrte seine kleine Schwester an, während sie fernsah und das Licht vom Bildschirm über ihr Gesicht flackerte. Irgendein Zeichentrickfilm über einen Jungen, der einen Zauberring findet und sich in ein Superhelden-Mädel verwandelt, das Ganze also mit einer Portion coolem Gender-Kram. Bean kaute auf ihrer Unterlippe, lächelte dann, und er sah die Lücke vorne, wo der Milchzahn ausgefallen war. Er hatte der Zahnfee zwei Mäuse aus den Rippen geleiert, nachdem er von seiner Schwester erfahren hatte, was aktuell auf dem Schulhof als der übliche Preis galt. Er war überrascht, dass sie angesichts all dessen, was sonst so abging, immer noch daran glaubte.

»Okay, Kurze, Zeit fürs Bett«, sagte er.

Sie schüttelte den Kopf, die Augen weiter auf den Fernseher fixiert.

Er griff nach der Fernbedienung und der Bildschirm wurde schwarz, es blieb nur noch das gedämpfte Licht der Ecklampe.

»Ist schon längst Schlafenszeit«, sagte er. »Und ich muss bald los.«

Bean drehte sich um. »Wo ist Mum?«

»Im Bett.«

»Ist sie betrunken?«

Tyler seufzte. »Sie war müde.«

»Sie ist betrunken.«

Sollte sie denken, Angela wäre betrunken, denn die Wahrheit war viel schlimmer.

Bean spielte mit Pandas Ohr. Tyler hatte das Stofftier vor ein paar Jahren bei einem Bruch in Merchiston mitgehen lassen. Einen Moment lang hatte er sich blöd gefühlt, aber auf dem Bett dieses Mädchens waren Hunderte Kuscheltiere aufgereiht gewesen, und Bean hatte gar nichts. Er fragte sich, ob das andere Mädchen wohl geweint hatte, als es entdeckte, dass Panda weg war.

»Können wir noch aufs Dach?«, fragte Bean.

»Nein, komm jetzt.«

»Bitte.«

»Morgen ist Schule.«

Sie warf ihm einen Blick zu, wie so eine Manga-Figur, das Kinn gesenkt, die Augen nach oben. »Bitteeeee.«

Tyler sah auf die Uhr. Was für eine Rolle spielte es schon? Er blickte sich in dem winzigen Wohnzimmer um, zwei schäbige Sofas, abgewetzte Teppichfliesen, ein Radiator in der Ecke. Der einzige teure Gegenstand war der Sony LCD Breitbildfernseher, den er aus einer Villa an der Cluny Gardens mitgenommen hatte, die an den Blackford Pond angrenzte. Normalerweise ließen sie die Finger von Fernsehern, denn die waren echt scheiße zu transportieren, doch er wollte ihn für Bean.

»Aber nur ganz kurz«, sagte er.

Sie lächelte und umarmte ihn.

»Ich mein’s ernst«, sagte er. »Ich muss noch mal weg. Barry kommt gleich vorbei.«

Bean runzelte die Stirn und Tyler bedauerte, seinen Halbbruder erwähnt zu haben. Er streckte die Hand aus und sie ergriff sie, wobei sich ihre Hand feucht anfühlte, als er mit ihr den Flur hinunterging.

Er nahm die Schlüssel aus einer Holzkiste, die neben der Haustür als Tisch diente. Er nahm die Hakenstange, die er aus einer Gardinenleiste improvisiert hatte, und eine Decke, die auf dem Boden lag. Bean trug ihren Pyjama und darüber den Onesie, und da oben würde es kalt sein, jeder Windhauch verwandelte sich in dieser Höhe in einen Sturm. Er fegte von der Liberton Brae herunter, übers Krankenhaus und die Ebene hinter Craigmillar Castle, und seitdem die meisten anderen Betonsilos abgerissen worden waren, bekam ihr Hochhaus das meiste ab.

Er verriegelte die Wohnungstür und ging den Korridor hinunter, fort vom Fahrstuhl und der anderen Wohnung, in der Barry und Kelly lebten. Barry hatte eine syrische Familie so lange unter Druck gesetzt, bis sie vor einigen Monaten ausgezogen waren, und jetzt hatten die Wallaces die ganze Etage für sich, als wär’s ein billiges Penthouse.

Tyler öffnete mit dem Haken die Falltür aufs Dach und zog die Aluminiumleiter herunter. Mit der Decke über der Schulter und den Schlüsseln in der Hand stieg er hinauf und öffnete das Vorhängeschloss an der Stahltür am oberen Ende. Es war eine Wartungstür, aber er hatte schon vor Jahren das ursprüngliche Schloss aufgebrochen und es durch sein eigenes ersetzt, die Typen von der Hausverwaltung kamen ohnehin nie hier herauf.

Er sah zu Bean hinunter. »Komm rauf, aber schön beide Hände benutzen.«

Sie legte Panda auf den Boden und kletterte die Leiter hinauf. Die letzten paar Stufen half er ihr, dann drückte er die schwere Tür auf und spürte sofort die kalte Luft auf dem Gesicht. Er aktivierte die Taschenlampe seines Smartphones und sie überquerten die schuppige Teerpappe auf dem Dach zur Westseite, wo zwei zusammengelegte Gartenstühle standen. Einen davon klappte er auf und setzte sich, und Bean stieg auf seinen Schoß, während er die Decke über ihnen ausbreitete. Er schaltete die Taschenlampe aus und die Dunkelheit verschluckte sie.

Sie befanden sich im fünfzehnten Stock oben auf dem Greendykes House. Ihnen gegenüber stand das identische Wauchope House – es waren die letzten beiden noch verbliebenen Hochhäuser der Gegend. Umgeben waren sie von Brachland und einer riesigen Baustelle, wo Barratt Developments das neue Viertel Greenacres aus dem Boden stampfte, Hunderte von Wohnungen und Einfamilienhäusern. Das stand zumindest auf dem großen Schild mit der glücklichen, lächelnden Familie darauf. Vorerst waren es nur Bagger und Abraum, eingefasst von Stacheldraht und überwacht von einem privaten Sicherheitsdienst. Vermutlich für den Fall, dass irgendwer Bock hatte, einen Bagger oder ein paar Kabel oder Rohre zu klauen. Tyler dachte über die logistischen Probleme nach, etwas so Großes zu stehlen, er selbst war ja kleinere Gegenstände gewohnt.

Er überlegte, wie es wohl sein würde, Hunderte neuer Nachbarn zu haben, wenn Greenacres erst mal fertig war. Schlimmer als das Dreckloch, das es vorher gewesen war, konnte es nicht werden, ausgebrannte Häuser und baufällige Läden, Drogenhöhlen und Gang-Treffs. Auf den Straßen wurden Rennen mit kurzgeschlossenen Autos und getunten Scramblern gefahren.

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