Impressum
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.deabrufbar.
© 2021 Verlag Anton Pustet
5020 Salzburg, Bergstraße 12
Sämtliche Rechte vorbehalten.
Lektorat: Martina Schneider
Covergestaltung, Grafik und Produktion: Nadine Kaschnig-Löbel
Coversujet: lzf/shutterstock.com
eISBN 978-3-7025-8084-1
auch als gedrucktes Buch erhältlich, ISBN 978-3-7025-1027-5
www.pustet.at
Bildnachweis:
Sabine Deubler: S. 8, 20, 34, 62, 76, 90, 118, 130; Privat: S. 29, 46, 55, 69, 83, 99, 104, 113, 137; Christian Schneider: S. 19
SABINE DEUBLER
Wenn Lebenskrisen stärken
Vorwort
Beinahe verstummt
„Schwester Michaela, es ist dringend!“
Jawid gab nicht auf
Stillgeboren
Ironman
Dem Alkohol entkommen
26 Jahre lang „schief“
Göttin des Glücks
Fünf Jahre obdachlos, sieben Jahre Knast
Aufgeblüht
Sie waren ihrem Schicksal ausgeliefert. Die im vorliegenden Buch vorgestellten Menschen erlebten in ihrem Leben einen schweren Bruch. Doch sie alle schafften es, wieder aufzustehen.
Als Journalistin durfte ich in den vergangenen 20 Jahren zahlreiche Menschen kennenlernen, die mich beeindruckt haben. Viele von ihnen haben Lebenskrisen durchgemacht und sind daraus gestärkt hervorgegangen. Ich wollte diese Geschichten immer hören und publizieren, um anderen Menschen in ähnlichen Situationen Mut zu machen. Als im Corona-Frühjahr 2020 auch mein Arbeitgeber Kurzarbeit einführte, begann ich mit der Arbeit für dieses Buch. Ich wollte es schon lange schreiben. Die drei Monate waren meine Gelegenheit, es zu beginnen. Michael – inzwischen mein Ehemann – unterstützte mich vom ersten Tag an. Auch im Freundeskreis, im Berufsnetzwerk und bei Vereinen halfen mir viele, die passenden Menschen für „Der Bruch“ zu finden. Was sie erlebt haben, soll zeigen, dass man aus einer schweren Zeit wieder herauskommen kann. Es geht um Themen, die in unserer Gesellschaft oft vorkommen, aber selten offen besprochen werden. So zerstört Alkoholabhängigkeit vieles, doch man kann die Sucht hinter sich lassen und neu beginnen. Eine Depression und Suizidgefahr anzuerkennen, rettet Leben und birgt die Chance, dass sich Betroffene endlich selbst lieben. Fehlgeburten können am Ende Teil einer erfüllenden Familiengeschichte sein. Eine lebensgefährliche Krankheit zu überleben, lässt leisertreten und das Leben schätzen.
Die vier Männer und sechs Frauen haben unterschiedliche Lebenskrisen erlebt, die jedem widerfahren könnten. Man spricht nur nicht gern darüber. Bei der Recherche scheiterte ich mehrmals an dieser Hürde. Umso mutiger finde ich die hier Porträtierten.
Sie lassen uns ein Stück weit in ihre Seele schauen, um damit Mitmenschen aufzubauen. Was sie zu erzählen haben, soll andere dazu ermutigen, über Scheitern zu reden. Denn das Darüber-Reden ist wichtig. Das lernte ich aufs Neue, als ich in die Lebenswelten der zehn Personen eintauchen durfte. Ob sie mir in einer adrett dekorierten Küche, in einem verrauchten Zimmerchen oder in einem freundlich eingerichteten Vereinsraum über ihren „Bruch“ im Leben erzählten – diese Frauen und Männer hatten ihr Schicksal angenommen und sich anderen mitgeteilt. Mit deren Hilfe kamen sie wieder auf die Beine. Sie sind heute stärker als zuvor. Wie ich aus persönlichen Schicksalsschlägen weiß, braucht man manchmal die Geschichten anderer Menschen, um selbst neue Perspektiven zu finden. Wenn sie es schaffen, einen zu ergreifen, machen sie Hoffnung. Dann kann auch der Mut kommen, sein eigenes Leben wieder in die Hand zu nehmen.
Ich wünsche Ihnen eine berührende Lektüre, die Ihren Lebensmut stärkt.
Ihre
Sabine Deubler
Innezuhalten und das Leben zu schätzen, das hat Stimmtrainer Arno Fischbacher nach einer Stammzellentransplantation gelernt. Seine Ehefrau half ihm dabei, gesund zu werden.
Einer der bekanntesten Stimmtrainer Salzburgs lebt ein Leben unter Hochdruck, als ihm eine lebensbedrohliche Erkrankung den Boden unter den Füßen wegreißt. Um wieder auf die Beine zu kommen, muss Arno Fischbacher, ein Macher, körperlich, mental und wirtschaftlich alles geben. Diese Zeit verändert ihn. Zum Glück, wie er meint. Sogar der Covid-19-Krise trotzt er Gewinnbringendes ab.
Im Vollgasmodus. So führt Arno sein Leben bis 2015. Schon mit 15 Jahren verlässt er seine Eltern und geht von Oberösterreich nach Salzburg. Macht eine Goldschmiedlehre samt Meisterprüfung. Baut das Theater Elisabethbühne Salzburg mit auf. Arbeitet sich dort in rund 20 Jahren vom Schauspieler bis zum kaufmännischen Leiter hinauf. Gestaltet danach den Start des Radiosenders Welle 1 mit. Ende der 1990er-Jahre gründet der Schauspieler als Stimmtrainer sein eigenes Unternehmen. Sein Slogan lautet: „Ich mache Stimmbesitzer zu Stimmbenützern.“ Sein Versprechen an Kunden: Wer bei ihm gutes Sprechen im „Eigenton“ lerne, der überzeuge im Geschäftsleben.
Ich wollte mich als Stimmtrainer und Bühnenredner profilieren. Das habe ich geschafft und jeden Applaus genossen. Zurückblickend denke ich, ich habe mir etwas beweisen wollen. Mir ist es wichtig gewesen, wie mich andere finden. Zwischen den vielen Seminaren im In- und Ausland bin ich nur wenig zu Hause gewesen. Und wenn ich da war, war ich in Gedanken schon wieder woanders. Körperliche Bedürfnisse habe ich damals hintangestellt. Es ist mir nicht wichtig vorgekommen, ob ich müde oder hungrig bin. Irgendwann habe ich das auch nicht mehr so gespürt. Stress hat mich zur Hochleistung getrieben. Zeitdruck war mein Motor .
Aber der Motor sollte ins Stocken kommen. Ein Gesundheitscheck zeigt, dass Arno Fischbachers Leben in Gefahr ist. Dass der Business-Stimmcoach an dem Test überhaupt teilnimmt, ist Zufall. Man lädt ihn dazu ein. Den Brief öffnet er in seinem Büro im schmucken Andräviertel in Salzburg. Es ist ein Junitag im Jahr 2015. Die Salzburger Christian-Doppler-Klinik wendet sich mit einer Bitte an den damals 59-Jährigen: Man untersuche gerade den Gesundheitsstatus von 10 000 Salzburgern. Er möge doch an dieser großen Studie teilnehmen.
Begeistert war ich nicht. Aber eine Gesundenuntersuchung war damals sowieso fällig. Und so genau wie in einer klinischen Studie wirst du normalerweise nicht gecheckt. Also habe ich mich dafür entschieden. Ich habe gedacht: Dann investierst du halt für diese Studie einen halben Tag Lebenszeit. Als ich drei Wochen später zur Untersuchung in die Klinik gegangen bin, hat die Sonne gestrahlt. Die Tests haben um sieben Uhr morgens begonnen. Um 12.30 Uhr hat mich der Arzt zum Gespräch bestellt. Und siehe da: Alle meine Werte sind bestens. Herz, Leber, Lunge, Cholesterin – alle top. Aufeinmal stutzt der Arzt. Er deutet mit dem rechten Zeigefinger auf eine Stelle im Befundbogen und sagt: „Nur da, da ist etwas. Die Blutwerte passen nicht ganz.“ Und er meint: „Da müssen wir nachschauen.“ Mich hat das nicht beunruhigt. Ich habe mir einfach gedacht: „Na gut. Dann schauen wir nach.“
Читать дальше