Am schnellsten wäre es gewesen, selbst zu gehen. Aber das war unmöglich. Er war erst seit einem Tag im Wald und zweimal knapp Schändung und Tod entronnen. Er würde den Weg zu seiner Burg nie überleben. Logan dagegen –
»Würdest du eine Nachricht für mich überbringen?«, fragte Cian leise. »Es ist wirklich wichtig.«
»Nein.« Das Tier half ihm über einen weiteren Felsen. Nun mussten sie sich durch dichtes Gebüsch kämpfen. Ligusterzweige kratzten Cians Unterschenkel auf.
»Es ist wirklich sehr wichtig.« Cian schluckte. »Mein Rudel ist in Gefahr und ich weiß nicht, wie ich ihnen rechtzeitig Bescheid sagen soll. Wir würden dich gut bezahlen, da bin ich sicher. Mein Vater ist der Rudel-Chief der MacKays.«
»Hui.« Das Tier streckte die Hand aus, um Cian aufzuhalten. »Warte.«
Was war? Hatte er etwas gehört? Nervös blickte Cian sich um, versuchte, hinter den dichten Stämmen und Büschen mehr zu erkennen. Nichts. Als er sich umwandte, hörte er ein Plätschern. Logan hatte ihm den Rücken zugedreht und erleichterte sich gegen den Stamm einer Birke.
Mit roten Wangen wandte Cian sich wieder ab. Er hatte nichts gesehen. Also, nichts Schlimmes. Weit weniger als bei ihrem letzten Treffen, als das Tier nackt vor ihm gestanden hatte. Nur zwei stämmige Oberschenkel und den wahren Bach, der die Rinde herunterlief. Schlimm genug. Seine eigene Blase zwickte und er hätte am liebsten den Kilt hochgerissen, um es Logan gleichzutun. Doch seine Hände waren gebunden. Wortwörtlich.
»Du hättest mich warnen können«, zischte er. »Ich will das nicht sehen.«
»Dann schau weg.«
»Zu spät.« Unruhig trat Cian von einem Fuß auf den anderen. Er presste die Oberschenkel zusammen und schluckte. »Ich muss auch.«
»Hast du erwähnt«, sagte das Tier gleichmütig. »Ich bin gleich fertig, dann binde ich dir eine Hand los.«
Cian wimmerte. Er biss sich auf die Lippen und bat seine Blase, nicht aufzugeben. Warum musste sie plötzlich so klein sein? Lag es an dem Plätschern hinter ihm?
»Bitte beeil dich«, bat er panisch. »Ich habe nicht gewusst, wie dringend es ist, bis du dich hier erleichtert hast wie ein Köter.«
»Ist ja gut.« Logan trat hinter ihn und packte seine Arme. Er zog an dem Seil. Cian presste die Beine zusammen und verfluchte den verdammten Wein und das blöde Wasser, das er davor gesoffen hatte und betete. »Mist.«
»Was?«
»Ich habe den Knoten lange nicht mehr gemacht«, gab das Tier zu. »Ich glaube, ich muss die Schlaufe hier lösen.« Cian spürte ein Ziehen um das Handgelenk. Aber die ersehnte Befreiung blieb aus. »Nein, auch nicht. Moment.«
»Ich hab keinen Moment«, brachte Cian zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Nimm dein Schwert.«
»Dann ist das Seil kaputt.«
»Egal!«
Misstrauen färbte Logans Stimme. »Ist das ein Versuch, abzuhauen, Hexenbalg?«
»Das ist ein Versuch, mich nicht einzupissen«, fauchte Cian. Schon wieder , fügte er in Gedanken hinzu.
Das Tier seufzte. Dann spürte Cian kalte Luft an seinen Genitalien. Logan hatte seinen Kilt gehoben. Vorne. Und dann packte er Cians Rute.
»Lass laufen«, sagte Logan, viel zu nah an Cians Ohr.
Cian war zu schockiert, um irgendetwas zu tun. »Lass mich los!«
»Cian, wenn du willst, dass ich dich entkommen lasse, hast du dich geschnitten. Das ist ein ganz billiger Trick.«
»Ist es nicht!«
»Warum schiffst du dann nicht?« Logans Stimme war eine einzige Drohung. »Spielst du mir nur was vor, Hexenbalg?«
Cian war in seinem ganzen Leben noch nie in einer derart peinlichen Lage gewesen. Oder so wütend. »Du verblödetes Tier«, grollte er. »Ich kann mich nicht erleichtern, wenn jemand zusieht. Das war schon immer so. Im Gegensatz zu dir bin ich auf einer Burg aufgewachsen. Unter zivilisierten Menschen.«
»Lügner.« Logan klang wie ein Monster aus der Unterwelt. Und Cian wand sich in seinem Griff. Die warmen, rauen Finger um seinen Schwanz hätten bestimmt furchtbare Dinge verursacht, wenn er nicht kurz vorm Überlaufen gewesen wäre. »Du schäbiger Lügner«, knurrte Logan. »Du pisst mir jetzt einen schönen See oder ich glaube dir nicht mehr, dass du kein Hexer bist.«
Was für eine absurde Situation. Und Cian konnte es nicht. Konnte sich nicht so weit entspannen, obwohl er fast platzte. »Ich sag doch, ich kann das nicht. Nicht, wenn du zusiehst.«
Das Tier tat etwas Abscheuliches. Er brachte seinen Mund noch näher an Cians Ohr, so nah, dass sein Atem über die heiße Haut strich. »Sscchh«, machte er.
Das Geräusch war zu viel, selbst für Cian. In ihm löste sich etwas und ein Strahl schoss aus ihm heraus. Direkt in das dornige Gebüsch vor ihm. Mit brennenden Wangen sah er, wie sein Wasser von den Blättern tropfte, roch, wie der süßliche Geruch die Luft erfüllte.
Ich hasse dich, Tier , dachte er. Schluchzen stieg in ihm auf. Das war mit Abstand die peinlichste Lage, in der er je gewesen war. Und sie hörte nicht auf.
»Gut, ich glaube dir«, sagte das Tier. »Das ist ja der reinste Wasserfall.«
»Halt die Klappe«, würgte Cian hervor. »Die Situation ist schlimm genug. Du musst sie nicht noch kommentieren.« Er wollte sterben. Oder weit weg von hier sein. So weit wie möglich. Erst recht, als der Druck langsam nachließ und sein Körper die Berührung der warmen Handflächen registrierte. Langsam füllte seine Rute sich mit Blut. Der Strahl stieg.
»Woran hast du denn jetzt gedacht?«, fragte Logan.
»Meinen Verlobten«, log Cian. »Er ist äußerst attraktiv.«
»Ich wusste nicht, dass du jemandem versprochen bist.« Die Stimme des Tiers klang seltsam.
Entsetzt sah Cian zu, wie sein Strahl versiegte und seine Rute immer härter wurde. »Bin ich. Schon seit fast einem Jahr. Lass los!«
»Bist du sicher?«, fragte Logan. »Sieht aus, als hättest du Spaß.« Aber er ließ los, nicht, ohne die letzten Tropfen von Cians Rute zu schütteln. Was sie nur noch härter machte. Warmes Kribbeln rann durch Cians Unterleib. Endlich fiel der Kilt wieder über seine Schenkel, konnte die Erhebung darunter aber nicht ganz verbergen.
»Gut, dann ist das erledigt«, sagte das Tier und wandte sich ab. »Weiter geht’s.«
»Das war abscheulich!«, rief Cian. Vögel flatterten auf, ihre Flügelschläge durchbrachen die Luft über ihm. »Einfach abscheulich! Wie konntest du das tun?«
»Dich davor retten, dich einzunässen?« Der Mistkerl klang gleichmütig. »Ich dachte, das wolltest du.«
»Ich wollte nicht, dass du mich anfasst«, zischte Cian. »Nicht da. Ich verlange eine Entschuldigung.«
Logan drehte sich um und einen Moment war Cian sicher, dass er hier sterben würde. Hier, zwischen den dunklen Stämmen, weit weg von seinem Rudel. Die eisblauen Augen des Tiers waren vollkommen ausdruckslos.
»Ich entschuldige mich«, sagte er unerwartet, »sobald ich weiß, dass du kein Hexer bist.«
»Dann wirst du dich in Kürze entschuldigen müssen.« Cian hob das Kinn und hoffte, dass die Luft seine Wangen kühlen würde. Gerade fühlten sie sich an, als müsste er verbrennen.
Wortlos wandte das Tier sich ab und stapfte voran. Cian stolperte hinterher. Er würde dem Mistkerl nie wieder in die Augen sehen können. Immer, wenn der ihm über ein Hindernis half, wandte Cian den Blick ab.
Wann kommt dieser Eisenstein endlich? , dachte er. Lieber dahingemetzelt von diesem Monster als dass ich weiter seine Anwesenheit ertragen muss. Nicht, nachdem er das gesehen hat. Und kommentiert. Und mir dabei helfen musste wie einem alten Greis.
»Mistkerl«, murmelte er, als Logan kurz außer Hörweite war.
»Verwöhntes Balg«, knurrte der und Cian zuckte zusammen. Das Tier drehte sich um und wieder glaubte Cian, dass er hier sterben würde. »Wir sind da.«
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