„Na ja, Hexenmädchen-ädchen, weil wir dich um einen Gefallen bitten möchten-öchten“, sagte einer der Feuxe. „Vielleicht kannst du uns ja auf so einem Flitzeflug mitnehmen-ehmen? Das wäre ganz wundervoll-oll!“
Flora lachte erleichtert auf. Den Gefallen konnte sie den Kleinen gern tun. „Natürlich mache ich das“, antwortete sie.
Flora nahm alle neun Feuxe auf einmal in ihren Stoffbeutel. Kringel miaute ein wenig erstaunt. Das war doch eigentlich sein Platz und nun sollte er am Boden bleiben und zusehen? Das passte ihm gar nicht. Doch es blieb ihm nichts anderes übrig, denn nun machte Flora mit den Feuxen einen rasant schnellen Flitzeflug quer durch den Efeuwald.
Die Feuxe johlten vor Vergnügen. Sie kreischten und lachten so laut, dass alle Vögel im Wald aufflatterten und das Weite suchten.
„Das hat vielleicht Spaß gemacht-acht!“, keuchten die Efeumännchen atemlos, als Flora den Besen wieder nach unten steuerte.
Einer der Feuxe sprang als erster aus dem Beutel. Er stellte sich vor Flora hin und sah ihr fest in die Augen. „Wenn du versprichst-ichst, niemandem von uns zu erzählen-ählen, und ab jetzt öfter mit uns solche Flitzeflüge machst, dann verraten wir dir noch ein großes Geheimnis-is.“
„Ich verspreche es“, sagte Flora. „Das heißt … dürfte ich vielleicht meinen besten Freunden von euch erzählen? Sie sind wirklich schwer in Ordnung, ihr könnt ihnen vertrauen. Hille, Malte und Laurus heißen sie.“
Die Feuxe überlegten. „Also gut-ut“, sagten sie zögernd. „Aber nur die drei-ei. Sonst darfst du wirklich niemandem von uns erzählen-ählen.“ „Ich verspreche es hoch und hexig!“, sagte Flora und legte feierlich zwei Finger an ihren Hut. „Und ich verspreche außerdem, dass ich euch nun ganz oft auf Flitzeflüge mitnehme.“
Die Feuxe nickten alle sehr zufrieden. Sie setzten sich in Bewegung und bedeuteten Flora, ihnen zu folgen. Kringel trottete hinterher, immer noch ein wenig beleidigt.
„Komm, Hexenmädchen-ädchen, gleich sind wir beim Geheimnis-is!“ Im nächsten Augenblick standen sie auf einer Lichtung vor einem kleinen Hexenhäuschen, mitten im Wald. Es war über und über mit Efeu bewachsen. Leer und verlassen stand es da. Ein Fensterbalken hing schief in den Angeln, die Scheiben waren vor lauter Spinnweben fast nicht zu sehen. Flora ging mit den Feuxen einmal um das Häuschen herum. Hinten gab es einen kleinen Gemüsegarten.
„Es steht seit vielen Jahren leer-eer“, erklärten die Feuxe. „Wenn du willst, Hexenmädchen-ädchen, kannst du darin wohnen-ohnen.“
Flora riss erstaunt die Augen auf. „Äh … ich habe nicht vor, in den Efeuwald umzuziehen“, begann sie vorsichtig. Sie wollte die Feuxe nicht beleidigen. Darum dachte sie kurz nach. „Aber meine Freunde und ich, wir könnten dieses Häuschen wunderbar brauchen. Wir könnten es als geheimen Treffpunkt nutzen! Dürfen wir?“
„Ja, natürlich-ürlich“, erwiderten die Feuxe. „Ihr könnt kommen, wann ihr wollt-ollt. Dann sind wir nicht so allein im Wald-ald.“
„Warum wohnt denn ihr nicht in diesem Häuschen?“, fragte Flora.
Die Feuxe schüttelten alle miteinander den Kopf. „Wir brauchen über uns den freien Himmel-immel“, sagten sie. „Wir laufen den ganzen Tag im Wald-ald umher und nachts schlafen-afen wir in kleinen Hängematten in den Bäumen-äumen.“
„Ich sage euch, es ist ideal für uns“, erklärte Flora später ihren Freunden. Malte, Hille und Laurus saßen auf dem Flickenteppich in Floras Zimmer und hörten ihr gespannt zu. Um Floras Hut kringelte sich immer noch die Efeuranke. Die Feuxe hatten sie ihr zum Abschied wieder mitgegeben. Sie sei ein echter Glücksbringer, hatten sie noch behauptet.
Flora redete weiter: „Dort haben wir unsere Ruhe vor den Erwachsenen und auch Majoranus und seine Freunde können uns nicht auf die Nerven gehen.“
„Und es steht wirklich leer?“, fragte Hille.
Flora nickte. „Ja, seit vielen, vielen Jahren. Das haben die Feuxe zumindest behauptet.“
„Also, dass es im Efeuwald gar keinen richtigen Spuk gibt, sondern so komische grüne Kobolde, finde ich ja fast noch spannender als das Häuschen“, meinte Malte.
„Wann können wir uns die Feuxe und das Efeuhäuschen ansehen?“, wollte Laurus wissen.
Malte schaute aus dem Fenster. „Es dämmert bereits“, stellte er fest. „Jetzt ist es zu spät. Lasst uns morgen dorthin fliegen.“
„Ich muss sofort aufbrechen“, sagte Hille. Sie stand schon auf dem Fensterbrett, bereit zum Abflug.
„Komm gut nach Hause“, sagten Flora, Malte und Laurus.
„Danke“, rief Hille und flatterte los in die Abenddämmerung hinein. Am nächsten Tag schien es, als wolle die Schule kein Ende nehmen. Flora konnte sich kaum gedulden. Sie wollte endlich ihren Freunden das Efeuhäuschen zeigen.
In der letzten Stunde hatten sie Tierkunde. Frau Boswelia erzählte von den magischen Tieren, die überall im Hexenrosendorf kleine Aufgaben übernahmen. „Zum Beispiel die Grashüpfer im Grasdachviertel“, erklärte sie, „die übermitteln kleine Botschaften. Aber sie tragen keine Briefe aus, sondern flüstern dem Empfänger die Botschaft ins Ohr. Malte, wie ist das denn im Wasserviertel? Du lebst doch mit deiner Familie dort.“
Malte setzte sich sofort ganz aufrecht hin und begann, von den magischen Goldfischen zu erzählen. „Also, im Wasserviertel haben wir ja anstelle von Straßen Wasserkanäle. Wir schicken uns die Neuigkeiten per Flaschenpost und die magischen Goldfische schieben diese Flaschen an und steuern sie an die richtigen Adressen.“
„Und welche magischen Tiere kennt ihr noch?“, fragte Frau Boswelia. „Magische weiße Tauben, sie bringen die Post im Windmühlenviertel“, rief Cosmea einfach heraus, ohne aufzuzeigen.
„Im Türmchenviertel gibt es flammenrote Spechte“, warf Laurus dazwischen. „Sie fliegen hoch zu den Fenstern und klopfen mit ihren Schnäbeln an die Scheiben, bis man ihnen öffnet. In ihren Schnäbeln sind die Briefe eingeklemmt.“
Frau Boswelia nickte. „Im Hexenrosenstädtchen wimmelt es also nur so von magischen Tieren“, sagte sie.
„Auf unserem Hausdach wohnen zwei magische Raben“, rief Flora. „Sie heißen Nux und Borax, können sprechen und beobachten alles, was im Städtchen geschieht. Abends berichten sie mir dann davon.“ „Solche Raben hätte ich auch gern“, meinte Viola, ein Hexenmädchen in der ersten Reihe.
„Sie gehören mir doch nicht“, verbesserte Flora sie. „Sie leben nur zufällig auf unserem Hausdach.“
„Ich habe eine Überraschung für euch“, verkündete Frau Boswelia nun. „Wir werden bald einen Ausflug ins Magische Tierhaus machen. Dort könnt ihr noch viel mehr magische Tiere bewundern.“
„Jaaaa!“, jubelte die ganze Klasse. Ausflüge waren immer gut. Dann musste man wenigstens nicht still sitzen.
Am Nachmittag trafen Flora, Hille, Laurus und Malte sich an der Südostecke des Efeuwaldes. Kringel war natürlich auch mit dabei. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg. Eigentlich war es im Efeuwald wunderschön. Zwischen den Bäumen wuchs weiches Gras, Vögel zwitscherten fröhlich, und es gab jede Menge Brombeersträucher, von denen man naschen konnte. Als sie schließlich vor dem Efeuhäuschen standen, staunten Floras Freunde. „Das ist ja wunderbar!“, rief Hille begeistert. „Und das dürfen wir wirklich benutzen?“
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