Schwimmen und Sinken
Um dieses Ziel zu erreichen, entwickelte man weltweit im Laufe der Zeit verschiedenste Methoden der Extraktion. Die älteste davon ist die Schwimm-Sink-Trennung,über die in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) bereits vor über 4000 Jahren berichtet wurde – allerdings nicht im Zusammenhang mit Cannabis. Diese Methode wurde vor knapp 25 Jahren von kalifornischen Hanfbauern zur Cannabis-Extraktion wiederentdeckt und wird seitdem zur Produktion von Eis-Hasch angewendet. Beim Schwimm-Sink-Verfahren werden zwei feste Stoffe mit unterschiedlicher Dichte auf sehr einfache Art und Weise voneinander getrennt. Dazu gibt man die beiden Stoffe in eine Flüssigkeit, meist Wasser. Aufgrund der unterschiedlichen Dichte sinken die harzigen Trichome zu Boden, während das Blattmaterial auf der Oberfläche schwimmt. Dann wird das abgesunkene Material ausgetragen und anschließend getrocknet. Leider hat ein Patentstreit Anfang des Jahrtausends dazu geführt, dass die Grundlagen und das Wissen über die Sink-Schwimm-Sink-Trennung für Grower schwer zugänglich waren (siehe Kapitel 3, Eis-Hasch
) und sich diese Methode kaum durchgesetzt hat.
Auch das Reiben der Blütenstände ist eine Jahrtausende alte Technik, die aus dem Himalaya stammt. Dort wird Haschisch seit Jahrtausenden zu medizinischen und religiösen Zwecken produziert. Das Reiben zwischen den Händen ist die wohl älteste und einfachste Methode der Haschisch-Herstellung. Hierzu werden die reifen Blütenstände einfach zwischen den Händen gerieben, bis diese mit einem Gemisch aus Harz- und Blütenteilen überzogen sind. Das Gemisch wird von den Händen abgekratzt und in Form (Kugeln, Stangen, Platten) gebracht. Insgesamt ist das Reiben der Blüten sehr arbeitsintensiv und zudem nicht sehr ertragreich.
Haschisch-Hände
Beatniks wie Jack Kerouac, William S. Burroughs und Neal Cassady brachten den Bauern des marokkanischen Rif-Gebirges in den 1950er Jahren das Sieben der Blütenständebei. Bis dahin kannte man dort fast ausschließlich Kif , ein Gemisch aus gemahlenen Cannabisblüten und Tabak. Seit den 1970er Jahren ist Marokko der größte Haschisch-Produzent der Welt. Beim Sieben wird das vorab gekühlte Pflanzenmaterial auf einem Tuch ausgebreitet, das zuvor über eine Schüssel gespannt wurde. Über dieses Tuch wird eine Plane gespannt, auf die mit Holz- oder anderen Stöcken geklopft wird. Durch das Klopfen lösen sich die Trichome und fallen in die Schüssel. Der so gewonnene Extrakt wird anschließend gepresst.
Durch Sieben gewonnenes Extrakt
Bei dieser relativ neuen Methode werden die wertvollen Inhaltsstoffe rein mechanisch durch Wärme und Druck aus den Blüten gequetscht. In Übersee nennt man das Rosin-Hasch,abgeleitet vom englischen Terminus rosin , zu Deutsch Kolophonium bzw. Geigenharz (ein gelbliches bis bräunliches Koniferenharz). Doch bei Kolophonium handelt es sich um das meistgenutzte Streckmittel für Haschisch in Marokko. Mit Kolophonium gestrecktes Haschisch erkaltet schneller als ungestrecktes und fühlt sich insgesamt ein wenig härter an. Da es sich ebenfalls um ein Pflanzenharz handelt, ist es für Laien oft schwierig, mit Geigenharz gestrecktes Haschisch zu identifizieren. Weil ein Streckmittel in meinen Augen nicht namensgebend für ein edles Extrakt sein sollte, nenne ich es schlicht und ergreifend Quetschtrakt.
Rosin-Hasch
Extraktion mithilfe von Lösungsmitteln
Die neueste Technologie zur Cannabis-Extraktion basiert auf den Extraktionsverfahren moderner Industriegesellschaften. Anders als bei den althergebrachten Techniken werden die Trichome hier nicht mechanisch gelöst, sondern mithilfe eines Lösungsmittels, das nach dem Prozess durch Erhitzen oder Verdampfen wieder abgeschieden wird. Die gängigsten Lösungsmittel sind hier Propan, Dimethylether, Butan, CO 2sowie Alkohol.
In Bundesstaaten, in denen Cannabis legal ist, setzen einige Produzenten seit Kurzem auf die sogenannte Live-Resin-Extraktion.Hierbei werden frisch geerntete Pflanzen schockgefroren. Sobald das Pflanzenmaterial hart ist, werden die Inhaltsstoffe mit einer der vorab beschriebenen Methoden extrahiert. So gelangen die Terpene, Cannabinoide und Resenoide in das Vollextrakt, die ansonsten während des Trocknungsprozesses verlorengehen. Kenner beschreiben den Geschmacksunterschied ungefähr wie den zwischen pasteurisiertem und frisch gepresstem Saft.
Was heißt eigentlich 710?
In den USA und Kanada hat der Cannabis-Feiertag »420«, der alljährlich am 20. April zelebriert wird, einen viel höheren Stellenwert als in Europa. Irgendwann hat sich jemand gedacht, dass Cannabis-Konzentrate ein eigenes Untergrund-Pseudonym bräuchten, sozusagen ein Pendant zum cannabinoiden »420«.
Wer dann auf die Idee gekommen ist, das englische Wort »OIL« auf den Kopf zu stellen und rückwärts zu lesen, ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Auf jeden Fall ist »710« unter Konzentrat-Liebhabern mittlerweile eine feste Größe und beschreibt alles, was mit Cannabis-Extraktion, Cannabis-Konzentraten und deren Konsum zusammenhängt.
Die Gretchenfrage: Mit oder ohne Lösungsmittel?
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen der Extraktion mit Lösungsmitteln (engl. solvent ) und der lösungsmittelfreien Extraktion ( non-solvent ). Bei der Solvent-Extraktionwerden die Wirkstoffe mit einem Lösungsmittel, meist einem langkettigen Kohlenwasserstoff, von der Pflanze gelöst. Danach verdampft das Lösungsmittel, bis ein öliges, hochkonzentriertes Extrakt übrigbleibt. Wurden früher oft Aceton, Benzin oder Alkohol genutzt, meiden professionelle Produzenten ebenso wie Hobby-Extraktoren heutzutage aromatische Kohlenwasserstoffe wie Benzin oder Aceton.
Es gibt unterschiedlichste Vorrichtungen zur Extraktion mit Lösungsmitteln. Die reichen von der einfachen Ketchupflasche zur Alkoholextraktion über semiprofessionelle Tools aus dem Growshop bis hin zur mehrere hunderttausend Euro teuren CO 2-Extraktionsanlage medizinischer Produzenten.
Bei der Extraktion mit Lösungsmitteln besteht grundsätzlich Brand- und Explosionsgefahr. In den letzten Jahren gab es immer wieder schwere Unfälle beim Extrahieren; besonders die Butan- und Propanextraktion bergen tödliche Gefahren. Deshalb empfehle ich all jenen, die nicht über eine sichere, professionelle Extraktionsanlage verfügen, es in den eigenen vier Wänden beim Alkohol zu belassen (siehe Kapitel 5: Sicher und sauber
). Denn auch Alkohol kann, sofern man die Grundlagen kennt und beachtet, hochqualitative Ergebnisse liefern. Wirkstoffgehalte zwischen 70 und 98,5 Prozent sind bei so gewonnenen Cannabis-Extrakten durchaus normal.
Ohne Lösungsmittel braucht man Kraft
Bei der Extraktion ohne Lösungsmittel werden die Wirkstoffe mechanisch von den Blüten und Blättern gelöst. Das Tiefkühlen der Pflanzenreste lässt diese weniger kleben und erleichtert beim Aussieben so das Trennen von Harz- und Pflanzenanteilen.
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