Heinz-Georg Breuer
Das einzig wahre Rheinische Derby
123 x Kölner Geißbock gegen
Gladbacher Fohlen
Alle Spiele von 1950 bis 2019
Mit einem Gastbeitrag von Sarah Peters
Heinz-Georg Breuer wurde 1953 in Rheydt geboren und wuchs am Niederrhein auf. Nach einem Jurastudium von 1974 bis 1980 in Köln begann er 1981 nach dem Staatsexamen seine berufliche Laufbahn als Journalist in Mönchengladbach und setzte dort bei einem Sonntagsblatt erste Akzente im Sportsektor, unter anderem mit der Berichterstattung über den Bundesliga-Fußball in der Region. 1986 wechselte er zur „Goslarschen Zeitung“ in den Harz und war dort bis zur Pensionierung Anfang 2019 als Redakteur in verschiedenen Funktionen tätig. Mittlerweile lebt er wieder am Niederrhein. Bisher sind von Breuer im Arete Verlag die Titel „Und täglich schießt die Fohlenelf“ (2016) sowie „Die Fans der Fohlen“ (2018) erschienen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.deabrufbar.
© 2019 Arete Verlag Christian Becker, Hildesheim
www.arete-verlag.de
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Redaktionsschluss: 20. September 2019
Umschlagfotos: Imago/Sven Simon (U1 + U4)
Layout, Satz und Umschlaggestaltung: Composizione Katrin Rampp, Kempten
Druck und Verarbeitung: CPI, Leck
ISBN 978-3-96423-027-0
eISBN 978-3-96423-033-1
Prolog: Weiße Rosen und Ferreros Küsschen
Teil A: Die Theorie
I. Pferderennen oder Fußball am Wasser?
Sprachforscher sind unsicher beim Derby-Begriff
II. Erklärungsversuche von Böll bis Berlusconi
Derbys in aller Welt kein Muster für das Rheinland
III. Ein feiner Verein gegen ostholländische Bauern
Dior-Kunden treffen auf grenznahe Kartoffelsäcke
IV. Kaffeebud-Metropole und zwei Provinz-Hauptbahnhöfe
Wie Kölner und Gladbacher ihre Identität ausleben
V. Hennes und der aufrechte Gang durch Köln
Trainer Weisweiler erweist sich als Derby-Stifter
Teil B: Die Praxis
VI. Serviert: Zahlensalat mit rheinischer Petersilie
Jeder kocht sich sein eigenes Derby-Gericht
VII. Die Top 11 des Rheinischen Derbys
Packende Partien, prägendes Personal
1. Das Jahrhundert-Pokalfinale am 23. Juni 1973
2. Kölns Meisterstück am 1. Oktober 1977
3. Erster Bundesliga-Sieg der Fohlen am 26. November 1966
4. VfL-Durchbruch zum Meistertitel am 29. November 1969
5. Hattrick im Jubiläumsderby am 5. Februar 2002
6. Schäfers Viererpack in der Kull am 12. Oktober 1952
7. Verrücktes Remis in Köln am 20. Oktober 1979
8. „Dä Pitters“ beinhartes Los nach dem 25. November 1967
9. Poldis Aufstieg am 31. Januar 2004 trotz FC-Abstiegs
10. FC-Sieg hat viele Väter am 27. März 1971
11. Ter Stegens Debüt im Abstiegskampf am 10. April 2011
Außer Konkurrenz: Das indirekte Derby am 29. April 1978
Das Derby-Allstarteam
Das Duell Netzer versus Overath
VIII. Wenn Maler gruppenkostümiert sind
Aus der Wacht am Rhein wird die Schlacht vom Rhein
IX. Wissenschaftler: Rivalität wertschätzen!
Vom Irrsinn der Fans und Irrglauben der Funktionäre
X. Bankettfürst, Schlossherr, Wanderkönig und Graf Zahl
Kremer und die Keeper Keller, Schmadtke, Manglitz
XI. Was der Bap zur Mutter aller Derbys sagt
Kölsch-Rocker Wolfgang Niedecken und seine Toleranz
XII. Bewegung 23. Juni
Ein Fanclub zu Ehren eines Jahrhundertspiels
Epilog: Plädoyer für ein Stückchen Freiheit
Gastbeitrag von Sarah Peters
Teil C: Die Statistik
Alle 123 Derbys auf einen Blick
Prolog: Weiße Rosen und Ferreros Küsschen
„Niemals geht man so ganz“, singt die unvergessene kölsche Volksschauspielerin Trude Herr 1987 zusammen mit Wolfgang Niedecken und Tommy Engel. „Irgendwas von mir bleibt hier, es hat seinen Platz immer bei dir.“
Wer wüsste das besser als der 1. FC Köln, der wieder einmal zurück im Oberhaus des deutschen Fußballs ist? Und wer wüsste es besser als Borussia Mönchengladbach, die langjährige Konkurrenz vom Niederrhein? Auch wenn sich die Hartgesottenen unter den gegnerischen „Fans“ mit Dachlatten und Eisenstangen auf den Schädel hauen und längst die Grenze des gesellschaftlich Tolerierbaren erreicht haben: Man vermisst sich, wenn einer gerade mal weg ist in der Zweiten Liga. Geradezu komplementär. Und das, obwohl die Fußball-Landkarte im Westen randvoll ist. Sieben Klubs aus Nordrhein-Westfalen tummeln sich in der Saison 2019/20 in der höchsten deutschen Spielklasse.
Sonntag, 29. Oktober 1961. Meine frühkindliche Fußballprägung besorgt Karl-Heinz Thielen. Der Rechtsaußen des FC trifft viermal nacheinander im Oberligaspiel bei Gastgeber Borussia im Rheydter Grenzlandstadion vor 28.000 Zuschauern. In der Nordkurve, die tatsächlich noch eine Kurve ist, stehe ich, acht Jahre alt, von elterlichen Bekannten mitgenommen. Am Ende heißt es 1:6. Die Bekannten liefern mich wieder zu Hause ab. Im Radio dudelt der deutsche Nummer-1-Hit „Weiße Rosen aus Athen“ der Griechin Nana Mouskouri. Es soll noch 20 Jahre dauern, bis in Mönchengladbach das erste griechische Restaurant eröffnet. Aber das interessiert mich damals noch nicht. Auch nicht, dass Ministerpräsident Konstandinos Karamanlis an diesem Tag die absolute Mehrheit bei den griechischen Parlamentswahlen erringt.
Samstag, 25. Februar 1978. Während meines Studiums bin ich einige Jahre Wahl-Kölner und besuche die Bundesliga-Heimspiele der Geißböcke gegen die Fohlen. Beim Fußmarsch nach Müngersdorf weist mich ein ortskundiger Kommilitone im Stadtteil Braunsfeld auf eine Kreuzung hin. An der Ecke Friedrich-Schmidt-Straße/Vincent-Statz-Straße wurde ein halbes Jahr vorher Arbeitgeber-Präsident Hanns Martin Schleyer von einem Kommando der Roten Armee Fraktion (RAF) entführt, vier seiner Begleiter wurden erschossen. Die Erinnerung an den „Deutschen Herbst“ beschäftigt mich noch im Stadion, in dem 60.000 sind. Allan Simonsen bringt die Fohlen in Führung, Heinz Flohe gleicht kurz vor Schluss aus. Beim Verlassen des Stadions ertönt Musik: „We are the champions“. Kurz zuvor ist der Queen-Titel auf den deutschen Markt gekommen. Freddie Mercury hat Recht: Queen springt auf Eins und drei Monate später ist der FC Meister.
14. Februar 2015. Karnevalssamstag. Zu siebt mit Journalisten-Kollegen aus meiner Wahlheimat Goslar nach Mönchengladbach. Nach fünf Stunden und 400 Kilometern Autofahrt mit Stau satt erreichen wir das gebuchte Hotel an der Speicker Straße. Einchecken. Die Frauen gehen shoppen, die Männer entern den Park & Ride zum Borussia-Park: Bundesligaspiel gegen den 1. FC Köln. 54.000 Zuschauer. Brechend voller Bus, elend lange Fahrt. Einen Kilometer vor dem Stadion stoppt der Fahrer abrupt: „Aussteigen, ich komm nicht mehr weiter!“ Den Rest zu Fuß. „Tempo, es fängt gleich an!“ Ich bin mit 60 der Älteste, die Pumpe rast, die Lunge pfeift, die Waden schmerzen. Kurz nach halb Vier sind wir auf der Osttribüne. Am Ende köpft Granit Xhaka Borussias 1:0. Es folgt der Platzsturm der Kölner Malermeister – Jagdszenen am Niederrhein. Später noch zum Biergarten hinter der Nord. Aus einer Box dringt der Chart-Stürmer von Unheilig: „Zeit zu gehen“. Genau, zurück ins Hotel. Auf dem Zimmer meldet der Flachbild-Fernseher an der Wand, dass Michele Ferrero, Erfinder des gleichnamigen Küsschens, mit 89 Jahren verstorben ist.
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