„Und der Grosspapa?“
Sibylle nickt. „Zu meinem Geburtstag hat er mir ein goldenes Armband geschenkt. Jutta Preuss ist Juwelierstochter, die hat es taxiert. Sehr nobel. Aber Grosspapa ist ja auch sehr reich. Erna sagt, ihr Vater hat gesagt, er zahlt die höchsten Steuern in ganz Schlesien. Nein, Grosspapa mag ich sehr gern.“
Die kleine Mie sitzt wortlos dabei. Sie fühlt ihr Herz wie einen schweren Klumpen. Das ist das Haus von Herrn Bernt Olshagen, und das sind seine Kinder. Und sie ist von ihm gerufen worden, um ihm Haus und Kinder zu hüten. Wie kann sie das? Diese Welt hier ist ihr ja so fremd.
Am liebsten möchte sie gleich wieder gehen. Aber sie ist Herrn Olshagen zu so grossem Dank verpflichtet, sie muss bleiben. Es gibt hier doch auch eine Aufgabe zu erfüllen. Gibt es denn in diesem reichen Hause ein einziges Wesen, das es wirklich gut meint mit Herrn Olshagen? Belogen, betrogen wird er von den Angestellten, missverstanden von der Verwandtschaft, wohl auch nicht wirklich geliebt von den eigenen Kindern.
Später sieht sie im Musiksalon das Bild von Frau Olshagen. Es muss wohl, der Mode nach, im Jahr vor der Geburt von Klaus gemalt worden sein. Lange steht sie vor dem zarten Pastellbild. Eine stille, vornehme, aber bewusste, stolze Frau. Schlank und schmal, langschädlig, überzüchtet, durchsichtig, so wie ihre beiden Kinder. Aber Sibylle hat dabei doch noch einen fremden Zug, der ihr wenig gefällt. Ihr Hochmut ist ganz aufs Materielle gestützt. In dem Antlitz des Grossvaters, des hakennasigen Herrn Droeseke, dessen Ölporträt im Herrenzimmer in schwerem Goldrahmen hängt, ist dieser Ausdruck der vorherrschende. Geld, Geld und wieder Geld, anderes gibt es für ihn nicht. Das haben sie ihr übereinstimmend gesagt: der Sanitätsrat Werner, der Amtsgerichtsrat, andere auch. Und haben sich des Todes gewundert, als seine Firma ihr noch das grosse Gnadengeschenk für die Zwillinge machte. Niemand andrem hat sie das zu verdanken als Olshagen. Er ist also doch anders als sie alle.
Und es ist jetzt nicht nur Dank, was sie an ihn bindet. Es ist auch — so verwegen ihr selber das vorkommt — es ist auch eine Regung von Mitleid. Sie fühlt, sie muss dem Manne, der in seinem eigenen Hause so gar keine Freunde hat, mit ihren schwachen Kräften helfen. Sie will ihm dienen, will ihm beistehen.
Grosse Schwierigkeiten wird es da zu überwinden geben. Das merkt sie gleich bei der ersten Begegnung mit der Köchin, die ihr in Gegenwart der Baronin abrechnen soll. Die Rechnung stimmt nicht, Mie kann doch addieren, und es ist ein böser Blick, der sie aus den Augen der alten Köchin trifft.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.