In der Bischofskirche dienen mehr als 44 Kanoniker und ebenso viele Vikare; die Zahl des Klerus’ dieser Kirche beläuft sich auf 200 Personen, die anderen Pfarrkirchen des heiligen JustusBarcelona, OrtSants Just i Pastor / Santos Justo y Pastor, K., von Santa (Maria del) PiBarcelona, OrtSanta Maria del Pi / Santa Maria del Pino, K., von Santa Maria del MarBarcelona, OrtSanta María del Mar / Santa María de las Arenas, K. und so weiter nicht eingerechnet. Ich glaube, dass mehr als 2000 Religiose beiderlei Geschlechtes in der Stadt leben.
Über die Verwaltung der Stadt
Vor vierzig Jahren stand BarcelonaBarcelona, Ort in seiner höchsten Blüte, denn wegen seines Handels wuchs es außergewöhnlich. Aber die Könige von AragónAragón, L. führten beständig Kriege untereinander und verpfändeten nach und nach die königlichen Zinse der ganzen Grafschaft KataloniensKatalonien, L. an die Stadt. Mit der Zeit gelangten so die königlichen Abgaben der Grafschaften von RoussillonRoussillon, L., von GironaGirona / Gerona, Ort, von TortosaTortosa, Ort sowie alle königlichen Rechte in der Stadt Barcelona an die Stadt selber. Die Stadt lebt deshalb nun in höchster Freiheit. Dort beachtet man folgende Verfassung. Man wählt aus der ganzen Grafschaft alle drei Jahre drei Männer: einen aus dem Klerus, einen zweiten aus dem Adel und den dritten aus der Stadtgemeinde. Diese drei versammeln sich jeden Tag in einem großartigen Gebäude, das „Deputat“ heißt, denn das Gebäude ist hierfür bestimmt1. Dort empfangen diese drei die Tribute und das, was ehemals den Königen zustand, und bestimmen über deren Verwendung. Sie haben Kanzleibeamte, die alles ordnungsgemäß aufzeichnen. Es gibt auch andere Tributzahlungen: nicht königlicher Herkunft, sondern von Städten und Ortschaften; über deren Verwendung bestimmt ebenfalls dieser Rat. Es ist schon 44 Jahre her, dass sich das Volk aus Übermut und anderen Leidenschaften gegen die Herren der Stadt erhob2. Vor diesen Revolten flohen die reichsten Bewohner. Seitdem verlagerte sich der Handel in Richtung des großen ValenciaValencia, Ort, dem wichtigsten Handelsplatz SpaniensSpanien, L.. Inzwischen ist BarcelonaBarcelona, Ort fast wie eine tote Stadt, wenn man dies mit seinem früheren Zustand vergleicht3.
Das Haus der KaufleuteBarcelona, OrtLlotja / Lonja
Am Ufer des Meeres erhebt sich ein wunderbares und phantastisch gewölbtes Gebäude, das man als Kirche oder großen Palast ansehen kann. Neben diesem Gebäude gibt es einen sehr schönen Garten mit zehn Reihen von Orangen- und Zitronenbäumen und in der Mitte einen Springbrunnen; an den Seiten sind Sitzplätze aus Quadersteinen. In diesem Haus treffen sich zweimal täglich die Kaufleute, um ihre Geschäfte zu erledigen. Sie haben dem Haus den Namen „La LonjaBarcelona, OrtLlotja / Lonja“ gegeben, das heißt: Versammlungshaus1. Darin finden sich Wechselstellen und Banken, um Geld aufzubewahren, mit großer Voraussicht für die Menschen eingerichtet.
Das Haus des Infanten HeinrichBarcelona, OrtHaus des Infanten Heinrich
Der Infant HeinrichHeinrich von Aragón (†1445), Infant von Aragon, der 1453 in NeapelNeapel, Ort durch den Schuss eines Geschützes starb, hinterließ einen Sohn mit gleichem NamenHeinrich von Aragón und Pimentel († 1522), Infant von Aragón1. König FerdinandFerdinand II., Kg. von Aragón (1479–1516), augenblicklich König SpaniensSpanien, L., und dieser Heinrich sind die Söhne von zwei Brüdern. Der Infant entschloss sich zu einem Leben, das mehr dem Müßiggang und den Vergnügungen als dem Krieg gewidmet war. Er ließ sich beim heiligen FranziskusFranz von Assisi(† 1226), Hl., Ordensgründer ein unvergleichbares Haus bauen, das ausgesprochen edel und üppig ausgestattet ist. Die Höfe sind im gesamten Haus mit verschiedenen Töpfer- und Kachelarbeiten unterschiedlicher Farbe verziert: alle aus reinstem Gold, geschmückt mit verschiedenen Blumen, ebenfalls aus Gold. Welch herausragendes Gebäude! Dort sahen wir eine Gazelle, dieses Lebewesen spendete Moschus. Sie ist größer als der Fuchs; Kopf, Maul und Ohren ähneln einem Wolf; schwärzlich, hell und grau gefleckt hat sie einen Schwanz und Pfoten wie der Hund. Sie ist ein cholerisches und schnell wütend werdendes Tier. Die Gazelle war in einer Holzhütte mit einer Eisenkette angebunden. Ihr Wärter ließ sie mit dem Kopf an der Kette der Hütte festbinden. Er zog sie an den Hinterpfoten heraus und hob den Schwanz, und er zeigte uns am Glied, dass es ein männliches Tier war. Dann ergriff er die großen Hoden und drehte sie um wie man eine Tasche umstülpt. Und beim Drehen der Hoden erschienen zwei Öffnungen in jedem jeweils eine. Er führte dort einen kleinen flachen Löffel aus Glas ein und nahm dreimal die Menge eines duftenden Sekrets heraus, wie ich glaube zwei Drachmen wert, mit der er mir die Hände bestrich, die den durchdringenden Geruch des Moschus einige Tage lang behielten2. Später zeigte uns der Wärter einen Papagei, der so groß war wie eine Dohle oder eine Elster. Er war am ganzen Körper von unterschiedlich gräulichen und weißen Farbtönen, besonders unterhalb des Halses, ähnlich wie die Falken und Sperber in DeutschlandDeutschland, L.. Sein Schwanz hatte etwa die Länge wie der einer Dohle, tiefrot wie Zinnober. Schnabel, Krallen und sein Krächzen entsprachen den Papageien; er ist wirklich einer von ihnen, aber von einer anderen Art als die grünen. Der Wärter zeigte uns auch einige Stare in einem himmlischen Blau. Er sagte, sie würden einige Worte sprechen, obwohl ich dies niemals hörte, während ich dort weilte.
Über das Kloster der Minderbrüder
In der Nähe dieses Hauses beim Meeresstrand steht das große Kloster des FranziskanerordensBarcelona, OrtSant Francesc / San Francisco. Im Zentrum dieser Anlage gibt es ein anderes, kleineres Kloster mit einem einfachen Kreuzgang, einem Refektorium, Zellen und einer kleinen Kirche in der Art einer Krypta, die der heilige FranziskusFranz von Assisi(† 1226), Hl., Ordensgründer bauen ließ1. Dort führte er während einiger Jahre ein entbehrungsreiches Leben. Damals, als die Stadt noch klein war, lag das Kloster außerhalb der Mauern. Die Kirche hat ein einzigartiges quadratisches Fenster mit einem Eisengitter, durch welches die Seeleute die Messe und die Predigt hörten. Heute gibt es noch ein altes und einfaches Bildnis der seligen Jungfrau MariaMaria / Maryam, Hl., bibl. Gestalt, Mutter Jesu Christi – dies war der Schmuck ihrer Kirche. Inzwischen beginnt aber schon einiges zu verwittern. Die Brüder gehören nicht zur Observanzbewegung, aber unter ihnen gibt es sehr gelehrte Männer wie den intelligenten Juan de BergaJohannes de Aqua de Bercka († 1482), Kölner Ratsherr, Rektor der Kölner Universität, einen schon älteren Mann von 77 Jahren, der nach seinen eigenen Worten das Konzil von BaselBasel, Ort besuchte2. Er ist ein sehr gelehrter Mann mit einem für sein Alter hervorragenden Gedächtnis. Im Chorraum der Kirche des heiligen Franziskus gibt es die sehr berühmten Grabmäler der Könige von AragónAragón, L.. Wir sahen den einbalsamierten Leichnam einer Königin, die vor etwa 80 Jahren gestorben war, noch heute ist er vollkommen3. Im Chorraum befindet sich weiterhin eine sehr schöne Tafel. Das Kloster hat einen großen Garten, der mit Hilfe eines Esels aus einem Brunnen mit fließendem Wasser bewässert wird; dauernd schöpft er Kübel voll mit Wasser, das durch Kanalläufe den ganzen Garten versorgt.
Das DominikanerklosterBarcelona, OrtSanta Caterina / Santa Catalina, Kl.4 ist ebenso bewundernswert, und in einigen Dingen dem vorausgehenden keinesfalls unterlegen. In beiden Kirchen gibt es unzählige Wappen ( vexilla ) verstorbener Adliger. Dies ist ein schöner und herrlicher Anblick.
Über ihre Gerichtsverwaltung
Читать дальше