Nachdem wir die Zellen mit viel Kraft und unter Gefahr über den schon erwähnten Weg besucht hatten, kamen wir zwei Stunden nach Mittag zum KlosterMontserrat, Berg und Kl. zurück. Nach dem Mittagessen gingen wir mit dem Prior, einem gelehrten Mann, in die Sakristei und sahen uns die Behältnisse und Gefäße aus Gold und Silber an, die ausgesprochen schön gearbeitet sind und nach den Worten des Priors 800 Mark wiegen. Dann sahen wir die stofflichen Verzierungen, zahlreich und wertvoll, die mit Seidenfäden aus Gold und Silber angefertigt worden waren. Unter anderem betrachteten wir eine Goldkette von 4 Mark, die er (König FerdinandFerdinand II., Kg. von Aragón (1479–1516)) um den Hals getragen hatte, als ein Verrückter eines Tages in BarcelonaBarcelona, Ort ein Attentat auf ihn verübte; der König schenkte sie (dem Kloster) im selben Jahr4. Es war eine äußerst wertvolle Kette, die ich mir um den Hals legte. Wie exquisit und in welchem Überfluss alles vorhanden war! Wir sahen die Geschenke, welche die Tochter des Königs, Johanna, nach dem Tode des Königs von PortugalPortugal, L. übereignet hatte5, was sieben Monate nach der Feier ihrer Hochzeit in ÉvoraÉvora, Ort erfolgte, weil der König in der Nähe des TajoTajo / Tejo, Fluß bei der Jagd vom Pferd gefallen war. Diese Johanna, ich wiederhole es, gelobte, dass sie als Witwe keusch leben und nicht in Leinen-, sondern in Wollkleidern schlafen wolle. Sie führte tatsächlich ein äußerst keusches Leben und schenkte der Jungfrau von MontserratMontserrat, Berg und Kl. viele Dinge, die sie selbst mit eigenen Händen angefertigt hatte.
Nach dem Verlassen des Klosters betrachteten wir die Umgebung des Ortes und stiegen zu einer Höhle auf, wo im Jahre des Herrn 853 ein gewisser Bürger aus BarcelonaBarcelona, Ort, Johannes GarusGarín, Juan, Bürger von Barcelona6, eine sehr schwere Buße verbüßte. Nachdem die Nachricht von dessen Heiligkeit an seine Ohren gedrungen war, schickte der damalige Graf von Barcelona seine Tochter, die vom Teufel besessen war, dorthin, damit er (Garus) diese durch seine Heiligkeit vom Teufel befreie. Garus wurde aber von seiner Lust übermannt und erkannte sie fleischlich; danach wurde er von Bußgesinnung erfasst, und, damit dieses Gerücht nicht an die Ohren des Grafen dringe, tötete er sie und begrub sie in einer Höhle. Dann kam er nach RomRom, Ort und leistete sieben Jahre lang in der Wüste eine harte Buße, während der er immer nackt und auf vier Füßen ging wie ein Tier. Schließlich kehrte er zu seinem ursprünglichen Zustand zurück, wurde von einigen Häschern gefangen, und weil er nicht reden wollte, wurde er in Eisenketten nach Barcelona geführt. Am Eingang sah ihn eine gewisse Frau, die in ihren Händen ein Kind von sechs Monaten hielt und die mit schriller Stimme zu rufen anfing: „Johan Garus, erhebe dich! Deine Sünden sind dir vergeben.“ Er kehrte also zu seinem alten Ort zurück, und als er eine würdige Grabesstätte für die getötete Jungfrau graben wollte, fand er diese lebend vor. Sofort gründete er dort ein Kloster für Männer und Frauen. Beide starben schließlich unter Beachtung der strengsten Regel im Herrn. Im Laufe der Zeit wurden die Nonnen nach Barcelona verlegt, und dort wurde für sie das KlosterBarcelona, OrtSant Pere de les Puelles / San Pedro de las Puellas, Kl. des heiligen Petrus errichtet7, wo sie noch heute für Gott streiten. Die Jungfrau und Gottesmutter vollbringt dort jeden Tag große Wunder. Es wäre zu lang, sie alle aufzuzählen.
Es wäre auch zu ausführlich, alles über die WunderquelleMontserrat, Berg und Kl.Wunderquelle aufzuschreiben. Denn unterhalb des Klosters steht eine Burg mit einer Quelle fließenden Wassers. Einstmals kamen nämlich am Festtag der Heiligen Jungfrau viele Menschen zusammen, denen es an Wasser gebrach, weil ein Adliger es ihnen nicht gewähren wollte. Sie gingen also zum Kloster hinaus, eine Quelle sprudelte dort, und der Adlige verlor seine Wasserstelle. Sie heißt heute Wunderquelle, und wir tranken aus ihr.
Am folgenden Sonntag, dem 28. September, nahmen wir unseren Weg in Richtung Norden, und mit vielen Mühen stiegen wir etwa drei Meilen bis zu der Burg GoladaIgualada (Golada) und Burg, Ort ab. Nach weiteren zwei Meilen kamen wir zu der Befestigung von Santa ColombaSanta Coloma de Queralt, Ort8, dort zeigte man das Haupt der heiligen ColombaColoma / Colomba / Columba († 3. Jh.), Hl.. Die Meilen sind in KatalonienKatalonien, L. außergewöhnlich lang9, und der Weg war sehr bergig. Mit dem Pferd schafften wir kaum mehr als vier oder fünf Meilen. Zwei Meilen von Santa Colomba gegen Norden in Richtung ZaragozaSaragossa / Zaragoza, Ort steht die Burg CerveraCervera (auch Geschlecht), Ort10 mit einer wunderbaren Geschichte.
Am 29. September, es war der Festtag des heiligen MichaelMichael, Erzengel, Hl., legten wir drei sehr lange Meilen zurück und kamen mittags zu dem sehr ehrwürdigen Kloster PobletPoblet, Kl.11. Es liegt in einer herrlichen Ebene zu Füßen einiger hoher Berge. Das Kloster Poblet ist so wunderbar erbaut, mit so vielen und so großen Palästen, Hallen, Kellern und Kreuzgängen sowie mit einer großen Befestigungsmauer rundherum, dass man sich in einer Burg wähnt. Alle Gebäude sind aus behauenen Quadersteinen erbaut, so stabil, dass man glaubt, sie seien gegen die Unbilden der Zeiten hergestellt. Alles ist zur Beschaulichkeit und zum bequemen Nutzen errichtet worden. Ich habe niemals ein Kloster dieses Ordens gesehen, das besser befestigt oder schöner gewesen ist. Es sind Zisterzienser vom Orden des heiligen Bernhard. Zu dieser Zeit gab es 80 Konventspriester und 40 Konversen. Sie befolgen eine strenge Regel. Das Kloster wurde von den Königen Aragóns gegründet, die dort einige wunderbare Grabmäler erhalten haben. Dort ruhen 7 Könige mit ihren Gemahlinnen. Der erste war König JakobJakob I. der Eroberer, Kg. von Aragón (1213–1276), der das königliche Szepter im Jahre des Herrn 1223 übernahm und der 53 Jahre regierte. Er war ein strenger Verfolger der SarazenenSarazenen (Mauren/Muslime) in ganz SpanienSpanien, L.. So nahm er ihnen die Insel MallorcaMallorca, Balearische Insel weg, das Reich ValenciaValencia, Ort, die Provinz MurciaMurcia, Ort und viele andere Ländereien. Schließlich zog er das Mönchsgewand an, führte ein zölibatäres Leben und starb im Herrn12. Er ist dort in einem wunderbaren Grabmal aus schneeweißem Marmor begraben. Dort ruhen auch der König MartinMartin I. el Humano (Martinus), Kg. von Aragón (1396–1410) und Sizilien (1409–1410), der Großvater, und auch der Vater von FerdinandFerdinand II., Kg. von Aragón (1479–1516), dem heutigen Herrscher. Niemals sah ich so viele und so große Fässer und Gefäße wie in ihrem Weinkeller; in einem zählte ich 17. Ich glaube, dass insgesamt Platz für 30 Fuhren wäre13.
Sie verfügen über eine sehr edle Apotheke, welche die verschiedensten Arten von Medizin bereithält, ebenso über einen gelehrten Doktor der Medizin, mit dem ich mich unterhielt und der sich als äußerst beschlagener Mann erwies. Alle Amtsleute und Handwerker haben ebenso ihre Räume und Werkstätten, die ihnen zugewiesen sind. Und wie edel deren Kirche ist, im alten Stile erbaut! Dies betrifft sowohl die Kapellen wie auch das Chorgestühl und die äußerst schöne Orgel, die mit Gold und Silber verziert ist. Sie erwiesen uns große Ehren und zeigten uns höflich alle wertvollen Dinge.
Am 30. September kamen wir nach der Wegstrecke eines ganzen Tages durch hohe Berge und tiefe abrupte Täler zu einer Kartause in einer Ebene, die rundherum von Bergen umgeben war. Ihr Name ist Scala Dei Santa María d‘Escaladei (Scala Dei), Kl. (Treppe Gottes)14. Dies ist ein sehr verehrungswerter Ort, und es gibt dort an Mönchen 28 Patres und 13 Konversen. Sie empfingen uns freundlich und teilten gern mit uns, was sie hatten. Dort gab es einen jungen, sehr gelehrten Priester, Sohn eines beschlagenen Mediziners aus BarcelonaBarcelona, Ort. Er litt am Dreitagesfieber. Mit bewundernswerter Aufmerksamkeit hörte er meine Ratschläge an. Wenn Gott ihm doch die Gesundheit wiederschenken würde! Dieses Kloster ist sehr edel und schön. Am selben Tag gingen wir zwei große Meilen auf einem sehr holperigen Weg, dessen Name Malrotsha Malrotsha, Weg zwischen der Kartause Santa María d’Escaladei und Ginestar ist, das heißt: schlechter Felsen. Dort ist der Name wirklich angemessen.
Читать дальше