Axel von Rechberg nahm die Hand, drückte sie leicht, dachte bei sich, dass er wohl wusste, was Eduard Römer ihm noch nicht verraten wollte, dass es um die Nachfolge des Bankhauses Römer ging und um Marias Person.
Ein lockendes Ziel, wenn ihm nicht die Sehnsucht nach der Scholle im Blute sässe. Er reckte sich auf. Damit musste er fertig werden.
Er gab seiner Stimme Festigkeit. „Onkel Eduard, ich werde mir die grösste Mühe geben, stets deinen Wünschen gerecht zu werden und deine Ratschläge zu befolgen.“
„Der Vorsatz genügt mir zunächst.“ Der Bankier nickte zufrieden. Er wechselte das Thema. „Hast du es in deiner Pension gut getroffen? Fühlst du dich dort wohl?“ fragte er, und dann glitt er auf politisches Gebiet über, und Axel von Rechberg war ein bisschen enttäuscht; er hatte sich etwas Besonderes von dieser Unterhaltung versprochen, ohne sich darüber klar zu sein, was er eigentlich erwartet hatte.
Punkt halb acht Uhr trat Maria ein und bat zu Tisch.
Überreich und üppig geht es hier nicht zu, musste Axel von Rechberg denken, als er von dem schweren Burgunder trank, den der Hausherr bevorzugte, und wohlgefällig musterte er Maria. Es war wirklich nicht allzu schwer, sich in sie zu verlieben. Sie trug ein Kleid aus leichter Seide; das kupfern schimmernde Haar hing ihr in schwerem Knoten tief im Nacken. Sie hatte jeden Schmuck verschmäht und sah sehr einfach und vornehm aus. Wie ein Papagei nahm sich neben ihrer Schlichtheit die Hausdame, Fräulein Melitta Gumpen, aus. Sie trug einen aus den Regenbogenfarben gestrickten Jumper zu einem ebenfalls bunt gemusterten Rock. Ihr schwarzes Haar war zu dunkel gefärbt. Lippen und Wangen waren zu rot. Fräulein Melitta Gumpen stammte aus guter Familie. Ihr Ehrgeiz war es, vollendete Dame zu sein, und doch strauchelte sie stets, wenn es sich um die Kleidung handelte, weil sie sich einbildete, in bunten Farben und nach der Behandlung mit kosmetischen Mitteln recht jugendlich auszusehen. Sie litt an dem Fehler vieler ihrer alternden Mitschwestern.
Maria sass dem Vetter gegenüber, und wenn sie ihn ansah, huschte zuweilen ein schattenhaftes Lächeln über ihre Züge, das ihm ein verstohlenes Grüssen dünkte.
Er gefiel Maria. Das merkte er deutlich.
Er wurde lebhaft, erzählte allerlei Schnurren und lachte vergnügt, als Onkel Eduard ihm sein Glas entgegenhob und sagte: „Nun wollen wir auf das Wohl des neuen Lehrlings des Bankhauses Römer anstossen!“
Hell klangen die Gläser aneinander, und Axels braune Augen blitzten übermütig. Er konnte wohl zufrieden sein mit dem Geschick, das vorsorgliche Hände ihm bereiten wollten.
Ziemlich spät erst wanderte er seiner Pension zu, die von der Villa des Onkels einige Strassen entfernt lag.
Er begegnete nur wenigen Menschen, und die Luft tat ihm gut, denn er hatte dem Burgunder besonders fleissig zugesprochen. Er dachte an Maria. Sie würde als Frau eine gute Rolle spielen. In ein paar Jahren war er vielleicht schon Teilhaber der Firma Römer und Maria seine Gattin. Dann konnte er etwas für das elterliche Gut tun, Kapital hineinstecken, es sich als Sommersitz erhalten. Er spann Zukunftsträume, spann immer eifriger.
Fast wäre er an dem Hause, in dem er wohnte, vorbeigelaufen. Er schloss die Haustür auf, blieb plötzlich, angespannt lauschend, stehen.
Hatte nicht eine süsse, aber vor Erregung bebende Stimme eben ein lautes, empörendes Pfui! hinter ihm hergerufen?
Doch niemand war zu sehen, niemand! Er drückte die Tür heftig ins Schloss. Was kümmerte ihn das törichte blonde Mädel, das keinen Spass verstand? Weshalb lief ihm ihr verächtliches Pfui nach? Weshalb musste er auch immer wieder an sie selbst denken, die so zart und fein aussah?
Lumpenelse! dachte er und wollte sich hochmütig wehren; aber es nützte nichts. Während er die Treppen hinaufstieg, meinte er, sie deutlich neben sich hergehen zu sehen. Er sah die schmale Figur, das blasse, zarte Antlitz, das sich ihm mit scheuen Augen zuwandte.
Er ging schneller. Der Wein hatte den Teufel in sich, und der plagt mich nun! dachte er ärgerlich. Er schlief schwer ein. Gegen Morgen erwachte er mit hämmernden Schläfen. Er hatte böse Träume gehabt, und im Mittelpunkt stand immer das blonde Mädchen aus der Altstadt. Ihr Pfui war ihm, wo er ging und stand, mit entsetzlicher Stärke nachgelaufen, war wie Sturm und Donner gewesen, wie eine mächtige Gewalt, die ihn zu Boden drückte.
Axel von Rechberg gelobte sich, nie mehr so viel von dem Burgunder des Onkels zu trinken — er vertrug die Marke anscheinend nicht.
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