1861 errichtete Thomas Mort in Sidney die erste Gefrieranlage der Welt, die weitere Entwicklungen in diese Richtung in anderen Teilen der Welt inspirierte, denn das Potenzial, mittels Kühlung oder Gefrierung Fleisch für die Verschiffung über große Distanzen haltbar zu machen, wurde nun offensichtlich. So wurden Versuche unternommen, Anlagen auch auf Schiffen zu installieren. Zwar hatten die Franzosen mit der von Charles Tellier entwickelten Anlage, ausgerüstet auf der FRIGORIFRIQUE, hier in den 1870er-Jahren die Führung übernommen, dennoch war die Bereitschaft, diese Systeme weiterzuentwickeln, nicht groß, und so übernahmen britische Firmen schnell die Marktführerschaft in diesem Bereich.
Der Clipper DUNEDIN wurde nachträglich mit einer dampfbetriebenen Kühlanlage ausgestattet und unternahm 1882 erfolgreiche Reisen von Australien nach Großbritannien, was andere veranlasste, diese Technologie auf ihren Schiffen ebenfalls einzusetzen.
Technisch ist das Gefrieren von Nahrungsmitteln deutlich einfacher und verbraucht weniger Energie als das Kühlen, bei dem häufig auch noch ventiliert werden muss, um schädliche Abgase aus den Laderäumen zu entfernen.
In den 1930er-Jahren wurden in Großbritannien weitere Fortschritte in der Kühltechnik gemacht. „Gekühltes Fleisch galt als schmackhafter als gefrorenes Fleisch, da das Blut in gekühltem Fleisch nicht gefriert und die Blutgefäße nicht platzen und dadurch der Geschmack verloren geht.“ (Kerbrech, 1998, S. 3) Leider war bis dahin ein Transport von gekühltem Fleisch über längere Strecken – also von Australien nach Großbritannien – nicht möglich. Dies gelang nur über die kürzere Distanz aus der La-Plata-Mündung. Es war insbesondere die Konkurrenz zwischen der britischen Blue Star Line, die zur heute noch existierenden Vestey-Gruppe gehörte und die starke Interessen im Verkehr mit Lateinamerika hatte, und der Shaw, Savill & Albion Line sowie der Port Line, die beide im Verkehr mit den Kolonien auf der Südhalbkugel engagiert waren.
BLUMENTHAL (1), Union Reederei, Promenadendeck / promenade-deck (Hans Engler / Hero Lang, Slg. Claus-Dieter Hilbig)
Obschon der Bananentransport der bekannteste Verkehr mit Kühlgütern ist, ist er doch nicht der größte, denn dies sind zweifellos die Gefriertransporte mit Fleisch, die 2014 ca. 25 % ausmachten – gegenüber 17 % für Bananen.
Der Transport von Bananen setzte lange vor dem Gefriertransport ein – allerdings zunächst nur auf den vergleichsweise kurzen Strecken zwischen Mittel- und Nordamerika oder zwischen den Kanarischen Inseln und Europa. Insbesondere die segelnden Kühlschiffe in der Karibik waren abhängig von Wind, und die nicht vorhandene Ventilation an Bord führte dazu, dass das Ethylengas, das die Bananen entwickeln, diese in der Qualität reduzierten. Der Einsatz von Schiffen mit Gefrieranlagen war keine Option, denn Bananen mussten mit einer Temperatur von + 12 Grad Celsius verschifft werden und dazu noch in ventilierten Räumen. Auf der vergleichsweise kurzen Strecke zwischen der Karibik und Nordamerika, aber auch zwischen den Azoren und Nordeuropa war der Transport von Bananen möglich, obschon auch hier sehr viele Früchte auf dem Transport verdarben.
„Es war die Errichtung von Großplantagen in Mittelamerika, die zu niedrigen wirtschaftlichen (wenn auch nicht sozialen und ökologischen) Kosten in Verbindung mit der Eisenbahn enorme Mengen produzierten, die Ende des 19. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten einen großen Markt für Bananen schufen. Mehr als 12 Millionen Bananenbündel passierten 1892 die US-Häfen, und Bananen galten als ‚Grundnahrungsmittel‛ und wurden in Rezeptbüchern erwähnt.“ (Lennerfors, Birch, 2019, S. 32) In diesem recht kapitalintensiven Geschäft wird die Verquickung von Wirtschaft und Politik im Begriff der „Bananenrepublik“ deutlich, mit beiden herausragenden Unternehmen United Fruit (später Chiquita) und Standard Fruit (Dole).
Es dauerte noch eine Reihe von Jahren, bis Bananen über größere Strecke wirtschaftlich transportiert werden konnten – immerhin ist die Distanz von Ecuador nach London doppelt so lang (5.600 sm) wie die zwischen Ecuador und New York (2.800 sm).
Doch auch im Atlantik begann der Verkehr mit Bananen zuerst auf der vergleichsweise kurzen Strecke von Las Palmas, Gran Canaria, nach Großbritannien.
BRUNSHAUSEN (2), Reederei W. Bruns, ladend/loading in Guayaquil/Ecuador (Reederei W. Bruns, Slg. Ralf Witthohn)
„Um 1880 nutzten die eingehenden Schiffe von Elder, Dempster & Co. (immer noch unter der Leitung von Alexander Elder und John Dempster) die regelmäßigen Kohlen- und Nachschublieferungen in Las Palmas, Gran Canaria, indem sie ihre Ladungen mit Bananen aufstockten. Die damals seltene Frucht wurde in Lancashire so populär (wegen der kurzen Reifezeit einer Banane und der Schwierigkeiten einer schnellen Verteilung), dass die Plantagenbauern, hauptsächlich im Ausland lebende Briten, begannen, sich mit Elder und Dempster zusammenzuschließen und die Zahl der Bananenexportanfragen stieg.“ (Haws 1996, S. 2)
Kurze Zeit später begann die Zusammenarbeit zwischen Elder Dempster und dem Fruchtimporteur Fyffes, und Ende des 19. Jahrhunderts wurde ein Projekt mit der britischen Regierung entwickelt, um Bananen aus Jamaika zu importieren mit dem Ziel, die Wirtschaft in den karibischen Kolonien zu entwickeln. Es wurde ein Postschiff-Kontrakt geschlossen, in dem die Regierung den Verkehr subventionierte und der Reeder eine entsprechend große Anzahl Abfahrten garantierte. Insbesondere ausgehende Ladung (von Großbritannien in die Karibik) war nicht einfach zu finden, sodass der Kontrakt hier eine gewisse wirtschaftliche Sicherheit bot. 1901 war es dann soweit. „Die bahnbrechende Reise auf diesem Gebiet begann 1901 mit der Ankunft des neuen Kühlschiffs PORT MORANT von Sir Alfred Jones‘ Imperial Direct West India Line in Bristol, das 18.000 Bananenstauden transportierte.“ (Tolerton, 2008, S. 10) Elder Dempster war als Reederei nicht in der Lage, die landseitige Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, und die Verbindung mit dem Fruchthändler Fyffes wurde durch die Gründung der Elders & Fyffes Limited besiegelt. Diese Organisation war für beide Partner ein Gewinn, denn Elders hätte sonst möglicherweise einen Schifffahrtskonkurrenten bekommen, und Fyffes hätte einen Mitbewerber im Fruchtgeschäft gehabt.
Doch das Geschäft lief anfangs nicht wie erhofft. Naturkatastrophen in den Exportländern und unprofessionelle Behandlung der Früchte während des Transports führten dazu, dass die erwarteten Mengen dem britischen Markt nicht zur Verfügung standen. Die Lösung war eine Kooperation mit der US-amerikanischen United Fruit Company, bei der diese sich mit 45 % an Elders & Fyffes beteiligte – womit das Unternehmen britisch blieb. United Fruit eröffnete auch andere Exportmärkte, und das Geschäft blieb nicht auf Jamaika beschränkt.
Mit dem Tod von Sir Alfred Jones 1909 kam es zu einer Neuorganisation der Unternehmensgruppe. Sir Owen Philipps, der über seine King Line und die Royal-Mail-Gruppe das größte Schifffahrtsimperium der Welt aufbaute, erwarb die Elder, Dempster & Co. und gliederte sie seinem Konzern ein. Die Handelsinteressen von Elders & Fyffes gingen mit dem Auslaufen des Postschiff-Kontrakts 1913 zu 100 % an die United Fruit in den Vereinigten Staaten. (Green, 1982, S. 29 ff.)
Der Erste Weltkrieg brachte den Verkehr mit Bananen und anderer Kühlladung über den Atlantik zum Erliegen.
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