Der eine war Lascienski, der andere war ihm jedenfalls untergeordnet, denn er benahm sich sehr untertänig und wurde vom Grafen mit „du“ angesprochen unid ausgezahkt. Es mußte sich um einen Auftrag handeln, den der kleine stämmige Mann schlecht ausgeführt hatte. Auch von Nelken redete der Graf und dann fiel ein Wort, welches Thorgau aufhorchen ließ.
„Parkany.“
Der Freiherr hatte es vorher nur ein einzigesmal gehört. Das war am gestrigen Tage gewesen, während der Audienz, die er bei dem Präsidenten des Hofkriegsrates, dem Markgrafen Hermann von Baden, gehabt hatte.
Der Markgraf, welchem die Thorgaus vom Reiche draußen schon seit langem bekannt und von ihm hochgeachtet waren, hatte Wolf Dietrich schier wie einen Sohn behandelt und ihn auch bei sich behalten, als andere Herren von dem Hofkriegsrat zu einer Beratung eingetroffen waren. Bei dieser Beratung war das Schloß Parkany bei Eperjes in Nordungarn, als der Sitz eines Grafen Tököli erwähnt worden, als der Wohnsitz eines Mannes, dem trotz seiner scheinbaren Friedensabsichten nicht zu trauen war. Graf Emerich Tököli galt bei den Herren ganz einfach als ein heimlicher Freund und Helfer der Türken.
Das hatte Thorgau gestern bei seinem Gönner erfahren und die Namen „Tököli“ und „Parkany“ waren in seinem Gedächtnis geblieben.
Als er dieses Wort jetzt vernahm, erregte es in hohem Grade seine Aufmerksamkeit und es veranlaßte ihn, den beiden zu folgen. Es diente ihm, daß auch jetzt nur wenige Leute hier gingen und daß er in einen langen Mantel gehüllt und heute nicht in Uniform war. Sein Vetter hatte ihm zur langen Fahrt im offenen Schlitten den Mantel und die Pelzkappe aufgedrängt.
In dieser Tracht brauchte er ein Erkennen kaum zu fürchten, denn er hatte die Kappe tief ins Gesicht gedrückt und den Kragen des Mantels hochgeschlagen. So konnte er es wagen, den beiden, ihm plötzlich verdächtig Gewordenen ganz nahe zu bleiben. Aber er gewann dadurch nichts. Nur die Überzeugung bekam er, daß der kleine Dicke ein Diener des Grafen sei und daß er es gewesen, welcher Lascienski, und zwar auf irgend eine mühevolle Weise die Nelken beschafft hatte, welche gestern des Baumeisters Tafel schmückten.
Im Freisingerhof entschwanden ihm die zwei. Thorgau kehrte wieder um und befand sich bald im Hause des Magisters. Der Magister und seine Frau waren noch nicht heimgekommen. Nur seine Mutter war da, den lieben Gast zu begrüßen. Von Thorgau dazu veranlaßt, schilderte sie ihm den ihr wohlbekannten Charakter des Baumeisters und seiner Kinder.
Frau Martha hatte keine böse Zunge, dennoch kam in ihrer Schilderung eigentlich nur der Mönch gewordene Sohn Bauernfeinds ungerügt weg. Eva bekam nur eine einzige Rüge, nämlich, daß sie ein gut Teil der väterlichen Eitelkeit geerbt habe, dieser bei dem Alten riesengroßen Eitelkeit, welche ihn dazu gebracht hatte, oft schon recht unwürdig zu handeln.
„Weißt du, Wolf-Dietrich“, schloß die alte Frau, „das Protzen und das Großtun versteht man überall, so hab’ ich gehört; daß es aber die Wiener besonders gut verstehen, das hab’ ich in meinem langen Leben oft merken können und dazu haben wir einen häßlichen und auch recht lächerlichen Fehler. Uns imponiert alles, was glänzt — sei es Reichtum, sei es ein Titel. Ein Graf, mag er der armseligste Lump sein, wird hier von den Bürgerlichen für etwas ganz Besonderes gehalten. Nur wenige Türen werden nicht auffliegen, wenn er die Gnade hat zu kommen. Und so liegen wir auch vor dem Geld auf den Knien sowie vor denen, die es besitzen. Nur den Reichtum an Wissen schätzt der Wiener nicht. Davon hätte dein guter Ohm, mein seliger Mann, gar viel erzählen können.“
Da strich der Hauptmann zärtlich über ihre welke Hand und sagte lächelnd: „Fast meinte ich, meine Mutter reden zu hören. Eure Schwester, liebe Muhme, gleicht Euch nicht nur im Gesicht, sie gleicht Euch auch im Denken auf ein Haar. Auch sie ist mit dem Weltlauf nicht zufrieden und urteilt über die Menschen so, wie Ihr es tut.“
Ein paar Stunden später zog Thorgau sich zum Schlafen zurück.
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