Ian Kershaw schrieb in seinem Werk „Bayern in der NS-Zeit“ über das Jahr 1934: „Im überwiegend protestantischen Mittelfranken bildeten sich die radikalsten Formen des NS-Antisemitismus heraus. Unter dem Einfluss Streichers wurde oft erbarmungslos gegen die Juden vorgegangen. Obwohl auch hier bei den meisten Ausschreitungen die örtliche Parteileitung bzw. die SA, SS oder HJ die Regie führte, so zeigte sich doch, z. B. anlässlich des berüchtigten Gunzenhausen-Pogroms vom März 1934 - des schlimmsten Auswuchses von Judenhass vor der ‚Reichskristallnacht’ in Bayern - dass sich in extremen Situationen ein breiteres Publikum zu hysterischer Stimmung gegen die ansässigen Juden hinreißen lassen konnte.“
Spitalkirche Heiliggeist: Das Gotteshaus in der Spitalstraße geht auf eine Stiftung Burkhards von Seckendorff im Jahr 1352 zurück. Mit dieser Stiftung verwoben ist die Legende vom „Kreuz im Altmühltal“; danach soll der edle Ritter bei der Jagd seine Geliebte versehentlich getötet haben, weil er sie für ein Reh hielt. Aus Reue über seine Tat entschloss sich der Seckendorffer, so die Sage, zu der großzügigen Spende des Heiliggeist-Spitals und der Spitalkirche. 1761 erfolgte unter Johann David Steingruber ein Neubau im spätbarocken Stil. Im Innern der Kirche befindet sich das Hochgrab des Burkhard von Seckendorff, der 1365 starb. Er zeigt sich dem Besucher in voller Rüstung mit Gürtel, Schwert und Topfhelm. Sehenswert ist die Stuckdecke mit dem Wappen der Fürsten des Hauses Brandenburg-Ansbach. Besichtigung nach Anmeldung im Ev.-Luth. Dekanat möglich (Tel. 09831-884860). Das benachbarte ehemalige Spitalgebäude ist heute ein großzügig ausgestattetes Jugendzentrum. Ebenfalls in der Nachbarschaft erhebt sich der moderne Bau der Jugendherberge ( → Übernachten).
Wanderung auf den Spuren der Römer
Auf den Spuren der Römer im Burgstallwald von Gunzenhausen
Im Burgstallwald, der wie eine grüne Lunge in das Stadtgebiet von Gunzenhausen ragt, verläuft ein Trimm-dich-Pfad („Vita-Parcours“), der, wenn man sich beim Waldbad am Limes (Steintreppe) im Uhrzeigersinn einfädelt, in knapp 30 Min. an der Hensoltshöhe vorbei und über die Himmelsleiter zum Bismarckdenkmal führt. Der Weg wurde um 1900 aus den hier vorgefundenen Steinen des Limes und einer vor- und frühgeschichtlichen Ringmauer errichtet. Hier befindet sich auch der erste der drei römischen Wachttürme (4,7 x 6,3 m) des Burgstallwaldes. Nur ca. 60 m davon entfernt wurden die Reste eines weiteren Wachtturms gesichert (5,5 x 7,4 m). Auch hier ist der Verlauf des Limes gut erkennbar. Folgt man der römischen Grenze in östlicher Richtung, erreicht man nach ca. 500 m die Fundamentreste des nächsten Wachtturms (5,4 x 4,4 m), in dessen Nähe (ca. 50 m südlich) sich ein Kleinkastell (20 x 20 m) befand. Die noch gut erkennbaren Gräben und eine um 1900 errichtete Stele mit der Inschrift „Castrum Romanum“ erinnern daran, dass die Römer im 3. Jh. eine kleine Einheit römischer Soldaten hierher verlegten, um den Anstürmen der germanischen Verbände entgegenzuwirken - ohne Erfolg, wie wir heute wissen.
♦ Zum Burgstallwald gelangt man entweder zu Fuß von der Altstadt aus in Richtung Norden (über Hensoltstraße, Alter Friedhof und Krackerstraße; gut 30 Min. ansteigender Fußweg; vom Ende der Krackerstraße führt der Waldweg knapp 15 Min. hinauf zum Bismarckdenkmal) - oder vom Parkplatz des Waldbads am Limes aus.
Ortsteile Oberasbach und Aha
Den kleinen Ort über dem Altmühltal erreicht man von Unterasbach (B 13) aus, mit dem es bis zum Jahr 1360 eine gemeinsame Ortschaft namens Aspach bildete. Auf halbem Weg steht die St.-Michaels-Kirche, deren zwiebelförmiger Turm schon von Weitem sichtbar ist. Das Gotteshaus auf dem Michelsbuck erhielt sein Turmobergeschoss von Johann David Steingruber in den Jahren 1752-54. Das Langhaus und die Außenfassade wurden vor Jahren mit viel Geschmack und großem Aufwand restauriert. Im Ort selbst begegnen wir der Wolfgangskapelle, die einmal eine berühmte Wallfahrtsstätte war. Sie geht zurück auf einen Ablassbrief des griechischen Bischofs Bessarion von 1460. Der Mann vom Mittelmeer war gerade auf einer Werbereise für einen Kreuzzug unterwegs. Bis zum Dreißigjährigen Krieg florierte das kleine Wallfahrtsunternehmen. Dann wurde die Kapelle bis auf die Grundmauern niedergebrannt und erst 1878 neu aufgebaut.
Übernachten/Essen Landgasthof Baumgärtner, traditionsreiches Haus mit großem Platzangebot und urig-fränkischer Küche. Schöner Biergarten. 13 Gästebetten. DZ mit Du/WC ab 55 €. Mai-Sept. Di-So ab 17 Uhr, Okt.-April Do-So ab 17 Uhr. Oberasbach 16, Tel. 09831-2429, www.gasthaus-baumgaertner.de
Die Michaelskirche, Wahrzeichen des Gunzenhäuser Landes
Aha: Der kleine Ort an der Altmühl, früher ein Fischerdorf, wird 1208 von einem Chunrad de Ahe erwähnt, einem Kanoniker aus dem Altmühlkloster Herrieden. Früh schon hatte Eichstätt das Sagen, sodass ein ortsadeliges Geschlecht sich nicht festsetzen konnte. Später geriet das Dorf wie Gunzenhausen unter den Einfluss der Ansbacher Markgrafen. Daher rührt auch der Umstand, dass der ansbachische Hofbaumeister Johann David Steingruber die Umbauarbeiten an der evangelisch-lutherischen Kirche 1747 betreute. Das Gotteshaus ist eine der typischen Markgrafenkirchen des mittleren Altmühltals. Die Renovierung hat die Kirche zu einem Schmuckstück gemacht.
Basis-Info
Information Touristinformation: Mai-Sept. Mo-Fr 9-12.30 und 14-18 Uhr, Sa 10-14 Uhr, Okt.-April Mo-Fr 9-12.30 und 14-17 Uhr, Sa 10-13 Uhr. „Stumme Touristinfo“ tägl. 8-22 Uhr. Rathausstr. 12, 91710 Gunzenhausen, Tel. 09831-508300, www.gunzenhausen.de
Hin und weg Bahn: Der Bahnhof Gunzenhausen ist seit Jahren nicht mehr mit Personal besetzt. Es gibt jedoch einen gastronomischen Betrieb und einen Kiosk. Fahrplanauskunft kostenlos unter Tel. 0800-1507090. Am Bahnhofsplatz befindet sich ein rund um die Uhr besetzter Taxistand (Tel. 09831-2270). Im Ort gibt es im Reisebüro Hauck eine DB-Agentur, Bühringerstr. 1, Tel. 09831-9191.
Fahrrad: Gunzenhausen ist für viele Radlurlauber der ideale Start- und Zielpunkt für Touren in und aus dem Altmühltal sowie rund um die fränkischen Seen (→ Fahrradtouren). Die Stadtverwaltung bemüht sich erfolgreich darum, die Stadt fahrradfreundlicher zu gestalten. Neben den im Straßenverlauf gut sichtbar markierten Radwegen wird jetzt auch eine Fahrrad-Garage mit 12 Boxen angeboten (hinter der Tourist-information). Hier kann auch Gepäck verstaut oder das E-Bike aufgeladen werden. Mit einem Code kann die Box innerhalb der Mietzeit (Mietkosten je nach Dauer zwischen 50 Cent und 2 Euro) jederzeit geöffnet werden. Neben den Boxen gibt es eine Servicestation mit Luftpumpe und Werkzeugen.
Als Fahrradgeschäft empfiehlt sich das Zweirad-Center Gruber. Der größte ZEG-Fachmarkt im Fränkischen Seenland bietet alles, was man an Fahrrädern und Zubehör benötigt, auch ein E-Bike-Testzentrum und eine große Auswahl an Rikschas, die man zur Umrundung der Seen ausleihen kann. Repariert wird alles, was nicht mehr zu bewegen ist. Die Beratung ist fundiert, auch ausgefallene Wünsche werden erfüllt. Weißenburger Str. 49 (stadtauswärts Richtung München), Tel. 09831-8847900, www.radsport-gruber.de
Читать дальше