Coca-Cola ist ein Musterbeispiel dafür, wie Kommunikation wirkt. Nüchtern betrachtet ist Coca-Cola dunkelbraun eingefärbtes Zuckerwasser. Klingt erst mal nicht so besonders attraktiv. Doch Coca-Cola hat es über Jahrzehnte geschafft, das Produkt mit Emotionen aufzuladen: »Mach dir Freude auf!« Coca-Cola ist ein Produkt, das keinen Nutzen im Alltag bietet. Dennoch wird es millionenfach mit Erfolg verkauft, zum Beispiel wegen des funkelnden Weihnachtstrucks oder der emotionsgeladenen Bilder zu einer Fußball-WM. Zur richtigen Zeit begeistern solche Bilder die Menschen. Die Marke wird erlebbar. Es ist nicht »nur« ein Slogan.
Alles, was sich abhebt von einer Masse, von dem Gewohnten, von einer Mehrheit, fällt uns auf. Wenn man spielende Kinder beobachtet, versteht man am einfachsten den Mechanismus, der einer geschickten Kommunikation zugrunde liegen sollte. Die meisten Erwachsenen erstarren in Regeln wie »Das macht man nicht« oder »Das war immer so«. Sie ersticken in Konventionen und Klischees. So ist auch ihr Denken getrieben. Für Kinder hingegen ist jeder Tag, jede Stunde und jede Minute neu. Es gibt immer etwas zu entdecken.
Viele Ziele werden als unerreichbare Wünsche formuliert
Die Neugierde beflügelt den Spieltrieb. Spiel ist jedoch nichts anderes als probieren oder »einfach machen«. Kinder spielen und machen dabei positive und negative Erfahrungen. Klappt etwas nicht, lassen sie es. Haben Kinder im Spiel ein positives Erlebnis, treibt sie das an zu »mehr«. Sie machen Erfahrungen und dadurch begreifen sie. Ihnen wird durch ihr Handeln etwas bewusst. Spaß und Freude sind die besten Motivationstrainer. Neugierde ist der Schlüssel dazu und die Vorstufe zum Lernen. Das neu Erfahrene versetzt uns in Staunen. Insofern entstand und entsteht durch Staunen Wissen. Wir gewinnen Erkenntnisse. Schlauer werden wir nicht durch erwartete oder vorhersehbare Lösungen. Doch im Alltag wird auf Sicherheit gesetzt und vor Experimenten gewarnt. Wir schwanken zwischen den Extremen »Langeweile« und »Dauerreizung«. Weil wir mit der Zeit gelernt haben, dass diese Extreme ungut für uns sind, verharren viele von uns leider im Stillstand. Neugierde ist das Gegenmittel zu Stillstand. Sie fordert geradezu zum Regelbruch auf! Wer etwas Neues wagt, traut sich auch, Grenzen zu überschreiten; er muss Grenzen überschreiten. Sonst wäre es nicht neu, sondern bekannt.
»Wenn ich einmal reich wäre …« – Garantiert haben Sie diesen Spruch schon öfter mal gehört. Es ist nicht nur einfach ein Spruch. Dieser Satz dokumentiert eine unentschlossene Haltung. Vordergründig wird ein Wunsch beschrieben. Doch dieser Wunsch ist an eine Bedingung geknüpft, die so formuliert ist, dass der eigentliche Wunsch unerreichbar erscheint. Auch viele Ziele werden so formuliert. Der berühmte Bergsteiger Reinhold Messner wäre nie ohne Sauerstoffgerät auf alle Achttausender gestiegen, hätte er es unterlassen, irgendwann einmal den ersten Schritt in Richtung Gipfel zu machen.
Mein Rednerkollege Steve Kroeger ist ebenfalls Extrembergsteiger und realisierte sein 7-SUMMlTS-Projekt, die Besteigung der jeweils höchsten Gipfel auf allen sieben Kontinenten. Steve ist nicht nur Sportler, er arbeitet auch als Mentalcoach. Seine Erfahrungen als Bergsteiger bezieht er in seine Seminare und Vorträge ein. Er sagte mal zu mir: Viele Menschen machen Urlaub in den Bergen. Die stehen dann im Tal und schauen hoch zu den Bergen. Davon beeindruckt, sagen sie: »Da möchte ich auch mal rauf.« Das war’s dann aber auch. Fragt man genauer nach, warum sie ihren Wunsch nicht umsetzen, kommt als Antwort alles Mögliche. Der Urlaub sei fast vorbei, man habe nicht die richtigen Schuhe mit, die Frau habe Angst usw. Die Liste der Ausreden oder Rechtfertigungen ist lang. Es ist die gleiche innere Haltung, die der Spruch »Wenn ich einmal reich wäre …« ausdrückt. Die Gründe, warum viele Menschen ihren Wunsch mit einer fast unerfüllbaren Bedingung verknüpfen, sind sehr unterschiedlich. Häufig haben die Menschen Angst, über eine bestimmte Grenze zu gehen. Manchmal haben sie Angst vor der eigenen Courage. Oder es ist die Angst vor einem möglichen Scheitern, die sie zurückhält. Es gibt unzählige Formen und Ausprägungen von Angst. Etwas Neues stellt auch immer ein Risiko dar. Etwas ist unbekannt und kann kaum kalkuliert werden.
Ohne Strategie auf den Everest ist Harakiri
Mich persönlich ärgern Menschen, die laut spektakuläre Pläne verkünden – möglichst so, dass sie von jedermann gehört werden. Wir kennen ja alle den Spruch »Hunde, die bellen, beißen nicht«. Diesen Typ Mensch meine ich. Sie bellen laut, aber nichts passiert. Im Unterschied zu den zögerlichen, nach Ausreden suchenden Menschen haben diese Menschen noch nicht einmal die Absicht, das, was sie lauthals äußern, auch umzusetzen. Was sie wollen, ist Aufmerksamkeit und Show. Der zögerliche Typ würde zwar gern etwas machen, er weiß aber nicht, wie. Entweder es mangelt ihm an der Idee oder an der Motivation für die Umsetzung. Dieser Typ Mensch hat sich seinen Wunsch nicht richtig bewusst gemacht. Hätte er das, würde er einen Weg finden, sein Ziel zu erreichen.
Steve Kroeger hatte bis zu seinem dreißigsten Lebensjahr noch keinen Berg bestiegen. Dann entwickelte er die Idee, die 7 Summits zu besteigen. Es ist jedoch nicht bei dem Gedanken geblieben. Steve hat einfach losgelegt. Er hat seine Idee umgesetzt. Doch Steve ist weit davon entfernt, Harakiri zu begehen und einfach loszulaufen. Um die höchsten Berge aller Kontinente zu besteigen, hat er sich intensiv vorbereitet. Er hat sich mit sich selbst auseinandergesetzt: Will ich das? Bin ich bereit dafür? Bin ich auch bereit, über meine Grenzen zu gehen? Habe ich die notwendige Ausdauer und die Kondition? Wie sieht es mit einer Niederlage aus? Kann ich das verkraften? Dazu hat Steve sich mit dem Berg beschäftigt – dem Weg zum Ziel. Wie sieht der Aufstieg aus? Welches sind die besten Monate zum Gipfelsturm? Wie sieht das Wetter dann aus? Wie ist die Umgebung beschaffen? Ist der Fels brüchig oder ist er fest? Wie sieht es mit Eis und Schnee aus? Dazu kommen Fragen zum Material: Seile, Schuhe, Verpflegung, Haken, Rucksack usw. Weiter war entscheidend: Wer geht mit, passt das, ist das Team fit und motiviert? Bevor Steve zu einer Bergexpedition startet, geht er immer wieder im Kopf die Route durch. Er überlegt sich, wie er im optimalen Fall den Gipfel erreicht und wie viele Tage er dazu benötigt. Als Profi denkt er außerdem über einen Plan B nach. Ein Berg ist trotz aller Planung unberechenbar und der Verlauf einer Bergexpedition nicht immer vorhersehbar. Zum Beispiel kann das Wetter umschlagen. Wenn dann keine Biwakmöglichkeit vorhanden ist, bleibt nur der Abstieg mit der Option, es ein anderes Mal wieder zu probieren. Genau das machen Leute wie Reinhold Messner und Steve Kroeger. Sie machen, sie halten durch, bis sie ihr Ziel erreicht haben. Wenn »Rückschläge« dazwischenkommen, starten sie erneut.
Langfristige Strategie entwickeln und loslegen
Ein Steve Kroeger hätte nie sein auf sieben Jahre angelegtes 7-SUMMlTS-Projekt realisieren können, hätte er nur gesagt: »Das müsste man mal machen!« Dann wäre es bei der Idee geblieben. Der erste Schritt zur Umsetzung war das Bewusstwerden der Idee, das zu seinem Entschluss »Ich mache das« führte. In der bewussten Auseinandersetzung mit der Idee wurden Steve auch die Gefahren bewusst. Um optimal, ohne Verletzung und am besten gleich beim ersten Versuch auf dem ersten der sieben Gipfel zu stehen, musste Steve seinen Weg planen. Er legte sich eine Strategie zurecht, um sein Ziel erfolgreich zu erreichen. Indem er plante, wurde ihm auch die Dimension seiner Entscheidung noch deutlicher. Erst als alle Vorbereitungen erledigt und die Sachen gepackt waren, machte Steve mit seiner Crew den ersten »physischen« Schritt zur Besteigung des ersten Gipfels. Auch beim Aufstieg war er sich bewusst, dass Unvorhergesehenes passieren kann. In welcher Form etwas hätte passieren können, wusste Steve natürlich auch nicht. Er war aber auf das »Eventuelle« gefasst. Und das hätte ihn im Fall der Fälle nicht so arg getroffen wie jemanden, der einfach kopflos losgerannt wäre. Ohne Strategie ist ein Gipfelsturm purer Leichtsinn.
Читать дальше