Der hartnäckige Verehrer Der hartnäckige Verehrer Wie eine Prinzessin unter die Haube kam Friedrich III. hatte eine hübsche Tochter namens Kunigunde, die recht ungezwungen aufwuchs – bis sie ins heiratsfähige Alter kam. Sie wollte Matthias Corvinus, der schon 1470 beim Herrn Papa um die Hand des damals erst fünfjährigen Mädchens angehalten hatte. Doch der König von Ungarn passte nicht in die kaiserlichen Pläne, weshalb die 15-Jährige auf die Grazer Burg umsiedeln musste, um fern der Heimat ihren Liebeskummer zu verwinden. Dort wurde sie beinahe zum Opfer einer Verschwörung, die allerdings rechtzeitig aufgedeckt werden konnte, was der Prinzessin das Leben rettete. Friedrich ließ seine Tochter daraufhin nach Innsbruck zu Herzog Siegmund bringen, dem er in Freundschaft verbunden war. In Tirol lernte das Mädchen den um 18 Jahre älteren bayerischen Herzog Albrecht IV. kennen, der sich von der Heirat einen Machtgewinn erhoffte. Kunigunde war mit der Ehe ebenfalls einverstanden und zog zu ihrem Bräutigam in spe. Doch noch während der tagelang dauernden Heiratsverhandlungen besetzte Albrecht die Reichsstadt Regensburg, woraufhin Friedrich die beinahe schon erteilte Einwilligung zur Vermählung wieder zurückzog. Kunigunde wurde als Spielball des machtpolitischen Kräftemessens wieder an den Hof in Innsbruck zurückgebracht und fand sich damit ab, nun doch nicht zu heiraten. Der bayerische Herzog dachte jedoch gar nicht daran aufzugeben, verbündete sich mit Siegmund und legte der jungen Frau eine gefälschte Erlaubnis Friedrichs III. zur Hochzeit vor. Kunigunde fügte sich dem scheinbaren Willen ihres Vaters und ehelichte den Betrüger. Der Kaiser schäumte vor Wut, als er von der Trauung erfuhr, und verstieß seine Tochter, von der er annahm, dass sie von dem Schwindel gewusst hatte. Eine Aussöhnung zwischen den beiden fand erst fünf Jahre später statt, eingefädelt von Maximilian I., Kunigundes Bruder. Sein Schwiegersohn blieb Friedrich jedoch bis zu seinem Tod verhasst.
Der eitle Pfau Der eitle Pfau Narzissmus, Propaganda und Selbstdarstellung Bei den Habsburgern gab es jede Menge ausgeprägte Narzissten, die sich für ein gottgleiches Wesen als Nabel der Welt hielten. Der eitelste Pfau im Haus Habsburg war Maximilian I., der sich, wo er stand und ging, in Szene setzte und sich wie ein lebendes Denkmal zur Schau stellte. Laufend mischte sich der „Showstar“ unters Volk, schüttelte Hände, herzte Kinder und machte Scherze mit den Leuten. Er gab zudem für Frauen und Partys gern das Geld in vollen Händen aus, weshalb auch eine Pleite die nächste ablöste. Da der Monarch aus diesem Grund in von ihm bereisten Städten häufig die Zeche prellte, wurde er schon bald „der Kaiser mit den fliehenden Sohlen“ genannt. Seine Vorliebe für Turniere und seine ausgezeichneten Reitkünste trugen ihm zudem den Beinamen „der letzte Ritter“ ein. Seine Nachfahren allerdings bezeichneten Maximilian aufgrund seines teilweise rabaukenhaften Benehmens als „Ritter ohne Furcht und Adel“. Nach dem Tod seiner geliebten Gattin Maria im Jahr 1482 entwickelte sich der Regent zum fast manischen Selbstdarsteller, der aus sich selbst einen Mythos kreieren wollte, laufend an seiner eigenen Legende arbeitete und sein Leben wie eine Realityshow inszenierte. Beispielsweise stieg er zur Gämsenjagd mit auffälliger Bekleidung in die steile Tiroler Martinswand und turnte über die Felsen – allerdings immer nur vor Publikum, das ihm aus der Ferne bewundernd zujubelte. Darüber hinaus ließ er Münzen und Plakate mit seinem Antlitz herstellen und mit einem PR-Text über seinen Erfolg bei Frauen und seine Tapferkeit im Volk verteilen. Zudem erfand er laufend Geschichten, wie etwa die, dass er in München einer Löwin mit Gewalt das Maul geöffnet und in Münster ganz oben auf den Zinnen der Stadtmauer getanzt hätte. Nicht zuletzt verfasste er drei autobiografische Heldenepen über sich selbst, um ewig im Gedächtnis der Menschen zu bleiben.
Der Mantel Jesu Der Mantel Jesu Als ein Kaiser Papst werden wollte Maximilian I. arbeitete sein Leben lang an seiner eigenen Göttlichkeit, die ihn unsterblich machen sollte. Er brachte dafür nicht nur Heldengeschichten von sich in Umlauf, sondern auch christliche Legenden. So soll er von einem Engel ersucht worden sein, nach Trier zu reiten. Der Kaiser leistete der Bitte Folge, und als er in der Stadt die Kathedrale betrat, flammten plötzlich auf dem Altar alle Kerzen auf. Als man den Monarchen beiseiteschob, damit er sich nicht verbrannte, entdeckte man unter dem Opfertisch ein altes Kleidungsstück. Es stellte sich heraus, dass es sich um den Mantel Jesu handelte – die Würfel, mit denen die römischen Soldaten auf Golgatha dessen nächsten Besitzer bestimmt hatten, lagen nämlich praktischerweise auch dabei. Als echter PR-Profi brachte Maximilian die Legende zu jenem Zeitpunkt in Umlauf, als er beschloss, Papst werden zu wollen. Weniger als Oberhaupt der katholischen Kirche, sondern vielmehr als Chef einer der einflussreichsten Machtzentralen Europas, gedachte er den Posten zur Führung eines Kreuzzugs zu nutzen und an die großen Heldenschlachten wie jene unter Friedrich Barbarossa anzuknüpfen. Maximilian, der sich seiner Sache sicher war, machte bereits Scherze über seine ständig wachsende Heiligkeit. Mit dem Zölibat hätte er auch kein Problem gehabt, da er nach dem Tod seiner geliebten Maria und zwei weiteren kaum der Rede werten Vernunftehen keine Frau mehr anzurühren gedachte. In jener Zeit entstand das Zitat des mit übersteigertem Selbstwertgefühl ausgestatteten Monarchen: „Es gibt nur einen, der mehr gelitten hat als Jesus: mich!“ Der wichtigste Finanzier des dauerpleiten Kaisers, Jakob Fugger, wollte allerdings keine Probleme mit seinen römischen Geschäftspartnern. Er drohte daher mit dem Zudrehen des Geldhahns, sollte Maximilian an seinem Vorhaben festhalten, woraufhin der Plan scheiterte.
„La loca“ „La loca“ Wenn die Liebe wahnsinnig macht Als Philipp I. geboren wurde, streuten Agenten des französischen Königs Ludwig XI. das Gerücht, Kaiser Maximilian wäre „nur“ eine Tochter geboren worden. Patentante Margareta von York entblößte das Kind daraufhin öffentlich auf dem Marktpltz der niederländischen Stadt Brügge, um das Gegenteil zu beweisen. Da dem Knaben die mädchenhaft zarten Züge, die helle Haut und die rotblonden Locken blieben, wurde er schon bald „der Schöne“ genannt. Als er im Alter von 18 Jahren seine zukünftige Ehefrau Johanna von Kastilien zwei Tage vor der geplanten Hochzeit kennenlernte, wurden die beiden bei diesem ersten Aufeinandertreffen sofort von lodernder Leidenschaft erfasst. Sie ließen sich noch am selben Abend blitztrauen und fielen danach regelrecht übereinander her. Der Habsburger konnte nicht ahnen, dass sich seine Gemahlin schon bald in eine wahre rage d’amour hineinsteigern sollte. Philipp fühlte sich nach einigen Jahren der Herrschaft in Spanien nicht mehr wohl und begab sich „auf unbestimmte Zeit“ nach Brügge. Johanna reiste ihm nach und ließ sich, als man sie aufhalten wollte, sogar eine ganz Nacht lang zwischen zwei Toren einsperren. In den Niederlanden angekommen, fand sie Philipp mit einer anderen Frau vor. Kurz bevor diese von Johanna an die Luft gesetzt wurde, wollte sie ihrem Liebhaber noch einen Brief zustecken. Als die eifersüchtige Ehefrau dies bemerkte, zerriss Philipps Gefährtin den Zettel, stopfte ihn sich in den Mund und verschluckte ihn. Daraufhin ging Johanna mit einer Schere auf die Rivalin los – wäre der untreue Gatte nicht dazwischengegangen, hätte es ein Blutbad gegeben. Johanna ließ in der Folge Liebestränke brauen, um die Leidenschaft ihres Mannes für sie wiederzuerwecken. Als die Flaute im Bett andauerte, führte dies bei Johanna langsam zur geistigen Umnachtung. Schon bald nannte man sie nur noch Johanna „la loca“ (= „die Wahnsinnige“).
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