Denn wovon das Herz überfließt,
davon spricht sein Mund.
Lukas 6,45
Alle zwei Wochen bei der Chorprobe
Eine im Radio gehörte Predigt hat mich echt begeistert. Es ging ums Dranbleiben. Im Glauben, im Beten, in der Gemeinschaft mit Jesus. Der Pastor hat das verglichen mit einer Ehe. Genauer gesagt, mit der lieben Kommunikation in der Ehe. Das will ich hier für meine Leser schildern, aus meiner Erinnerung zusammentragen. Wie kann das sein, dass wir sagen, wir lieben Jesus, haben dann am Tag aber keine fünf Minuten übrig, um mit ihm zu reden? Keine fünf Minuten, um mal eben „Hallo, da bin ich“ zu sagen? Das wäre, wie wenn in einer Ehe der Mann zur Frau sagt: „Also, wenn wir uns alle zwei Wochen in der Kirche zur Chorprobe sehen und uns da kurz austauschen, dort miteinander reden, dann reicht das doch völlig aus. Das reicht dann wieder für zwei Wochen.“ So etwas wäre wirklich heftig. Das denken wir doch sofort, oder nicht? Ein völliges No-Go und völlig undenkbar in einer gut funktionierenden Partnerschaft oder gar Ehe. Aber wie steht es um unsere Glaubenspartnerschaft? Was, wenn wir Jesus nur in groben, undefinierten Abständen begegnen, mit ihm quatschen? Vielleicht nur jeden Sonntag in der einen Stunde Gottesdienst? Vielleicht noch viel seltener, wenn wir nicht jeden Sonntag das Gotteshaus aufsuchen. Wenn wir nur sporadisch den Gottesdienst besuchen, dann allenfalls sporadisch. Und wenn wir gar niemals in der Gemeinde auftauchen, dann … Das kann sich jeder für sich selbst ganz ehrlich ausmalen. Nun, es wäre schon schön, was vom anderen zu erfahren, bei ihm am Ball zu bleiben. Immer wieder bei ihm aufzuschlagen. Den Ball in der Luft zu halten, auf dem Laufenden zu bleiben. Dazu bedarf es der Kommunikation. Wenn wir wollen, geht die immer bei uns los. Wir brauchen dazu nur mit jemandem in Kontakt zu treten. Uns ihm mitteilen. Unserem Gegenüber selbst ein Gegenüber sein. Wie wäre das, wenn wir einmal täglich eine Chorprobe hätten, eine ganz kurze? Zu viele Leute? Zu viel Liedtext? Zu viele Noten? Extra aus dem Haus müssen? Das auch noch abends, bei Wind und Wetter? Dann noch dieser Dirigent und Chorleiter … und wieso kommen immer die Lieder dran, die wir gar nicht so gern mögen? Davon können Sie ein Lied singen? Dann nehmen Sie doch all das raus. Den Chor. Die Probe. Die Leute. Den Chorleiter. Den anderen Ort. Die unpassende abendliche Tageszeit. Die krummen Töne, die unliebsamen Lieder. Jetzt machen wir den Switch. Jeden Morgen gemeinsam genüsslich frühstücken und sich ganz entspannt austauschen – das hätte doch was, oder? Das klingt sehr annehmbar. Also widmen wir diese Zeit einem Austausch mit Jesus. Das muss gar nichts Großes oder Langes sein. Besser jeden Tag fünf oder zehn Minuten, als jeden Tag zu denken: „Mist, ich habe keine 15, 20 oder 30 Minuten mehr übrig, also lass ich’s aus“. Die Kontinuität tut unserer Gottes- und Jesusbeziehung gut. Indem wir dranbleiben, bleiben wir in unserem Glaubensleben am Ball. Wir gehen verändert in den Tag, wenn wir vorher unsere Stille Zeit mit Jesus hatten. Das muss nicht unbedingt am Küchentisch geschehen. Bei schönem Wetter geht das auch auf dem Balkon, auf der Terrasse – oder bei einem kleinen Morgenspaziergang – im Fortbewegen oder auf einer Bank sitzend. Ich habe die wunderschöne Erfahrung gemacht, dass, wenn es mir gelingt, sehr früh aufzustehen, mir dann auch die Stille Zeit gut gelingt. Das Haus ruht, ich ruhe noch in mir, und so kann man sich sehr wohltuend zurückziehen. Manchmal zieht es mich dazu nach draußen, auf den Balkon bei schönem Wetter. Ab und zu auch mit einem Andachtsbuch, mit einer Tasse Tee. Dann sitze ich dort, bete ein Vaterunser, gucke zum Himmel und in die Landschaft, bin berührt von Gottes Schöpfung. Das bringt mich schon in die Dankbarkeit, in eine Demut, und so hänge ich Gedanke an Gedanke, reihe innere Worte aneinander, leise, mich hört niemand anderes dabei. Meine Hände habe ich dabei gefaltet. Manchmal stehe ich, oft sitze ich auch. Ich sage Jesus, wie es mir geht, was heute alles ansteht. Ich denke an Menschen, die für mich beten. Ihre Namen nenne ich, halte sie Jesus hin. Einen nach dem anderen zähle ich auf. Ich hab da keine feste Reihenfolge. Wie sie mir in den Kopf schießen, zähle ich sie auf. Schiebe manchmal noch jemanden nach, der mir später erst in den Sinn kommt. Ich bin glücklich, dass ich diese Menschen kennen darf. Welch ein Privileg für mich – und Anlass, um ein Dank-Anliegen zu äußern:
„Lieber Herr Jesus, danke für diese Menschen. Und danke für diesen Morgen, für diesen guten Morgen.“
Wenn ich mir anschließend noch den Losungstext durchlese oder einen geistlichen Impuls oder einen anderen Andachtstext für den Tag, und sei dieser noch so kurz, dann ist das einfach ein gelungener und würdiger Start in den Tag. Ich gehe verändert in den Tag hinein. Und der Tag schaut mir verändert entgegen. Ich bin mit Jesus unterwegs, was könnte Schlimmes passieren? Da kann man nur guter Dinge sein oder mindestens besserer Dinge als zuvor. In schwierigen Zeiten ist es schon schlimm, da muss nicht noch was Schlimmeres kommen. Doch auch dann können wir Jesus um Trost, um neue Kraft und Wegbegleiter bitten. Wir können ihn bitten, dass er uns begleitet und beschützt.
Der frühe Beter fängt den Segen
Ein Spaziergang am frühen Morgen tut gut. Er kann unseren Geist erfrischen. Wir müssen einfach den Wecker früher stellen – und dann raus aus den Federn. Das lohnt sich! Wenn wir beim Spaziergang auch noch beten, entfaltet das eine besondere Kraft. Indem wir durch Gottes wunderbare Schöpfung wandeln, empfinden wir nochmals eine andere Dankbarkeit, als wenn wir uns innerhalb unserer eigenen vier Wände Gott zuwenden würden. Es braucht gar kein langer Spaziergang zu werden, eine kurze Strecke reicht, und wir kommen verändert zurück. Man kann das ein bisschen mit dem Vorher und Nachher beim Sport vergleichen. Wenn ich mich zum Joggen aufmache – meist ist das eher abends –, habe ich einen schweren Kopf, in mir wirbeln Gedanken herum, Gefühle tosen umher. Irgendwann während des Joggens reguliert sich das, ohne dass ich es gleich bemerke. Denn ich bin ja bei der Sache, also beim Joggen. Ich bekomme Eindrücke links und rechts vom Wegrand. Vögel flattern durch die Luft, eine Ente watschelt über den Weg. Oder wenn ein Hund angesprungen kommt, sollte man als Jogger schon wachsam sein. Allein deswegen kann ich nicht ständig krampfhaft an meinen schweren Gedanken und Gefühlen festhalten. Wenn ich dann vom Laufen nach Hause zurückkehre, fühle ich mich befreit. Zumindest etwas leichter ums Herz – und zugegebenermaßen ziemlich aus der Puste – als beim Weggehen.
Wenn wir das nun auf einen Gebetsspaziergang am Morgen (oder auch am Abend) übertragen, dann kann uns das doppelt beflügeln. Zum einen, weil wir in Bewegung kommen, weil uns neue Eindrücke überraschen. Vielleicht flattert uns ein Schmetterling entgegen, eine kleine Maus huscht über den Weg oder wir erleben den Sonnenaufgang. Ein andermal hören wir den Schnee unter unseren Füßen knirschen, wir bewundern magische Nebelschwaden oder erschnuppern frischen Regen. In jeder Jahreszeit können wir andere Wunder entdecken. Doch nicht nur die Bewegung tut uns körperlich und seelisch gut. Das Wandeln in Gottes Schöpfungsgarten macht dankbar. Wenn wir dann auch noch beten, entfaltet das einfach eine besondere Kraft. Vielleicht ist es der einen oder dem anderen unangenehm, mit vor sich zum Gebet verschränkten Händen aufrecht durch die Prärie zu marschieren. Das kann ich gut verstehen. Ich habe meine Hände beim Spaziergang entspannt in der Jackentasche, eine betende Haltung dabei nehme ich trotzdem ein. Ich bete leise, innerlich, zu Gott hin. Sage ihm meine Anliegen. Klar kann man auch zwischendurch jemanden grüßen, wenn uns ein Nachbar oder Bekannter entgegenkommt. Das ist keine Unterbrechung. An sich ist unser ganzes Leben idealerweise ein Gebet. Dieses Gebet geht einfach immer weiter. Wir docken uns immer wieder bei Gott an. Klinken uns ein. Rufen ihn an. Wenn wir etwas anderes tun müssen, beispielsweise arbeiten oder die Steuer erledigen oder eine Klausur ablegen, dann sind wir immer noch Gottes Töchter und Söhne. Unsere Grundhaltung, unser Herz, ist auf ihn ausgerichtet. Nur können wir nicht unentwegt aktiv zu ihm hinbeten. Doch wir wissen, dass er da ist. Wir erkennen ihn als unseren Gott an und verehren ihn. Damit ist alles in Ordnung.
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