Prämisse 2: Nicht Umstände sind entscheidend, sondern wie Umständen begegnet wird. Haltung und Verhalten sind einzubeziehen
Erfahrungen in der Praxis zeigen, dass Umstände sekundär sind. Es gibt Menschen, die in extrem schwierigen Umständen Regie übernehmen, mutig Schritte wagen, über sich selbst hinauswachsen und ganz Erstaunliches bewirken. Ich denke etwa an Menschen, die nach einer Krankheitsdiagnose vehement Prioritäten neu setzen, sich für Lebensqualität einsetzen, ihr Leben gestalten. Oder an Menschen, die mit sehr schlechten beruflichen Voraussetzungen den »Dreh« und eine gute neue Arbeitsstelle finden. Zugleich gibt es Menschen, die trotz überschaubaren bzw. förderlichen Umständen ins Schleudern geraten. Ich denke etwa an Menschen, die nach einer Kündigung trotz lückenlosem Lebenslauf, solider Ausbildung, relevanter Praxis und guten arbeitsmarktlichen Chancen nicht über Geschehenes hinwegkommen und in Negativspiralen geraten.
Es liegt in der Natur von Veränderungssituationen, dass auf Umstände fokussiert wird. Das ist auch wichtig, schließlich muss man wissen, was los ist. Nur: Es sind nicht die Umstände, die bestimmen, wie wir einer Situation begegnen. Es sind unser Aufmerksamkeitsfokus, unsere Haltung, der Rückgriff auf bestimmte Überzeugungen und Verhaltensweisen. Daher ist es essenziell, Haltung und Verhalten einzubeziehen. Wenn Frau Ast darauf fokussiert bleibt, Opfer von Mobbing zu sein, wird sie ihren Blick kaum auf Ressourcen richten können, die ihr helfen, eine neue Stelle zu finden. Das mag einleuchten – und doch wird diesem Faktor häufig zu wenig Rechnung getragen.
Prämisse 3: Was im Umgang mit Veränderung vorwärtsführt, ist universal. Entscheidend sind drei Dimensionen.
Wenn Vielfalt und Unterschieden sowie Haltung und Verhalten Rechnung getragen wird, ist eine wichtige Basis gelegt, um Veränderungskompetenz fördern zu können. Doch es bleibt die Frage: Und was genau führt vorwärts? Worauf kommt es im Kern an?
Aufgrund von Praxisbeobachtungen und theoretischer Reflexion bin ich zum Schluss gekommen, dass das, was im Umgang mit Veränderung im Kern vorwärtsführt, universal ist. Egal, ob es sich um berufliche, private oder gesundheitliche Veränderung handelt, ob Veränderung erwünscht oder erzwungen ist, immer sind drei Dimensionen essenziell: Bereitschaft, genau hinzuschauen (Dimension bewusster und förderlicher Wahrnehmung), Entschlossenheit und Mut, vorwärts zu gehen (Dimension selbstverantwortlichen Handelns) und Vertrauen, »anzukommen« (Dimension positiver Erwartungshaltung). In jeder Veränderungssituation ist es entscheidend, Klarheit zu gewinnen, (neue) Perspektiven zu entwickeln, für die man sich einsetzen will und kann sowie das Vertrauen aufzubauen, positive Resultate erzielen zu können. Die Kunst und Arbeit liegen darin, das, was universal ist, in die individuelle Situation zu übertragen: Was heißt dies hier? Wo ist hier anzusetzen?
Auf dieser Basis entwickelte ich den Veränderungskreis, der zugleich konzeptioneller Rahmen dieses Buches ist.
1Dies war etwa in der Psychologischen Arbeitslosigkeitsforschung, mit der ich mich im Rahmen meiner Dissertation beschäftigte, lange der Fall. Bei einer unüberschaubaren Flut von Erkenntnissen, was Menschen in der Arbeitslosigkeit alles belastet, gab es kaum Untersuchungen zur essenziellen Frage, was hilfreich ist. Ähnliches gilt für Beratungs- und Therapieansätze.
2In den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts oft noch belächelt, sind lösungs- und ressourcenorientierte Ansätze in Forschung, Beratung und Therapie inzwischen en vogue. Leider sind sie teilweise oberflächlich rezipiert bzw. werden auf »methodische Trickkisten« reduziert; es wird versucht, mit einfachen »Patentrezepten« Menschen rasch zu positiven Einstellungen und erfolgreichem Handeln zu bewegen. Demgegenüber basiert ein Ansatz wie der Steve de Shazers – dessen Arbeit mich bis heute inspiriert –, einem der wichtigen Begründer und Vertreter Lösungsorientierter Ansätze in Psychotherapie und Beratung, auf fundierter Auseinandersetzung mit Wirkfaktoren erfolgreicher Beratungsprozesse sowie auf einem zutiefst und echt positiven Menschenbild, in dem reale Schwierigkeiten nicht ausgeblendet werden.
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