An dieser Stelle noch eine amüsante Geschichte. Nicht immer klappt alles! Zum Beispiel meine besondere Erfahrung mit Amorpha canescens , Bleibusch oder auch Bastardindigo genannt. In verschiedenen Pflanzungen habe ich ihn wahrgenommen, üppig gewachsen, spät blühend, mit goldgelber Herbstfärbung. Also mit allen Eigenschaften einer Pflanze, die exzellent in mein schon bewährtes Pflanzengefüge passt. Leider ist die Art im Topf völlig unterrepräsentiert, meist ziemlich klein und unscheinbar beim Kauf. Die kleinen Fiederblätter ähneln sehr dem Blatt der Robinie. Diese Eigenschaft hatte leider zur Folge, dass ich über drei Jahre keine Amorpha im Beet hatte. Zwar wurde sie jedes Jahr neu gepflanzt, aber auch jedes Jahr herausgepflegt. Nun zum vierten Mal gepflanzt – die Hoffnung stirbt zuletzt!
In jedem Fall wünsche ich mir, viele andere Seelen mit meinem Schaffen zu berühren und zur Nachahmung anzuregen. Und ich mache dabei keine Diskussion auf, hinsichtlich heimisch oder nicht heimisch. Der Begriff darf sowieso nicht mehr verwendet werden, weil er politisch ist. Wenn dann einheimisch, also indigen. Naturgärtner verwenden indigene, aber auch archäo- und neophytische Arten. Aber nur, wenn sie nicht invasiv sind. Ein spannendes Thema. Den Insekten jedenfalls ist es egal, woher sie ihren Nahrungsbedarf decken. Hauptsache, das Angebot ist üppig über das ganze Jahr verteilt. Einheimisch oder fremd spielt dabei eine untergeordnete Rolle.
Verehrte Garten- und Pflanzenliebhaber, jetzt sind Sie an der Reihe: Haben Sie Freude bei der Umsetzung von gewöhnlichen und außergewöhnlichen Pflanzenkombinationen, seien Sie mutig! Mutig im Zusammenspiel der Pflanzen, mutig im Ausprobieren. Nehmen Sie in Kauf, dass nicht jede Pflanze will wie Sie. Zudem wird die Veränderung der klimatischen Verhältnisse die Verwendung von Pflanzen nachhaltig beeinflussen und dabei auch die Chance für neue Kompositionen ermöglichen. Die Suche gilt denen, die an dem von uns gewählten Ort und Umständen können und wollen. Dann gelingt Garten von ganz alleine. Das Schönste wäre, wenn meine Pflanzungen die Leser motivieren könnten, sich auf den Weg zu machen.
Hanne Roth
Petra Pelz und Peter Berg
1. PREIS
Ein Teil der Pflanzenwelt
Geborgen wie in einem Nest fühlt man sich im von Stauden und Gräsern umgebenen Holzhaus.
Man kann den Auftraggebern nur dazu gratulieren, dass sie sich für diese naturnahe Gestaltung entschieden haben, die einen lebendigen Garten entstehen ließ, der diesen Namen auch verdient. Stauden, Gräser, Gehölze und Natursteine harmonieren mit dem ungewöhnlichen eingeschossigen Holzhaus, betten es in den Hanggarten und lassen es eins werden mit dem nahen Wald.
Ein Vorzeigeprojekt für Biodiversität und Nachhaltigkeit in unserer Branche. Pflanz- und Pflanzenexpertin Petra Pelz und die Gartendesign-Firma GartenLandschaft Berg & Co. haben gemeinsam eindrucksvoll den naturnahen Garten als landschaftsarchitektonisches und -gärtnerisches Gesamtkonzept umgesetzt: eine einstimmige Wahl der Jury.
Auf 1.900 begrünten Quadratmetern wirkt alles naturnah, und doch wurde nichts dem Zufall überlassen: Hier haben die Experten einen Rückzugsort für die Bewohner des Holz-Bungalows geschaffen, in dem sie sich erholen und Natur als Teil ihres Zuhauses erleben können. Verschiedene Bäume und Gehölze fassen den Garten schützend ein und spenden an heißen Tagen Schatten. Die Baumaterialien stammen aus der Region.
Der Garten ist eine wahr gewordene Vision: Sie zeigt eindrucksvoll, was die naturnahe Garten- und Landschaftsgestaltung heute schon für den Natur- und Artenschutz leisten kann. Hier wurde konsequent alles bepflanzt, inklusive der Dächer, die sogar begehbar sind und sich so harmonisch als zusätzlicher Lebensraum für Tiere, Pflanzen und Menschen in die Gartenlandschaft einfügen.
Aus dem Panoramafenster des glänzenden Baumhaus-Kubus erblickt man den gesamten Naturgarten. Durch bodentiefe Fenster, Glastüren und einen ebenerdigen Zugang gehen Wohnraum und Garten des Bungalows eine nahtlose Verbindung ein. Ein durchdachter Mix aus verschiedenen Pflanzenarten und -bereichen sorgt übers Jahr dafür, dass Insekten und andere Tiere möglichst lange Nahrung finden. Hier wirken ästhetisches Verständnis, Handwerkskunst, jahrzehntelange Erfahrung und ausgewiesene Pflanzen- und Pflanzexpertise mit Kreativität und einem visionären Blick auf das Thema Landschafts- und Gartengestaltung zusammen – und schaffen ein naturnahes Refugium für Menschen, Flora und Fauna.
Paul Saum
Weite Blicke: Vom Baumhaus kann man bis Hannover sehen. Die ungewöhnliche Stahlkonstruktion steht auf eigenen Füßen und beeinträchtigt die benachbarte Eiche nicht.
Wunderbare Welt der Stauden: Kerzen-Knöterich 'Blackfield' ( Polygonum amplexicaule ) mit kräftig dunkelroten Blütenähren, dazu filigrane Gräser und das zarte Violett der Großblütigen Schönaster ( Kalimeris incisa 'Madiva').
Terrassen im klassischen Stil gibt es nicht – die Flächen sind mit trittfesten Bodendeckern oder Stauden bepflanzt.
Das Haus wird zu einem Teil der Pflanzenwelt.
Eine Felsentreppe führt durch die Stauden- und Gräserpflanzung hinauf zum Baumhaus am Waldrand.
Alles ist bepflanzt, sogar das Dach des eingeschossigen Holzhauses.
Pflanzen dürfen nicht nur bis an die bodentiefen Fenster des Hauses wachsen, sie dürfen das komplette Flachdach besiedeln und das Gebäude zu einem Teil der Pflanzenwelt machen. Terrassen im klassischen Stil gibt es nicht, sondern teppichartige Flächen mit trittfesten Bodendeckern und Stauden wie Fiederpolster ( Cotula im Halbschatten) und Thymian ( Thymus in der Sonne). So liegt das Haus, als Teil der Natur völlig von Pflanzen umgeben, geschützt in seiner Mulde.
Im Haus blickt man von allen Seiten in die von Stauden und Gräsern belebte Felsenlandschaft. Auf dem Flachdach siedeln Sedum-Arten ( Sedum telephium, Sedum spectabile ), Gräser und kleine Nelken. Über einen Rundweg aus großen Grauwacke-Blöcken gelangt man vom unteren Teil des Grundstückes durch den Garten auf das Dach. „Da das Dach des Wohnhauses von hinten begehbar ist, nimmt der Besucher im ersten Moment nicht wahr, dass er sich über das Haus bewegt“, erklärt Peter Berg. Der Gartendesigner, bekannt für die Gestaltung von Hanggärten mit Natursteinen, arbeitete bei diesem ungewöhnlichen Projekt mit der Landschaftsarchitektin Petra Pelz zusammen. Die Zusammenarbeit mit der Expertin für Pflanzenkonzepte zahlte sich aus, denn kaum jemand versteht es besser, Stauden und Gräser so harmonisch miteinander zu kombinieren, dass solch naturnahe Pflanzenbilder entstehen.
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