Caspari (2013: 39f.) differenziert diesen Aspekt der Interkulturalität noch weiter aus, indem sie die Bedingungen des interkulturellen Charakters um die Parameter ‚ Ort ‘, ‚ Anlass ‘ und ‚ Zeit ‘ erweitert, die ebenfalls Einfluss auf die Sprachmittlungssituation haben. In dieser Situation steht der/die Sprachmittler/in zwischen einer/m Sender/in, der/die einen Ausgangstext innerhalb seiner/ihrer Ausgangskultur produziert und einer/m Empfänger/in, der/die den Zieltext in seiner/ihrer Zielkultur wahrnimmt. Dafür muss die sprachmittelnde Person sowohl die Ausgangs- wie auch die Zielkultur gut kennen und zusätzlich ein hohes Maß an interkulturellen Kompetenzen aufweisen, um diese Situation adäquat bewältigen und die Kommunikation aufrecht erhalten zu können.
Abbildung 2.9: Komplexes Sprachmittlungsmodell (Caspari 2013: 39)
Die Texte, die durch den/die Sprachmittler/in rezipiert und produziert werden müssen, lassen sich anhand folgender Merkmale erfassen: schriftlicher oder mündlicher Kanal, Inhalt, Textsorte, Stil/Diskursform und Absicht und stehen im direkten Zusammenhang mit der kommunikativen Absicht der Sprachmittlungshandlung. Letztere steuert maßgeblich den gesamten Prozess, da durch das kommunikative Ziel Sinn und Zweck der Äußerungen maßgeblich vorgegeben werden und sich daran auch die möglichen interkulturellen Erläuterungen orientieren müssen.
Diese Absicht wird auch in dem von Kolb (2014: 100) entwickelten Modell deutlich, obwohl die Interkulturalität der Sprachmittlungssituation erheblich weniger ausdifferenziert wird, indem sie lediglich die Zielkultur als einzige Referenz angibt (vgl. Abbildung 2.10).
Sie möchte in ihrem Modell sowohl die verschiedenen Komponenten wie auch ablaufenden Prozesse veranschaulichen, die während einer Sprachmittlungssituation auftreten und dabei mündliche wie auch schriftliche Formen abbilden. Sehr prominent sind vor allem die Rezeption des Ausgangstextes und die Produktion des Zieltextes, die durch den/die Sprachmittler/in erfolgen müssen. Kolb (2016) postuliert ebenfalls, dass dieser mit der Makrokompetenz der Sprachmittlung, die weitere unterschiedliche Teilkompetenzen umfasst, ausgestattet sein muss, um so zwischen den verschiedenen Personen vermitteln und agieren zu können. Gleichzeitig kritisiert sie, dass das Modell noch nicht vollständig sei und weitere Aspekte aufgenommen werden müssten, um der Tatsache Rechnung tragen zu können, dass Sprachmittlung eine komplexe Aktivität ist (vgl. ebd.: 125).
In ihrer Habilitation (Kolb 2016: 136ff.) veröffentlich sie folgendes weiterentwickeltes Modell, dass nicht nur die Komplexität, sondern auch die Interaktion von Sprachmittlung berücksichtigt und dabei möglichst reale bzw. authentische Situationen abbildet (vgl. Abbildung 2.11).
Neben den Kommunikanten 1 und 2, die jeweils eine bestimmte Rolle einnehmen, unterschiedliche Sprachen sprechen und diverse Aufträge an den/die Sprachmittler/in stellen, ist die Nennung einer möglichen dritten Kommunikationsperson, die eine weitere Sprache spricht, sehr prägnant. Auch werden die Sprachen, die jeweils die Grundlage für den Ausgangs- und Zieltext darstellen, differenzierter erfasst und schließen neben Textfunktion, Textsorte, Länge/Konstitution und Thema/Inhalt/Struktur erstmals auch Charakteristika, die dem Bereich der Para- und Nonverbalia zuzuordnen sind, wie zum Beispiel Mimik und Gestik, mit ein.
Abbildung 2.11: Prozess- und Interaktionsmodell der Sprachmittlung (Kolb 2016: 137)
Erneut wird die Makro-Kompetenz Sprachmittlung mit ihren diversen Teilkompetenzen angeführt; dabei werden außerdem die stattfindenden Prozesse, in Anlehnung an die beiden Modelle von Hallet (2008b; vgl. Abbildungen 2.5 und 2.6), in die Schritte Auftragsanalyse, Rezeption, Transfer, Produktion und Monitoring untergliedert, so dass der stattfindende mentale Prozess in seinen Grundzügen offengelegt wird. Ebenso positiv ist die Erfassung der einzelnen Komponenten, die für die interkulturelle Situation der Sprachmittlungshandlung von Bedeutung sind. Einige der Aspekte lassen sich auch bei Caspari (2013) finden, werden aber durch die Angabe von Kommunikationsbereich und -form sowie Zweck und Funktion erweitert, wodurch der situative Rahmen weiter ausgeschärft wird (vgl. Kolb 2016: 136ff.).
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass über die Jahre hinweg eine immer weitere Ausdifferenzierung der Modelle stattgefunden hat, so dass das zuletzt erschienene von Kolb (2016; vgl. Abbildung 2.11) viele der Aspekte der vorangegangenen Modelle aufgreift, dabei allerdings auch sehr komplex wird und sich dem/der Betrachter/in nicht sofort erschließt.
Konzepte und Kriterien zur Aufgabenentwicklung
Bevor später diverse Kriterien der Aufgabenentwicklung aufgegriffen werden, soll zunächst darauf hingewiesen werden, dass für die Konzeption eine grundlegende Unterscheidung der intendierten und der tatsächlichen Vorlage des Ausgangstextes von Nöten ist. Der Ausgangstext, den die Lernenden für die Sprachmittlungssituation bearbeiten, kann entweder in schriftlicher oder mündlicher Form präsentiert, d.h. als geschriebener Text oder Hördokument vorliegen. Grundsätzlich ist aber unabhängig von der Darbietungsform auch die intendierte, konzeptionelle Form der Textgrundlage zu unterscheiden; diese kann ebenfalls entweder mündlich oder schriftlich erfolgen. Anhand dieser Varianten ergeben sich folgende vier Möglichkeiten (vgl. Tabelle 2.6; Reimann 2013a).
|
Präsentation der Textgrundlage |
Mündlich |
Schriftlich |
konzeptionelle Form der Textgrundlage |
Mündlich |
Eine Durchsage am Bahnhof oder im Flughafen in Spanien, die als Audiodokument vorliegt und von den Lernenden gehört wird. |
Ein deutscher Podcast, aus dem ein Auszug in schriftlicher Form erstellt, gelesen und von der Klasse bearbeitet wird. |
Schriftlich |
Ein spanisches Kinoprogramm, das schriftlich vorliegt und den Schülerinnen und Schülern von einer spanischsprachigen Person vorgelesen wird. |
Ein deutscher Flyer für eine kulturelle Veranstaltung, der als schriftlicher Text im Spanischunterricht bearbeitet wird. |
Tabelle 2.6: Varianten und Beispiele der intendierten und präsentierten Form des Ausgangstextes
In der Tabelle 2.6 wurden nur wenige Beispiele hinsichtlich der verschiedenen Modi bzw. Register aufgezeigt, prinzipiell lassen sich aber deutlich mehr Varianten der Sprachmittlung zwischen dem Deutschen und Spanischen unterscheiden, vor allem wenn dabei auch die oben aufgezeigten Möglichkeiten berücksichtigt werden. Grundsätzlich erfolgt zunächst eine Unterscheidung der Mittlung bezüglich der beteiligten Sprachen:
Ein deutschsprachiger Ausgangstext, der
Konzeptionell mündlich ist undIn mündlicher Form vorliegt und dabeiMündlich ins Spanische gemittelt wird: Eine Diskussion, die als Audiodokument vorliegt und deren Inhalt mündlich in einem Gespräch wiedergegeben wird.Schriftlich ins Spanische gemittelt wird:Ein Podcast, der gehört wird und dessen Inhalt schriftlich, z. B. in einen Blog, mit eingebunden wird. Schriftlich vorliegt undMündlich ins Spanische gemittelt wird: Eine Rede, die als schriftlicher Text vorliegt und deren Inhalt in einer Diskussion wiedergegeben wird. Schriftlich ins Spanische gemittelt wird:Der Text eines Nachrichtensprechers, der schriftlich vorliegt und in eine E-Mail an eine/n Freund/in mit verarbeitet wird.
Konzeptionell schriftlich ist undMündlich vorliegt undMündlich ins Spanische gemittelt wird: Ein Artikel aus einer Zeitung, der vorgelesen wird und dem/der Gesprächspartner/in mündlich gemittelt wird.Schriftlich ins Spanische gemittelt wird:Ein Flyer über ein Projekt, dessen Informationen für die Planung des nächsten Schüleraustausches per E-Mail an den/die Partner/innen übermittelt wird.Schriftlich vorliegtMündlich ins Spanische gemittelt wird:Ein Plakat mit einer Werbung, das mündlich dem/der Bekannten gemittelt wird. Schriftlich ins Spanische gemittelt wird:Der Fahrplan für die Züge, der dem/der Austauschpartner/in schriftlich per Mail mitgeteilt wird.
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