
Abbildung 2.3: Sprachmittlungsmodell im GeR: Teilprozess ‚Übersetzen‘ (Europarat 2001: 101)
Bei diesem Modell wird also die durchgängige direkte Kommunikation bzw. Interaktion zwischen den einzelnen Aktanten ausgeschlossen, so dass zum Teil lediglich nur das schriftliche Register bedient wird und nur in Ansätzen eine direkte face-to-face- Interaktion, zwischen Partner/in A oder B und dem/der Sprachverwender/in, stattfindet.
Etwas detaillierter ist der modellierte Prozess des ‚ Dolmetschens ‘ (vgl. Abbildung 2.4) beschrieben, der ausnahmslos in direkter, also face-to-face- Kommunikation zwischen Partner/in A, dem/der Sprachverwender/in – der auch hier als Sprachmittler/in fungiert – und Partner/in B stattfindet. Es handelt sich also um ausschließlich mündlich produzierte Texte, die von dem/der Sprachverwender/in bzw. Mittler/in in den beiden Sprachen rezipiert und produziert werden müssen.
Abbildung 2.4: Sprachmittlungsmodell im GeR: Teilprozess ‘Dolmetschen‘ (Europarat 2001: 101)
Wichtig ist hierbei die Unterscheidung des zu erstellenden Textes B, denn bei Dolmetschsituationen handelt es sich nicht wie bei der Übersetzung um Paralleltexte; vielmehr werden korrespondierende Texte erstellt, so dass diese Form deutlich mehr der eigentlichen Intention von Sprachmittlung entspricht (vgl. Europarat 2001: 100; Teilkapitel 2.1.3) und den Prinzipien der ‚ Adäquatheit ‘ bzw. der ‚ Äquivalenz ‘ nahekommen.
Die Tätigkeiten der Rezeption und der Produktion der sprachmittelnden Person finden sich auch bei Hallet (2008b: 4ff.) wieder, der dabei aber gänzlich auf die Benennung von Personen verzichtet und sich vielmehr auf den Prozess (vgl. Abbildung 2.5) und die dabei ablaufenden mentalen Schritte fokussiert (vgl. Abbildung 2.6).

Abbildung 2.5: Der Sprachmittlungsprozess (Hallet 2008b: 4)
Der Akt der Sprachmittlung kann in beiden Registern, also schriftlich und/oder mündlich erfolgen und ist immer an ein Verstehen des Ausgangstextes (Rezeption) und eine angemessene Formulierung des Zieltextes (Produktion) bzw. viceversa gekoppelt (vgl. Abbildung 2.5). Die dabei beteiligen Sprachen müssen jeweils von der sprachmittelnden Person in ausreichendem Maße beherrscht werden, so dass diese die Kommunikation aufrechterhalten kann. Dabei ist auch ein gewisses Maß an interkulturellem Wissen der beiden Kulturen notwendig, so dass bei kritischen Situationen eingegriffen und ggf. durch spezifische Maßnahmen gegengesteuert werden kann.
In einem weiteren Modell (vgl. Abbildung 2.6) spezifiziert Hallet (2008b) die bei der Sprachmittlung ablaufenden komplexen, mentalen Teilprozesse, die er auch als kommunikativen Akt der Sprachmittlung bezeichnet; diese werden auch in anderen Modellen wieder aufgegriffen und eingebunden (vgl. Kolb 2016: 137). In dieser Visualisierung beschreibt der Autor die einzelnen Schritte, die von der sprachmittelnden Person bewältigt werden müssen, detaillierter, so dass hier besonders deutlich wird, dass nicht nur die Texterfassung und -produktion, sondern noch diverse weitere Aspekte von Bedeutung sind. Darunter fallen die:
Wahrnehmung der Notwendigkeit zur Sprachmittlung,
Textrezeption bzw. Dekodierung,
Auswahl der wichtigsten Elemente für die Sprachmittlung selbst,
Erstellung eines neuen Konzepts,
Textproduktion bestehend aus der Übermittlung und Formulierung des neuen Konzepts sowie
Beobachtung, wie der neu produzierte Zieltext von dem/der weiteren Gesprächspartner/in aufgefasst wird.
Alternativ kann es auch notwendig sein, dass bei gewissen Äußerungen des/der einen Gesprächspartners/in eine Erläuterung erforderlich ist, die aufgrund der kulturellen Verschiedenheit entstanden ist. Mit diesen Prozessen ist immer eine zeitgleiche Änderung der Ausgangssprache in die Zielsprache verknüpft, da die beiden Gesprächspartner/innen A und B nicht die gleiche Sprache sprechen.
Bei den beiden Modellen von Hallet (2008b) ist die Interkulturalität der Situation nicht auf den ersten Blick präsent und spielt auch nur eine eher untergeordnete Rolle, da sie vielmehr die ablaufenden Prozesse der sprachmittelnden Person in den Blick nehmen.
Sarter (2010: 86f.; vgl. Abbildung 2.7) betont diese interkulturelle Perspektive der Situation viel deutlicher und beschreibt zunächst eine Kommunikation zwischen zwei Partner/innen, die in Form von Sprechakten direkt miteinander in der gleichen Sprache kommunizieren. Beiden Sprecher/innen liegt dabei eine vermeintlich gemeinsame Kultur sowie Sprache bzw. Sprachverwendung zugrunde, so dass keine mittelnde Person von Nöten ist. Dennoch haben beide Personen individuelle Ausprägungen ihrer Kultur und Sprache, was sich auch durch die jeweilige Persönlichkeit und die individuelle (Sprech-)Absicht ausdrückt.
Abbildung 2.6: Mentaler Prozess der Sprachmittlung (Hallet 2008b: 6f.; Hervorhebungen im Original)
Abbildung 2.7: Interkulturelle Kommunikationssituation zwischen zwei
Partnern (Sarter 2010: 86)
Es handelt sich in diesem Modell der interkulturellen Kommunikationssituation wie auch in dem folgenden von Sarter (2010) entwickelten Modell einer Sprachmittlungssituation (vgl. Abbildung 2.8), im Gegensatz zu den beiden von Hallet (2008b; vgl. Abbildungen 2.5 und 2.6) entworfenen, um rein mündliche Kommunikationssituationen, was auch durch die verwendeten Begriffe ‚Sprecher/in/Hörer/in‘ gegenüber ‚Text oder Äußerung‘ deutlich wird, so dass die dort angesprochenen und implizierten Aspekte von Relevanz sind, aber nur eine der beiden Register betrifft und so für die schriftliche Dimension ergänzt werden müssen.
Allerdings sind dies Konstellationen, die aufgrund der globalisierten Welt und der steigenden Mobilität immer weniger werden und so viel häufiger solche Situationen entstehen, in denen zwei Personen nicht direkt mündlich miteinander kommunizieren können, da sie verschiedene Sprachen sprechen und dadurch auf eine dritte, vermittelnde Instanz (hier als Sprecher/in bzw. Hörer/in C dargestellt) angewiesen sind (vgl. Abbildung 2.8).
Diese dritte Person C spricht nicht nur die Sprache von Person A, sondern auch die von Person B und muss sich dabei, je nach Kontext, mit verschiedenen Arten von Kommunikationssituationen und den dazugehörigen Konventionen auseinandersetzen. Sarter (2010: 87) unterscheidet dabei zwischen informellen vs. formellen, symmetrischen vs. asymmetrischen und institutionellen vs. nicht-institutionellen Kontexten, die jeweils einer unterschiedlichen verbalen, nonverbalen sowie paraverbalen Sprachverwendung bedürfen. Sie verweist dabei außerdem auf die korrekte Verwendung der beteiligten Sprachen sowie die Äußerungen der mittelnden Person, die vor allem in Hinblick auf die kulturelle Situation adäquat sein müssen und dadurch Person bzw. Hörer/in C vor eine große Herausforderung stellen und dem Prozess der Sprachmittlung ein hohes Maß an Bedeutung zugewiesen wird.
Abbildung 2.8: Sprachmittlungssituation mit drei Sprechern bzw. Hörern (Sarter 2010: 87)
Eines der komplexeren Modelle in Bezug auf Sprachmittlung hat Caspari (2013: 39) vorgelegt und beschreibt darin recht prozesshaft die stattfindende ‚ Transformation ‘ des Ausgangstextes hin zum Zieltext ohne dabei genauer auf die Prozessstrukturen, die sich bei Hallet (2008b) finden, einzugehen. Besonders deutlich wird aber auch hier der interkulturelle Charakter der Situation hervorgehoben, wie es auch bei Sarter (2010) der Fall war, so dass eine Art Zusammenführung und Weiterentwicklung der bisherigen Modelle von Hallet (2008b) und der eben genannten von Sarter (2010) abgeleitet werden kann (vgl. Abbildung 2.9).
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