MUDLAKE
WILLKOMMEN IN DER HÖLLE
1. Auflage
Veröffentlicht durch den
MANTIKORE-VERLAG NICOLAI BONCZYK
Frankfurt am Main 2021
www.mantikore-verlag.de
Copyright © MANTIKORE-VERLAG NICOLAI BONCZYK
Text © M. H. Steinmetz
Umschlaggestaltung: Jelena Gajic & Matthias Lück
Lektorat: Andre Piotrowski
Satz: Karl-Heinz Zapf
VP: 314-178-01-03-0421
eISBN: 978-3-96188-143-7
M. H. Steinmetz
WILLKOMMEN IN DER HÖLLE
Roman
1863: Prolog
1976: Road Trip
1864: Bushwhackers Raid
1976: Die Hitze der Jugend
1864: 52 Knoten
1976: Kinder des Mais
1976: Die Carlin-Brüder
1876: Welcome to Deadwood, South Dakota
1976: The White House Inn
1976: McCall’s Prairie Market and Store
1876: Eine denkwürdige Zusammenkunft im Nuttall & Man’s
1976: Ein guter Zeitpunkt, um die Suche zu beenden
1976: JD’s Tavern
1876: The Gem Varieté Theater
1976: Carlin’s Gas Station - Best in the Northern Plains
1876: Das Loch
1976: Batterien und Bier
1976: Totenvögel
1876: Verdammt will ich sein, wenn das kein guter Tag ist!
1976: Der Käfig
1976: Du weißt, was du zu tun hast
1876: Pulverdampf und Springfield Rifles
1976: Amy-Lee
1976: Dämonen des Südens
1876: Labyrinth
1976: Friss oder stirb
1976: Haben die in Iowa noch die Todesstrafe?
1876: Annabelle
1976: Nitroglyzerin
1976: Der Olymp der Zügellosigkeit
1876: Ich mach uns eine leckere Pfanne
1976: Helter Skelter
1976: Mum kocht schon seit Jahren nicht mehr
1876: Saloon Nr. 10
1976: Weil wir das hier eben so machen
1976: Monster
1876: Toter Nummer 4 - Gott sei seiner armen Seele gnädig!
1976: Wer wird überleben und was wird von ihnen übrig sein?
1976: Kloake
1876: Augen wie geschmolzener Stahl
1976: Das ist Iowa, Babys - Schweinedung und Mais, so weit das Auge reicht
1976: Er kommt
1876: Die Paullin-Farm
1976: Fünf Minuten
1976: Schwarze Wirbel
1876: Pfade, die sich kreuzen
1976: Ein uralter, vergessener Gott
1976: Entscheidungen
1876: Mudlake
1976: Verrecke!
1976: Ketten und Haken
1876: El Diabolo
1976: Verdorben bis ins Mark
1976: Eine McCall schoss nie daneben
1876: Elenor
1976: Ich will sehen
1876: Das alte Lied von Unterdrückung und Sklaverei
1976: Die Kiste
1976: Sixgun Wedding
1876: Geschmolzenes Blei
1976: Night of the Living Dead
1876: Inferno
1976: Der mopsige Behemoth!
1876: Blaues Licht
21. August – Lawrence, Kansas
»Treibt sie aus den Häusern!« William T. Anderson, Captain der Missouri Partisan Rangers, bellte den Befehl wie ein tollwütiger Hund und trieb seinem Pferd die Sporen in die Flanken, dass es sich vor Schmerzen schreiend aufbäumte. Mit harter Hand rang er es nieder, denn es hatte nicht aufzubegehren. Sein zerzaustes, schulterlanges Haar und der volle, aber ungepflegte Bart verliehen ihm das Aussehen eines erbarmungslosen Streiters. Die graue, zerschlissene Uniform mit den gelben Abzeichen hob sein wildes, womöglich bösartiges Wesen überdeutlich hervor. Kaltblütig schoss er einem kleinen Mädchen in den Kopf, das weinend aus einem brennenden Holzhaus stürzte. Er lachte, weil ihr Schädel unter der Einwirkung der Kugel wie eine überreife Tomate zerplatzte. Puppe und Kind fielen in den Schmutz. Der sterbende Körper scharrte im Dreck, bis die Muskeln den Tod akzeptierten. »Gewährt keine Gnade, sag ich! Kein Erbarmen!«
Die Luft war erfüllt von entsetzten, ja ungläubigen Schreien wegen der hemmungslosen Gewalt, die ein böser Gott namens Krieg über sie niedergehen ließ. Vom Weinen kleiner Kinder, die sich verzweifelt an ihre toten Mütter klammerten, die von Pferdehufen zertrampelt im Straßenschlamm lagen. Dem um Gnade flehenden Winseln junger Frauen, wenn die Raider sie an den Haaren packten und ihnen die Röcke vom Leib schnitten, damit sie über sie herfallen konnten, um ihre Löcher zu stopfen.
Eine Einheit Bushwhackers, das waren unabhängig von der regulären Armee operierende Partisanen, galoppierte johlend die Main Street entlang, trieb eine Gruppe Männer wie Rinder vor sich her. Viele der stolpernden Kerle trugen die Longjohns der vergangenen Nacht, einige rannten nackt und von Striemen überzogen um ihr armseliges Leben. Die Reiter kesselten die Männer ein und metzelten sie mit Säbeln und Bullenpeitschen nieder, bis der letzte von ihnen blutend und zerstückelt im Dreck lag.
An der großen Kreuzung zwischen der Bank und dem Vergnügungshaus für zahlungskräftige Gentlemen stürmten Bushwhackers mitsamt ihren Pferden in den Saloon, um einen zaghaft aufkommenden Widerstand einiger blau gekleideter Soldaten im Keim zu ersticken. Lachend ritten sie Tische und Stuhl zu Bruch, trieben verzweifelte Männer und Frauen nach oben und dort aus den Fenstern. Wer in den Straßenmatsch stürzte, wurde von Pferden niedergetrampelt, erschossen oder erschlagen.
Pulverdampf zog wie zäher Nebel durch die Straßen. Die Reiter trieben die Einwohner von Lawrence vor dem Saloon zusammen. Beißender Qualm vermischte sich mit dem scharfen Gestank menschlicher Ausscheidungen, weil sich viele der gequälten Menschenkreaturen vor Todesangst in die Hosen oder Röcke machten.
»Es gibt nichts Berauschenderes als den Geruch des Krieges.« Captain William Clark Quantrill saß mit einem übergeschlagenen Bein auf seinem Pferd und zog genüsslich an einer glimmenden Zigarre. Der Rauch umgab sein kantiges Gesicht wie eine düstere, Unheil verkündende Wolke. »So muss man das mit diesen Yankeeschweinen machen. Es gibt nur diesen einen, zur Hölle heiligen Weg der absoluten Tilgung.«
Eine ältere Frau in einem schlammbespritzten, schwarzen Kleid trat vor ihn hin und fiel mit gefalteten Händen auf die Knie, um für die friedliebenden Einwohner von Lawrence um Gnade zu flehen. Quantrill lachte, gab seinem Pferd die Sporen und ritt sie nieder.
Anderson zügelte sein Pferd neben ihm, ließ es aufgeregt kreiseln. »Ein paar Häuser fehlen noch, dann haben wir alle beisammen!« Er lachte rau, brachte sein Pferd durch einen brutalen Ruck an den Zügeln zum Stehen, sodass es das Maul schäumend aufriss.
Quantrills Blick huschte wie der eines Falken über die apokalyptische Szenerie. Er gab einem seiner Raider einen Wink. »Dort hinten, der Fettsack im Nachthemd!«
Der Raider johlte auf, gab seinem Pferd die Sporen und galoppierte dem Fliehenden hinterher, der versuchte, eins der nahen Maisfelder zu erreichen, die Lawrence wie einen fetten Speckgürtel umgaben. Er zog seinen Säbel und spaltete dem Mann den Kopf bis zum Hals. Mit einem zweiten Hieb schlug er ihm den Schädel gänzlich ab. Der Raider sprang aus dem Sattel, zog den Kopf aus dem Dreck und schleuderte ihn lachend zwischen die Einwohner der einst blühenden Stadt, in der man sich weitab von den verhärteten Fronten des Krieges sicher gefühlt hatte.
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