»Da haben wir aber ein schickes Hemd an.«
»Joe Savani, New York«, sagte ich.
Um nicht hochnäsig zu erscheinen, fügte ich hinzu: »Hemden und Schuhe, das sind doch die einzigen Sachen, wovon diese Spaghettis wirklich Ahnung haben, finden Sie nicht?«
»Oh, tatsächlich, ein Hemd von Savani?«
»Sie haben davon gehört?«
»Meine Frau. Was im Fernsehen.«
»Sollte man tiefer hängen, fühlt sich keine Spur anders an als ’n Hemd von Karstadt.«
Dann kam sein Kamerad zurück, und er sagte zu ihm: »Sieh dir mal dieses Hemd an! Joe Savani, New York. Für dein Monatsgehalt kriegst du wahrscheinlich nicht mal die Knöpfe.«
»Das stimmt nicht«, sagte ich und tat entrüstet, als würden wir alle im selben Boot sitzen.
Der Andere murmelte verächtlich was von Abwischen, und während er bemüht war, eine Verbindung zwischen mir und dem Passfoto herzustellen, spürte ich, dass die Sache langsam am Abgleiten war. Sie kamen nicht klar, mit dem Hemd, dem Auto, mit den Sachen auf der Rückbank, und dass ich ein wenig zu stark mitgenommen aussah. Der, der die Typen hasste, die was für Hemden übrig hatten, würde uns reinreiten.
»Was ich etwas seltsam finde ist, dass wir einen deutschen Pass haben, aber nicht so besonders deutsch aussehen«, sagte er. »Wir haben Wohnsitz in Bayern, wissen aber nicht, dass die bayerische Grenze jetzt wieder kontrolliert wird.«
»Versteh ich selber nicht.«
»Was verstehst du denn?«
Ich zuckte mit den Schultern. Bei der Sorte durfte man auf keinen Fall klugscheißen. Schwierig – sie legten sich alles immer so hin, dass es ihnen passte.
»Wohin wollen wir eigentlich?«
»Nach Hause.«
»Oh, nach Hause. Wo ist das, ist das da, wo wir Sozialhilfe kassieren?«
Ich machte ein beleidigtes Gesicht und sagte, er würde wirklich ganz falsch liegen, aber, nicht schlimm, ich wüsste schon Bescheid vom Leben, und er würde schließlich nur seinen Job machen.
»Öffnen Sie mal den Kofferraum.«
Ich atmete tief durch. Es gab keine Macht, die es hätte stoppen können, nicht um diese Uhrzeit. Es war traurig, aber es war nicht zu ändern ... Die meisten von diesen Typen hatten ein Problem, das schon die Wehrmacht gehabt hatte – wenn sie’s mal nicht mit armen Schweinen zu tun bekamen, dann lief sofort alles schief und es zeigte sich, dass sie schlecht ausgebildet waren, viel zu langsam, ohne Sinn für unerwartete Situationen, immer nur verkrampft auf ihrem mühsam einstudierten kleinen Einmaleins.
Während sie sorgfältig beobachteten, was mein Schlüssel am Kofferraum so anstellte, lenkte ich sie auch noch mit einer Frage ab.
Nein – es war nicht fair.
»Wisst ihr eigentlich, was Magnum heißt, aber nicht gut schmeckt?«, fragte ich leise und schläfrig ...
Sie hatten nicht viel Zeit, um darüber nachzudenken – und dann mussten wir, jeder auf seine Art, schnell verschwinden.
»Das schöne Hemd!«, kreischte meine Süße beim Empfang, »zieh das sofort aus, tu das sofort in die Waschmaschine!«
Aber den Teufel tat ich. Ich legte mich ins Bett, ohne es auszuziehen. Und als ich danach schon am Wegdämmern war, hörte ich sie ehrfürchtig flüstern: »Das einzige Hemd, das sogar mit Flecken elegant aussieht, unglaublich.«
Und im Halbschlaf erinnerte ich mich wieder an das Schild im Schaufenster von Savani, auf dem stand: Der Mensch hat den Speer nicht erfunden, weil er Hunger hatte, und das Hemd nicht, weil ihm kalt war.
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