Volkspolizisten hinter der Mauer am Potsdamer Platz, 18.8.1961
Die Mauer in der Berliner Liesenstraße hat eine Höhe von 4 Metern erreicht, 13.8.1961
Grenzübergang Chaussestraße, 1962
Die eigentliche Mauer stellte das ›Vordere Sperrelement‹ der Grenzanlagen dar, das Ost-Berlin von der vermeintlich ›feindwärtigen‹ Seite, also den Westsektoren trennte. Tatsächlich waren die Sicherungsanlagen allerdings auf die ›freundwärtige‹ Seite, also auf das eigene Territorium ausgerichtet, sollten sie doch Menschen an der ›Republikflucht‹ hindern. In Richtung Osten wurde die Vorderlandmauer daher durch ein gestaffeltes System von Sperrelementen ergänzt, die bereits verhindern sollten, dass Fluchtwillige bis an die Mauer gelangen konnten.
Klausmeier und Schmidt schreiben: »Zunächst traf man auf verschiedene Warnzeichen. Die unmittelbare Sperrzone vor den Grenzanlagen wurde durch rot-weiße Pfosten und Markierungen oder auch durch ein niedriges rot-weiß gestrichenes Geländer angezeigt. In Abständen angebrachte Schilder warnten Unbefugte mit der viersprachigen Aufschrift ›Grenzgebiet – Betreten verboten‹.« 7
Von der provisorischen Mauer zum Bollwerk: Der fertige Grenzübergang Chausseestraße, 24.10.1965
Zum Teil fanden sich in dem Sperrgebiet so genannte Vorfeldsicherungen, wie z.B. vorgelagerte Plattenwände, Zäune oder Durchfahrtssperren oder auch Vergitterungen an Fenstern. Die eigentlichen Grenzanlagen begannen auf Ost-Berliner Seite mit der Hinterlandsicherungsmauer, kurz Hinterlandmauer, die in Richtung Ost-Berlin mit langen weißen, grau gerahmten Rechtecken bemalt war. Zwischen Vorder- und Hinterlandmauer befand sich der Todesstreifen. In dieser Richtung war die Hinterlandmauer komplett weiß gestrichen, damit sich ein Flüchtender auch nachts vor ihr abzeichnete.
Hinter der Hinterlandmauer gab es einen ein Elektrosignalzaun, der Alarm auslöste, wenn Flüchtende versuchten, ihn zu überwinden. Hinter diesem Zaun befanden sich oft Hundelaufanlagen und andere Hindernisse wie die ›Flächensperren‹ mit aufrecht stehenden langen Stahlspitzen, die einen vom Zaun herunterspringenden Flüchtling schwer verletzen konnten.
Rund 300 Wachttürme (Beobachtungstürme und Führungsstellen, wie jene am Kieler Eck und am Schlesischen Busch, die auch heute noch erhalten sind, siehe S. 146f) ermöglichten die Kontrolle des Grenzstreifens. Der asphaltierte oder betonierte Kolonnenweg diente den Grenztruppen als Patrouillenweg. Entlang dieses Weges befand sich die so genannte ›Lichttrasse‹, das heißt Lampenmasten, die den angrenzenden Kontrollstreifen aus Sand ausleuchteten, in dem sich wiederum die Spuren von Flüchtlingen abzeichneten. Grenzübergangsstellen (GÜSt) ermöglichten Befugten das Überqueren der innerstädtischen Grenze bzw. der Grenze zum Berliner Umland. Sie waren besonders scharf gesichert. 8
1.4.1963: Spree, Höhe Cuvrystraße (Kreuzberg). Der 16-jährige Wolf-Olaf Muszynski wird am West-Berliner Ufer tot geborgen
1965 seilte sich um 5 Uhr morgens ein Mann in der Harzer Straße 119 (Treptow) ab und pendelte über die Mauer. Foto der West-Berliner Polizei, auf dem der Vorgang rekonstruiert wurde
Hinterlandmauer, Todesstreifen mit Lampenmasten, Kontrollstreifen aus Sand und Vorderlandmauer, hier an der Brehmestraße 1989
Mauer und Erinnerungskultur
»Wo war eigentlich die Berliner Mauer?« Bei der Beantwortung der Mutter aller Fragen eines Berlin-Besuchers kann es nicht allein darum gehen, den Verlauf eines monströsen Bauwerks nachvollziehbar zu machen. Es muss auch darum gehen, wie an dieses Bauwerk der deutsch-deutschen Teilung erinnert wird. Im Zentrum der öffentlichen Erinnerung steht deshalb vor allem das Gedenken an die Opfer der Mauer sowie die Dokumentation der Auswirkungen der Teilung Berlins auf das Leben der Menschen.
Feiernde Menschen am Grenzübergang Bornholmer Straße am 9. November 1989
Doch wie sieht die »richtige Erinnerung« aus? Verschiedene Ansätze stehen hier heute – auch im Stadtbild – nebeneinander und konkurrieren nicht selten miteinander um die Aufmerksamkeit: privates Gedenken und offizielles Erinnern, wissenschaftliche Aufarbeitung und touristische Eventkultur. Seit dem Bau der Mauer und auch nach deren Fall wurden für die zahlreichen Opfer Gedenkorte eingerichtet, die von Gedenkplatten im Straßenbelag über Kreuze bis hin zu Gedenkstelen reichen. Viele dieser Orte gehen auf private Initiativen zurück, wie z.B. die ›Weißen Kreuze‹ am Reichstag, aber auch auf Anregung von Parteien oder einzelner Abgeordneter. Nach 1990 wurden zudem zahlreiche Anstrengungen unternommen, den früheren Verlauf der Mauer im Stadtbild sichtbar zu machen.
Das Land Berlin konzentrierte sich zunächst auf das Angebot von Informationen im öffentlichen Raum und auf die künstlerische Auseinandersetzung mit der Mauer. 1996 wurde der Kunstwettbewerb ›Übergänge‹ ausgelobt, bei dem es um die künstlerische Gestaltung der einstigen Grenzübergänge ging. Einer der realisierten Siegerentwürfe befindet sich am Beginn der ersten Geschichtstour (siehe auch S. 92).
Nach dem Fall der Mauer hatte vielen der Abriss dieses Symbols der Teilung nicht schnell genug gehen können, auch wenn schon frühzeitig Stimmen laut wurden, die den Erhalt einzelner Abschnitte als Erinnerungsorte anmahnten. Um das vollständige Verschwinden aus dem Stadtbild zu verhindern, wurden einige Mauerabschnitte unter Denkmalschutz gestellt, so z.B. an der Bernauer Straße, der »East Side Gallery« am Ostbahnhof und an weiteren Orten mit kleineren, meist unscheinbaren Überresten.
Mit größerem zeitlichem Abstand setzte das Bedauern darüber ein, die Mauer in der Stadt so gründlich beseitigt zu haben. Viele der noch bestehenden Reste sind oft schwer erkennbar und ohne Hintergrundinformationen nicht unmittelbar verständlich. Um zumindest sichtbar zu machen, wo sich die einstige Mauer erstreckte, wurde deren innerstädtischer Verlauf durch Markierungen im Straßenbelag nachvollzogen. Hierbei handelt es sich überwiegend um eine Doppelreihe aus Pflastersteinen, die gelegentlich durch Eisenplatten mit der Inschrift ›Berliner Mauer 1961- 1989‹ unterbrochen werden. Im Bereich des Abgeordnetenhauses (Niederkirchnerstraße) ist der Verlauf durch ein Kupferband mit der gleichen Inschrift gekennzeichnet, am Reichstag durch Platten von der Breite des Betonfußes der Vorderlandmauer. 9
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