Rudolf Walther - Aufgreifen, begreifen, angreifen

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Der erste von drei Bänden umfasst Arbeiten aus den letzten 18 Jahren: aufklärende historische Essays, Porträts gegen das Vergessen (von Diderot über Rudi Dutschke bis zu Reinhart Koselleck), ins Grundsätzliche gehende politische Kommentare jenseits des tagespolitischen Handgemenges sowie Verrisse von Sachbüchern. Das verlegerische und das redaktionelle Gewerbe schätzen Verrisse nicht besonders. Sie sind jedoch als Korrektive im Kulturbetrieb umso wichtiger, als dieser generell zu verharmlosender Glätte und Beliebigkeit neigt. Im einem weiteren Abschnitt folgen Sprachglossen, die sich auf tagespolitische und mediale Eseleien beziehen. Den Band schließen Texte in eigener Sache ab. Der Titel hebt auf das Moment von Spontaneität der Reflexion ab. Jede Behauptung eines «roten Fadens», dem die Texte folgten, liefe auf eine alberne Selbstinterpretation hinaus. Es bleibt den Leserinnen und Lesern überlassen, allenfalls vorhandene, durchlaufende Motive zu erkennen oder zu bestreiten.

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9 E. Renan an D. F. Strauß, 15.9.1871, abgedruckt in: D. de Rougemont, Europa, Vom Mythos zur Wirklichkeit, München 1962, 282.

10 Für die Rechtfertigung unentbehrlich sind dabei die reinen Gesinnungsbegriffe »Verantwortung« und »Verantwortungsethik«, vgl. den Text I, 1 im zweiten Band.

4 »Zivilisation« – ein Rettungsring mit Löchern

In Zeiten wachsender Ratlosigkeit haben alte Rezepte Konjunktur. Das muss nicht immer falsch sein. Manchmal ist es sogar nötig und hilfreich, an vergessene Ratschläge zu erinnern. In jüngster Zeit wird immer häufiger »die« Zivilisation, »unsere« Zivilisation oder gar »die westliche« Zivilisation ins Spiel gebracht, wenn massive Formen von Gewaltanwendung Gefühle von Rat- und Orientierungslosigkeit hervorrufen. Zunächst will man mit Hinweisen auf »Zivilisation« und »zivilisatorische Minimalstandards« erklären, worin die Abweichung vom »rechten Weg« besteht, und danach dienen die erhabenen Chiffren als Rettungsringe, um von der Realität mit ihrem ganzen Chaos und Elend wegzuschwimmen. Den vorläufigen Tiefpunkt erreichte die Debatte, als im Zuge des Golfkrieges einige Normen zu »westlichen« Werten fundamentalistisch aufgemotzt und deren rationale Kritik als »Antiamerikanismus« denunziert wurde – in der Tradition von McCarthy & Co. Weder zur Erklärung noch zum Wegschwimmen hat der Begriff »Zivilisation« je getaugt – und zwar aus sachlichen und begriffsgeschichtlichen Gründen.

Sachlich scheitert jede Berufung auf eine positiv verstandene Zivilisation daran, dass Zivilisation und Barbarei in jeder geschichtlichen Epoche auf historisch zu bestimmende Art zusammengehören. Noch jede bisherige zivilisatorische Stufe hat ihren barbarischen Hinterhof und ist ohne diesen nicht zu begreifen. Vielleicht käme heute sogar Hermann Lübbe ins Stottern, wenn er seinen gerade mal zehn Jahre alten Satz wiederholen müsste: »Die Durchsetzungskraft unserer durch Wissenschaft und Technik geprägten Zivilisation beruht in letzter Instanz auf der Evidenz der Zustimmungsfähigkeit, ja Zustimmungspflichtigkeit der Lebensvorzüge, die, zunächst als Verheißung und schließlich als Realität, von Anfang an mit den Fortschritten dieser Zivilisation sich verband.« Wer sich am vermeintlich oder tatsächlich Positiven »der« Zivilisation festhalten will, um sich und andere aus den chaotischen und barbarischen Verhältnissen heraus ans sichere Ufer zu retten, vergisst, woraus das vermeintlich Rettende auch besteht – aus demselben gesellschaftlichen Stoff. Indem wir »unsere« zivilisatorischen Standards hochhalten, sichern wir (vielleicht) unsere Sicherheit, unser Leben und unser Überleben. Niemand wird behaupten, dass wir die Kosten dafür heute vollständig entrichteten oder je entrichtet hätten. Die ungedeckten Kosten zur Aufrechterhaltung »unserer« zivilisatorischen Standards verlängern alte barbarische Zustände oder lassen neue entstehen – hier und anderswo. Man kann das – ohne ins Detail zu gehen – an der alten europäischen Kolonialgeschichte (oder an neudeutscher »Standortpolitik«) nachvollziehen. Die Auswirkungen der ungeheuren zivilisatorischen Fortschritte des englischen Mutterlandes zur Zeit der ersten industriellen Revolution waren und sind in Indien zu besichtigen. Noch jeder bisherige zivilisatorische Fortschritt glich »jenem scheußlichen heidnischen Götzen, ... der den Nektar nur aus den Gehirnschalen Erschlagener trinken wollte« (Karl Marx).

Der Verlust von »zivilisatorischen Standards« wird in jüngster Zeit auf drei Ebenen als Ursache diskutiert: hinsichtlich der grausamen Kriege und Bürgerkriege auf der ganzen Welt und der schon alltäglichen Brutalität in den Armenhäusern auf der südlichen Hemisphäre, vor allem aber im Falle des erbarmungslosen Bürgerkriegs auf dem Balkan; in Bezug auf Verluderung, Verwahrlosung und Gewalt in den hochentwickelten kapitalistischen Gesellschaften des Nordens, wenn männliche Jugendliche gegenüber Fremden und Flüchtlingen scheinbar wahllos zuschlagen oder deren Häuser anzünden; und schließlich in einem ganz allgemeinen Sinne immer dann, wenn unfassbare Verbrechen bekannt werden.

Serben, Kroaten und bosnischen Muslimen vorzuwerfen, sie verrieten oder verleugneten in ihrer gegenseitigen Schlächterei – mit durchaus unterschiedlicher Intensität und Effizienz an den verschiedenen Bürgerkriegsfronten – »die europäische Zivilisation« ist ebenso trivial wie der gleiche Vorwurf an die ohnmächtigen europäischen Fernsehzuschauer. Die Erklärung von grenzenloser Verwahrlosung und Gewalt in Bürgerkriegen als Abweichung oder Abfall vom »Stand der Zivilisation« ist untauglich. Es handelt sich dabei nicht um die Abweichung oder das Abfallen von »der« Zivilisation, sondern um deren historisch, wirtschaftlich, politisch und sozial bestimmte Rück- oder Schattenseiten. Der Glaube, der »zivilisatorische Standard« bestimme das Verhalten von Einzelnen, Gruppen und Institutionen ist angesichts von Bürgerkriegen nicht mehr naiv, sondern zynisch gegenüber unschuldigen Opfern kalkulierter und interessegesteuerter Gewalt.

Eine pfiffige Variante des Rekurses auf »die« Zivilisation präsentierte 1993 der amerikanische Politologe Samuel P. Huntington. Nachdem der Osten und dessen Herrschaftsideologie zusammengebrochen sind, sieht er die nächsten Konflikte entlang der Grenzen der »Kulturen« und »Zivilisationen« ausbrechen (The Clash of Civilizations – Der Zusammenprall der Kulturen). Die erste »zivilisatorische« Tat Huntingtons besteht darin, dass er sich im Schutz einer billigen Polemik gegen den »Menschenrechtsimperialismus« von universalistischen Normen verabschiedet, um die Abschottung der eigenen »Kultur« legitimieren zu können. Begriffsgeschichtlich dokumentiert er seine Vernagelung dadurch, dass er auf den weit gefassten angelsächsischen Zivilisationsbegriff verzichtet und stattdessen auf »culture« setzt – im Amerikanischen allemal nur ein Synonym für den »American way of life«. Insofern steht die deutsche Übersetzung des Aufsatzes den wahren Absichten des Autors näher als das Original und entlarvt dessen Chauvinismus. Was der »westlichen« Besitzstandswahrung dient, kommt gerade recht, so auch ein paar frisch angestrichene geopolitische Ladenhüter: Der Brennpunkt künftiger Konflikte liege, so Huntington, »zwischen dem Westen und mehreren islamisch-konfuzianischen Staaten«, denn »der Westen ist westlich und modern«. In jeder Hinsicht ein weites Feld.

Besonders beliebt ist neuerdings die Schuldzuweisung für den »zivilisatorischen« Verfall an lasche Lehrerinnen und Lehrer sowie an deren emanzipatorische Erziehungsmethoden. Falls die Geltung »zivilisatorischer Standards« allein oder auch nur primär vom Tun oder Nichttun des Schulpersonals abhängen sollte – wie die Schuldzuweisung unterstellt –, sollte man den Zivilisationsladen lieber gleich dichtmachen. Garantie für »zivilisatorische Standards« – das schafft kein Schulsystem; zum Glück übrigens, sonst hätte die Demokratisierung nach 1945 wenig Chancen gehabt, denn das damals angeblich mit der »Zivilisierung« betraute Lehrpersonal kam direkt aus dem Krieg und blieb noch sehr lange im Amt. Statt bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit larmoyant den Verlust »zivilisatorischer Standards« zu beklagen, ohne jede Reflexion darauf, was »Zivilisation« bedeutet, käme es darauf an zu untersuchen, wie die empörenden gesellschaftlichen Realitäten historisch, politisch, wirtschaftlich und sozialpsychologisch mit dem vermeintlich rundum Akzeptablen und Positiven zusammenhängen. Die sonntägliche Beschwörung »zivilisatorischer Standards« verschleiert nur, was jede historisch bestimmte Art zu leben und zu arbeiten, zu regieren und regiert zu werden an Hässlichem und Alltäglichem hervorbringt. Das ist Teil und Moment des widersprüchlichen Ganzen und lässt sich nicht anachronistisch verrechnen mit irgendwelchen »zivilisatorischen«, »westlichen« oder wie auch immer beschworenen Kassenbeständen oder Überschüssen aus besseren Tagen, im Jargon »Werten«. Als Horkheimer in wahrlich finsterer Zeit (1944/45) vom »Zusammenbruch dieser Zivilisation« und etwas ungeschützt von »Werten«, die »zu neuem Leben« gebracht werden müssten, sprach, notierte Adorno am Rand des Textes: »Vorsicht, klingt zu kulturkonservativ. Sagen, dass die Werte bewahrt werden, wenn man sie nicht bewahrt, sondern weitertreibt.« Die Vorstellung einer universalgeschichtlich aufsteigenden Linie »der« Zivilisation ist nicht falsch, aber einseitig, denn solch aufsteigender Fortschritt betrifft nicht »die« Zivilisation, sondern vor allem jene Bereiche, in denen sich starke Interessen mit Macht und Herrschaft verschwistern: »Keine Universalgeschichte führt vom Wilden zur Humanität, sehr wohl eine von der Steinschleuder zur Megabombe« (Th. W. Adorno). Mit anderen Worten: Was Menschen sind, was aus ihnen geworden ist und weiterhin wird, bleibt ziemlich ungewiss und vielfältig verflochten mit dem geschichtlichen Prozess, d. h. dem Auf und Ab von Kontinuität und Diskontinuität, Entwicklung und Stagnation, Zivilisierung und Barbarisierung. Unbestreitbar ist jedoch der massive technologische Fortschritt in der Welt der Mittel; diese werden mehr und perfekter und dies in jeder Hinsicht. Jene Menschen und Institutionen, die mit Hilfe dieser Mittel Macht, Herrschaft und Gewalt verwalten, kriegen immer ungeheuerlichere und unberechenbarere Arsenale in die Hand. Und die Zwecke, denen diese Mittel zu Diensten stehen, tragen immer neue Verkleidungen. Mit einem lupenreinen Gesinnungsbegriff von »Verantwortung« wird versucht, der (vielleicht!) berechtigten und angemessenen militärischen Intervention ein zivilisatorisches Motivkostüm umzubinden. Die Welt der Herrschafts- und Gewaltmittel hat sich teilweise verselbständigt und kann jenen, die über sie legal verfügen, jederzeit ganz oder teilweise über den Kopf wachsen oder sie zu hilflosen Zauberlehrlingen und Marionetten machen. Greifen jedoch Einzelne zur Gewalt und verüben entsetzliche Taten, sieht der common sense immer schon »die« Zivilisation untergehen, so als ob das schlechthin Böse als eine Art Heimsuchung von außen in eine sonst friedliche Gesellschaft eingedrungen wäre. In dem Moment, in dem sich Siebzehnjährige bewaffnen oder von interessierten Bürgerkriegshäuptlingen bewaffnet werden, stellen sich viele und komplexe Fragen, aber nicht die simple und simplifizierende nach dem Verbleib »zivilisatorischer Standards«. Genauso wenig, wenn zwei zehnjährige Buben ein dreijähriges Kind eineinhalb Stunden durch Liverpool schleppen und dann ermorden: »Vielleicht sagt der scheinheilige Aufschrei über den Kindsmord mehr aus über das Land als über die Tat« (Reiner Luyken, DIE ZEIT 3.12.93).

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