Rudolf Walther - Aufgreifen, begreifen, angreifen

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Der erste von drei Bänden umfasst Arbeiten aus den letzten 18 Jahren: aufklärende historische Essays, Porträts gegen das Vergessen (von Diderot über Rudi Dutschke bis zu Reinhart Koselleck), ins Grundsätzliche gehende politische Kommentare jenseits des tagespolitischen Handgemenges sowie Verrisse von Sachbüchern. Das verlegerische und das redaktionelle Gewerbe schätzen Verrisse nicht besonders. Sie sind jedoch als Korrektive im Kulturbetrieb umso wichtiger, als dieser generell zu verharmlosender Glätte und Beliebigkeit neigt. Im einem weiteren Abschnitt folgen Sprachglossen, die sich auf tagespolitische und mediale Eseleien beziehen. Den Band schließen Texte in eigener Sache ab. Der Titel hebt auf das Moment von Spontaneität der Reflexion ab. Jede Behauptung eines «roten Fadens», dem die Texte folgten, liefe auf eine alberne Selbstinterpretation hinaus. Es bleibt den Leserinnen und Lesern überlassen, allenfalls vorhandene, durchlaufende Motive zu erkennen oder zu bestreiten.

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Walther

Aufgreifen

Aufgreifen begreifen angreifen - изображение 1

Rudolf Walther

Aufgreifen, begreifen,

angreifen

Historische Essays, Porträts, politische

Kommentare, Glossen, Verrisse

Essay 17

Aufgreifen begreifen angreifen - изображение 2

© 2011 Oktober Verlag, Münster

Der Oktober Verlag ist eine Unternehmung

des Verlagshauses Monsenstein und Vannerdat OHG, Münster www.oktoberverlag.de

Alle Rechte vorbehalten

Satz: Monsenstein und Vannerdat

Umschlag: Thorsten Hartmann

Umschlagmotiv: Chiara Mangia

unter Verwendung mehrerer Fotos von alex-mit, Bliznetsov, garysludden, Okea,

sololos/ www.istockphoto.com

Herstellung: Monsenstein und Vannerdat

ISBN: 978-3-941895-17-1

eBook-Herstellung und Auslieferung:

readbox publishing, Dortmund

www.readbox.net

INHALT

Vorwort

I Historische Essays

1. Wem das Posthorn bläst – zur Konstruktion und Konjunktur des Nationalen

2. Was keiner versteht, ist »nationale Identität«

3. »Nationale« Selbstbestimmung – der Stimmungsmacher im Schlachthaus

4. »Zivilisation« – ein Rettungsring mit Löchern

5. Geopolitik oder: Man braucht Platz

6. Aufgeklärter Pazifismus und Friedensschwärmerei

7. Brockhaus: fast die ganze Welt im Bücherregal

8. Die Encyclopédie von Diderot, D’Alembert und Jaucourt wird 250 Jahre alt

9. Globalisierung: Universalismus der Reichen

II Porträts gegen das Vergessen

1. Ulrich Bräker – Aufklärung von unten

2. Louis Philippe, juste milieu, Geldherrschaft sans phrase

3. Rudi Dutschke – einer wie keiner

4. Niklaus Meienberg. Ein unschweizerischer Schweizer Journalist und Schriftsteller

5. Casimir Ulrich Boehlendorff. Ein hoffnungsloses Dichterleben

6. Carl Albert Loosli. Der Philosoph und Dichter aus Bümpliz

7. Reinhart Koselleck. Sozialgeschichte als Begriffsgeschichte

8. Günther Anders – Philosoph des Atomzeitalters

9. Hans-Georg Gadamer. Philosophische Hermeneutik lehrt begreifen

10. Wolfgang Abendroth – »Partisanenprofessor im Land der Mitläufer«

11. Ernst Jünger – Gegen die Vergesslichkeit: politische Publizistik 1920-1933

12. Friedrich Engels – zum hundertsten Todestag des Grandseigneurs des Sozialismus

III Politische Kommentare

1. Bürgerkrieg im Supermarkt? Enzensberger irrt.

2. Der Dokumentarfilm als Propaganda: Claude Lanzmanns »Tsahal«

3. Ernstfall Friede: Kants »Zum Ewigen Frieden«

4. 1945 – Kontinuität und Neubeginn

5. Die Schweiz im Zwielicht

6. Alles Krieg? Zu Paul Virilio

7. Flegelei und Lümmelei im deutschen Feuilleton

8. Asymmetrische Kriege und Barbarei des Luftkriegs

9. Toleranz – Einwanderungsgesellschaft – Rechtsstaat

10. Antiamerikanismus – oder die Theologie der Leerstelle

11. Der Fernsehphilosophiker Sloterdijk flunkert munter drauf los

IV Glossen

1. Dichter unter Diktatoren: Durs Grünbein

2. Wendelin Wiedeking hat Benzin im Hirn

3. Toxische Positionen

4. Stadelmaiers Privatreligion

5. Ohne Vertrauen auf Vertrauen

6. Zeitfenster

7. Angesagt

8. Frankfurter Allgemeiner Küchenmoses: Küchenlatein (1)

9. Walser schaut Fernsehen

10. Eine Blase voller Kultur

11. Zürich – von DADA zu Gaga

V Verrisse

1. Schnelldenkerei à la mode: Norbert Bolz

2. »Heldenprüfung« voller Peinlichkeiten: Jürgen Busche

3. Hubertus Knabe jagt Dunkelmänner

4. Alle reden vom Klima, wir auch : Leggewie/Welzer

5. Ein deutscher Mythenbastler erzählt: Herfried Münkler

6. Ferndiagnostische Spekulationen über 68: Christian Schneider et al.

7. Aufgeblasenes und Ressentiments: Dirk Schümer

8. Plumper Flachsinn über Faschismus: Georg Seeßlen

9. Auf den Hund gekommener Konservatismus: Wolfgang Sofsky

10. Kaschmirbehaglichkeit: Stephan Wackwitz

VI Texte in eigener Sache

1. Triviale Laufmaschine

2. Post vom Sozialstaat oder wie Ludmilla gegen die Bürokratie siegte

3. Der 21. August 1968 als Geschichtszeichen

4. Wassertrinker und Instant-Soziologen von Ulrich Beck bis Michael Rutschky

Nachweise

Vorwort

Der erste Band meiner Arbeiten umfasst – wie die beiden folgenden Bände – Texte aus den letzten 18 Jahren meiner Tätigkeit als Publizist, Kolumnist und Sachbuch-Kritiker. Bei der Auswahl der Texte konzentrierte ich mich in allen drei Bänden auf solche Arbeiten, die ohne Anmerkungen verständlich sind, dem tagespolitischen Handgemenge also nicht zu nahe stehen. Die Daten der Erstveröffentlichung verweisen auf die historischen und politischen Kontexte.

Die Anlässe für die Essays und Porträts diktierte das journalistische Gewerbe mit seiner etwas seltsamen Vorliebe für runde Geburts- und Todestage, wobei die gnadenlose Konkurrenz der Organe häufig dazu führt, dass die Geburtstage und runden Jubiläumstage groteskerweise kalendarisch vorverlegt werden, weil jedes Organ das Erste sein möchte in einem öden Wettlauf.

Die politischen Kommentare für die »Tageszeitung« und für den »Freitag« beziehen sich zwar auf die tagespolitische Aktualität und entstanden in der Zusammenarbeit mit den beteiligten Redakteuren, aber ich habe nur solche Kommentare aufgenommen, die über das Tagespolitische hinaus ins Grundsätzliche gehen.

Dadurch entstehen inhaltliche Ligaturen zu Themen, die in den historischen Essays und Porträts dargestellt werden. Im Nachhinein erweisen sich manche Essays und Porträts als Vorarbeiten für politische Kommentare. Meiner Ansicht nach nicht zu deren Nachteil, da die Stringenz und Haltbarkeit von Argumenten und Kommentaren nicht von der Stärke der darin vertretenen Meinungen zehren, sondern von historischem, sozialwissenschaftlichem, philologischem und philosophischem Wissen, auf denen sie beruhen. Thematische Überschneidungen sind dabei nicht zu vermeiden.

Dies in Kauf zu nehmen, erschien mir weniger gravierend, als die Texte nachträglich in starre Rahmen von kalendarisch oder thematisch geordneten Blöcken zu pressen, die noch gar nicht existierten, als die Texte geschrieben wurden. Die Grenzen zwischen den einzelnen Textsorten sind fließend und immer auch willkürlich. Die meisten Texte entstanden aus äußerlichen Zwängen des Kulturbetriebs, aus situativen Intuitionen sowie als subjektive Reaktion auf den laufenden sprachlichen und politischen Schwachsinn – also aus zufälligen Anlässen, die sich gegen eine systematische Ordnung sperren. Damit soll auch das Moment von Spontaneität der Reflexion und der Reaktion, das ich mit dem Titel andeute, betont und erhalten bleiben. Jede Behauptung eines »roten Fadens«, dem die Texte folgten, liefe auf eine alberne Selbstinterpretation hinaus. Den durchgehenden Faden zu erkennen oder zu bestreiten, ist Sache der Leserinnen und Leser.

Die Glossen sind zum größten Teil auf der Wahrheitsseite der »Tageszeitung« erstmals erschienen. Dieses Forum bietet die in der deutschen Presselandschaft einmalige Chance, den sprachlichen und politischen Zumutungen im Fernsehen und in der Presse mit sprachlichen Mitteln heimzuleuchten.

Ein großer Teil meiner Arbeiten besteht aus Besprechungen politischer, historischer und sozialwissenschaftlicher Bücher. Ich habe aus der Fülle der Rezensionen nur einige exemplarische Verrisse ausgewählt. Diese Auswahl beruht nicht auf einem atavistischen Willen, Autoren und ihren Büchern oder den Verlagen zu schaden. Selbst wenn ich das wollte, schaffte ich dies als Sachbuch-Rezensent nicht, denn alle diese Bücher werden von Vielen besprochen und bewertet. Und ultimativ oder verheerend »päpstlich« auftretende Urteilende gibt es unter den Sachbuchkritikern – im Unterschied zu einigen in der Literaturbranche – nicht. Verrisse sind mir deshalb wichtig, weil das redaktionelle Gewerbe sie gar nicht schätzt und dafür uneigennützig und freiwillig dabei mithilft, restlos überflüssige – sogar ausgesprochen liederliche – Bücher auf gute Plätze in Sachbuch-Bestenlisten zu hieven. Dabei nicht mitzuspielen, gehört zum Ethos von Kritik, die sich von redaktionellen und verlegerischen Kalkülen nicht beeindrucken lässt. Man macht sich dadurch nicht immer Freunde bei Verlagslektoren und Autoren, aber das ist das Risiko jedes autonom Urteilenden.

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