Caitlyn Jenner
Mein großes Geheimnis
Gefangen im falschen Körper
Aus dem amerikanischen Englisch von Kirsten Borchardt
www.hannibal-verlag.de
Impressum
Die Autoren: Caitlyn Jenner mit Buzz Bissinger
Deutsche Erstausgabe 2017
Amerikanische Originalausgabe by Grand Central Publishing
Hachette Book Group (USA) mit dem Titel
„The Secrets of My Life“
ISBN: 978-1-4555-9675-1
© 2017 by CJ Memoires, LLC
Cover: © 2017 by Hachette Book Group, Inc.
Coverdesign by Evan Gafney
Lektorat: Hollow Skai
Übersetzung: Kirsten Borchardt
Layout und Satz: Thomas Auer, www.buchsatz.com
© 2017 by Hannibal
Hannibal Verlag, ein Imprint der KOCH International GmbH, A-6604 Höfen
www.hannibal-verlag.de
ISBN 978-3-85445-637-7
Auch als Paperback erhältlich mit der ISBN 978-3-85445-636-0
Hinweis für den Leser:
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Widmung
Die Biologie liebt die Variation.
Die Biologie liebt Unterschiedlichkeit.
Die Gesellschaft hasst sie.
Milton Diamond
Inhalt
Vorbemerkung Dieses Buch besteht in erster Linie aus Erinnerungen. Dabei gehe ich davon aus, dass sich wirklich alles so ereignet hat; ich habe mich bei Familienmitgliedern und Freunden rückversichert und zudem nachgelesen, was in der Vergangenheit geschehen ist. Aber meine größte Quelle ist dennoch mein Gedächtnis, und wie wir alle wissen, sind Erinnerungen selektiv. Ich habe keinerlei Versuche unternommen, das, was ich als die Wahrheit ansehe, aus Eigeninteresse schönzufärben: Es gibt so vieles, das ich heute bedauere, aber auch vieles, woran ich gern zurückdenke. Davon will ich so ehrlich und aufrichtig wie möglich berichten. Nach den Transgender-Regeln dürfte ich mich unter keinen Umständen mehr als Bruce bezeichnen. Meine eigenen Regeln sind so: Ich verwende den Namen Bruce, wenn es mir sinnvoll erscheint, und spreche von Caitlyn, wenn es passt. Bruce hat es fünfundsechzig Jahre lang gegeben, und Caitlyn feiert gerade erst ihren zweiten Geburtstag. Das ist die Realität.
Prolog
1. Kapitel: Dummer Junge
13. Juni 2015 – Wolkenkuckucksheim
2. Kapitel: Nimm den verdammten Ski ab!
15. Juli 2015 – „Bitte, lieber Gott, lass mich bloß nicht stolpern!“
3. Kapitel: Stell dich nicht so an
4. Kapitel: Wer bin ich?
14. Oktober 2015 – Eine Schachtel mit falschen Brüsten ...
Bildstrecke 1
5. Kapitel: Der Goldjunge
6. Kapitel: Nach dem Aufstieg
12. November 2015 – „Ich habe hier studiert. Ich habe hier meinen Abschluss gemacht. Aber ich habe hier nie hochhackige Schuhe getragen.“
7. Kapitel: Zapp-zapp-zapp
8. Kapitel: Festgenommen
20. Dezember 2015 – „Es ist doch nur ein Film ...“
9. Kapitel: Hier kommt Brucie!!
Bildstrecke 2
30. März 2016 – „Ich saß in meinem Zimmer und hatte Angst, es zu verlassen“
10. Kapitel: Bye bye, ihr Brüste
4. April 2016 – „Es war nur ein Spiel“
11. Kapitel: Kein Ausweg mehr
12. Kapitel: In gutem Glauben
13. Kapitel: Das Spiegelbild
17. September 2016 – „Bereit, die Gelegenheit zu nutzen.“
Danksagung
Über die Autoren
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Dieses Buch besteht in erster Linie aus Erinnerungen. Dabei gehe ich davon aus, dass sich wirklich alles so ereignet hat; ich habe mich bei Familienmitgliedern und Freunden rückversichert und zudem nachgelesen, was in der Vergangenheit geschehen ist.
Aber meine größte Quelle ist dennoch mein Gedächtnis, und wie wir alle wissen, sind Erinnerungen selektiv. Ich habe keinerlei Versuche unternommen, das, was ich als die Wahrheit ansehe, aus Eigeninteresse schönzufärben: Es gibt so vieles, das ich heute bedauere, aber auch vieles, woran ich gern zurückdenke. Davon will ich so ehrlich und aufrichtig wie möglich berichten.
Nach den Transgender-Regeln dürfte ich mich unter keinen Umständen mehr als Bruce bezeichnen.
Meine eigenen Regeln sind so:
Ich verwende den Namen Bruce, wenn es mir sinnvoll erscheint, und spreche von Caitlyn, wenn es passt. Bruce hat es fünfundsechzig Jahre lang gegeben, und Caitlyn feiert gerade erst ihren zweiten Geburtstag. Das ist die Realität.
Marriott Hotel, Orlando, Florida. Ich stehe vor Vertretern des Pharmaunternehmens Merck und halte einen Vortrag.
Es ist schon mein sechster in Folge. Immer dieselben Worte und dieselbe Botschaft und derselbe Titel und derselbe vorgetäuschte Enthusiasmus. Diese Rede habe ich schon viele hundert Male gehalten, überall in den USA, und ich kenne den Text in- und auswendig. Es ist irgendwann in den Neunzigern, aber es könnte auch in den Achtzigern sein, oder Anfang der Zweitausender. Die ganzen Termine sind in meiner Erinnerung längst zu einem verschmolzen.
Ich weiß, wieso die Leute hier im Publikum sitzen. Sie wollen Bruce Jenner hören, den Supersportler, der 1976 in Montreal eine Goldmedaille im Zehnkampf gewann und prompt, wie das so üblich ist, als „größter Athlet der Welt“ gefeiert wurde. Sie wollen Bruce Jenner hören, der das Olympiateam der Vereinigten Staaten im Jahr ihres zweihundertjährigen Bestehens davor bewahrt hat, von der Sowjetunion und der DDR hoffnungslos düpiert zu werden. Den Bruce Jenner, der buchstäblich über Nacht zum amerikanischen Helden wurde. Den Bruce Jenner, der als Inbegriff der Männlichkeit gilt und eine Frau nach der anderen erobert. Den Bruce Jenner, der alles kriegt, was er will. Den Bruce Jenner, dem aus dem Spiegel ein echter Supermacho entgegenblickt.
Niemand ahnt, dass ich etwas ganz anderes sehe, wenn ich in den Spiegel gucke: einen Körper, den ich grundlegend verabscheue. Mit einem Bartschatten, der sichtbar bleibt, egal wie gründlich ich mich rasiere. Mit einem Penis, der zu nichts nutze ist, außer im Wald an einen Baum zu pinkeln. Mit einem Oberkörper, der Brüste haben sollte. Mit einem Gesicht, dessen Kinn zu eckig und dessen Stirn zu hoch ausfällt. Niemand weiß, dass es ganz anders ist, als die Leute es sich vorstellen – dass ich zum Beispiel in meinem ganzen Leben nur mit fünf Frauen geschlafen habe. Mit dreien davon war ich verheiratet.
Sie sehen nur das Image, das ich in den letzten Jahrzehnten sorgsam aufgebaut habe und das von den Medien begeistert aufgenommen und verstärkt worden ist, denn die Story dahinter ist unwiderstehlich: der Olympionike, der aus dem Nichts kam, der Sohn eines Landschaftsgärtners, der auf ein winziges College irgendwo in der Provinz ging, seine Jugendliebe geheiratet hat und dann fast sein halbes Leben damit zubrachte, für seine Goldmedaille zu trainieren. Damit repräsentiere ich vielleicht mehr als viele anderen Sportler unserer Zeit den uramerikanischen Mythos, an den wir alle glauben: dass man mit harter Arbeit jeden Traum verwirklichen kann. Natürlich glaube auch ich an diesen Mythos, auch wenn ich selbst schon lange unglaubwürdig geworden bin.
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