„Ich habe den Verdacht, dass sich alle Terrorismen […] in ihrer Menschenverachtung wenig nehmen. Sie werden übertroffen von bestimmten Formen von Staatsterrorismus.“
„Ich teile die Menschheit in drei Kategorien: Wir normale Menschen, die irgendwann in ihrer Jugend mal Äpfel geklaut haben, die zweite hat eine kleine kriminelle Ader, und die dritte besteht aus Investmentbankern.“
Helmut Schmidt, deutscher Bundeskanzler von 1974–1982
„Wenn auf der Erde die Liebe herrschte, wären alle Gesetze entbehrlich.“
Aristoteles, Philosoph
„Was habt ihr nicht alles getan, um mich in der Erde zu verscharren / Doch ihr habt vergessen, dass ich ein Samen bin.“
Dinos Christianopoulos, Dichter
Extrem gefährlicher Cocktail
Die Substanzen, die ich in diesem Buch beschreibe (und alle anderen, die ich nicht beschreibe, die aber vielleicht trotzdem in Ihrem Getränk stecken), können sich unter Umständen im Körper anreichern und damit im Lauf der Zeit Mengen erreichen, die eine Vielzahl von Krankheiten verursachen können. Besonders riskant ist, dass sich die Wirkung verschiedener Stoffe nicht nur addiert, sondern sogar zu einer exponentiellen Verstärkung der Wirkung führen kann. Außerdem kann theoretisch jede Substanz mit anderen Substanzen – entweder aus demselben oder einem anderen Produkt – im Körper chemisch reagieren. Welche chemischen Reaktionen das sind und was sie in Ihrem Körper anrichten können, ist völlig unbekannt – niemand hat es jemals untersucht.
In diesem Zusammenhang hätte ich ein höchst interessantes Zitat für Sie: „Allerdings können die Desinfektionsmittel selbst mit natürlich vorkommenden Substanzen im Wasser reagieren und unbeabsichtigte Nebenprodukte erzeugen, die zu Gesundheitsrisiken führen können.“ Und wissen Sie, wer das in einem internen Dokument zugibt? Der einflussreiche US-amerikanische Branchenverband International Bottled Water Association (IBWA).
Eine der wichtigsten wissenschaftlichen Arbeiten zu dieser Thematik ist bereits einige Jahre alt und hätte deshalb eigentlich längst bei der Bewertung von Substanzen berücksichtigt werden müssen: Die Forscher um Andreas Kortenkamp von der School of Pharmacy der University of London veröffentlichten 2007 in der Fachzeitschrift Environmental Health Perspectives einen Artikel mit der Überschrift „Low-Level Exposure to Multiple Chemicals: Reason for Human Health Concerns?“ („Niedrige Belastung mit unterschiedlichsten Chemikalien: Eine Gefahr für die menschliche Gesundheit?“). Sie hatten sich die Frage gestellt, ob es auch dann zu Gesundheitsrisiken kommen kann, wenn mehrere Chemikalien in derart niedrigen Dosen vorhanden sind, dass die einzelne Substanz für sich genommen keinerlei Wirkung hat. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich noch niemand die Mühe gemacht, die vorhandenen experimentellen Studien systematisch zu untersuchen. Und dies fanden die Wissenschaftler heraus:
Die weithin verbreitete Annahme, dass eine Chemikalien-Mischung harmlos ist, wenn die einzelnen Chemikalien jeweils in Konzentrationen vorliegen, bei denen keinerlei Wirkung beobachtet werden kann, ist falsch!
Gleichzeitig konnten die Forscher damit zeigen, dass auch die Annahme falsch ist, eine Konzentration, bei der keine Wirkung festgestellt wird, sei auch sonst wirkungslos. Das bedeutet: Es kommt einfach darauf an, welche anderen Stoffe gleichzeitig vorhanden sind – dann können sogar Konzentrationen wirken, die sonst niemals eine Wirkung gezeigt haben!
Welchen Sinn haben Grenzwerte also? Keinen.
Besonders große Sorgen bereiten den Wissenschaftlern Chemikalien mit endokriner (hormoneller) Wirkung, denn diese wirken bereits in sehr geringen Mengen. Es gibt sehr viele und völlig unterschiedliche Substanzen, die den Hormonhaushalt stören können, und es gibt vermutlich zahlreiche Chemikalien, deren hormonähnliche Wirkung noch gar nicht entdeckt wurde! Vor allem im Kindesalter sind endokrine Substanzen gefährlich, denn der kindliche Körper ist besonders empfindlich und verletzlich. Wenn der Hormonhaushalt bereits in diesem frühen Stadium gestört wird, kann auch die normale Entwicklung des Kindes gestört werden – die Folgen zeigen sich oft erst später im Leben.
Eine systematische Erforschung der Wechselwirkung aller Stoffe gibt es bisher nicht und wird es wohl auch nie geben, denn dazu müssten zigtausende verschiedene Substanzen in allen möglichen Kombinationen untersucht werden. Das Ganze ist ein Giftcocktail mit eingebauter Zeitbombe. Wann das System – Ihr Körper – kippt, weiß niemand.
Weshalb die herausragenden Arbeiten von Kortenkamp noch immer nicht bei der gesundheitlichen Bewertung von Substanzen berücksichtigt werden, lesen Sie im Kapitel „Die Diktatur der Mächtigen“.
Wem gehört das Wasser?
Am 28. Februar 2013 hatte der deutsche Bundestag auf Antrag der Fraktion Die Linke über die Aussage „Wasser ist Menschenrecht – Privatisierung verhindern“ abgestimmt. Damit sollte die Bundesregierung aufgefordert werden, sich in Brüssel gegen EU-Pläne zu wehren, die die kommunalen Wasserwerke unter verstärkten Privatisierungsdruck setzen. Von den 620 Bundestagsabgeordneten stimmten sage und schreibe knapp 50 Prozent – nämlich 299 – mit Nein. 125 enthielten sich der Stimme, 75 gaben ihre Stimme nicht ab. Lediglich 122 Abgeordnete stimmten mit Ja. Eine Katastrophe.
Unter anderem aufgrund der europäischen Bürgerinitiative Right2Water/Wasser ist ein Menschenrecht, die rund 1,9 Millionen Unterschriften erzielte, musste sich das EU-Parlament mit dieser Frage beschäftigen. Right2Water war die erste Bürgerinitiative, die alle Anforderungen erfüllte, die im Vertrag von Lissabon genannt werden: mehr als eine Million Unterstützer aus mindestens sieben Mitgliedstaaten.
Im März 2014 hatte die Europäische Kommission dann auf Empfehlung des EU-Parlaments die Wichtigkeit von Wasser als öffentliches Gut von grundlegendem Wert betont: „Wasser ist kein kommerzielles Produkt.“ Eine rechtliche Verankerung fehlt bisher, und deshalb schreiten die Liberalisierungsanstrengungen nach wie vor ganz offen voran (zum Beispiel in Griechenland: Das dritte Hilfspaket fordert eine Privatisierung der Wasserwerke). Doch die Botschaft ist klar.
Bereits im Jahr 2010 hatten die Mitglieder der UNO erklärt, dass Wasser ein Menschenrecht ist. Der Anspruch auf sauberes Wasser ist völkerrechtlich zwar nicht verbindlich und auch nicht einklagbar, einen hohen symbolischen Wert hat diese Verankerung aber in jedem Fall.
Nestlé sieht das offenbar komplett anders.
„Wasser ist kein Menschenrecht“
Peter Brabeck-Letmathe ist Präsident der Nestlé Gruppe. Nestlé ist der weltweit größte Abfüller von Flaschenwasser: Sechs Milliarden Euro verdienen die Schweizer mit ihren weltweit 73 Wassermarken, die bekannteste von ihnen, Pure Life, wird vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern verkauft. Mit einem Jahresumsatz von sage und schreibe 92,5 Milliarden Dollar ist Nestlé auch der größte Lebensmittelkonzern der Welt, also ein Gigant mit entsprechend großem Einfluss. Lassen Sie sich die folgenden Worte von Brabeck bitte in aller Ruhe auf der Zunge zergehen:
„Wasser ist natürlich das wichtigste Rohmaterial, das wir heute noch auf der Welt haben. Es geht darum, ob wir die normale Wasserversorgung der Bevölkerung privatisieren oder nicht. Und da gibt es zwei verschiedene Anschauungen. Die eine Anschauung – extrem, würde ich sagen –, wird von einigen von den NGOs 1vertreten, die darauf pochen, dass Wasser zu einem, äh, äh, ‚öffentlichen Recht‘ erklärt wird. Das heißt, als Mensch sollten Sie einfach Recht haben, Wasser zu haben. Das ist die eine Extremlösung, ja? Und die andere, die sagt, Wasser ist ein Lebensmittel, und so wie jedes andere Lebensmittel sollte das einen Marktwert haben. Ich persönlich glaube, es ist besser, man gibt einem Lebensmittel einen Wert, sodass wir alle bewusst sind, dass das etwas kostet, und dann anschließend versucht, dass man mehr spezifisch für diesen Teil der Bevölkerung, der keinen Zugang zu diesem Wasser hat, dass man dann dort etwas spezifischer reingreift, und da gibt’s ja verschiedene Möglichkeiten …“
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