• Die Entwicklung von Schulungskonzepten für das Krankenhaus gemäß den o. g. genannten Vorbildern für praktische Zusammenarbeit der verschiedenen Berufsgruppen (Häußler 2018, Häußler 2020, Mette 2018, HAZ 2019, Strodtmann 2019).
• Ein besonderer Schwerpunkt muss das Thema »Selbstmanagement« sein. Zu verdeutlichen ist, dass im Krankenhaus das eigene »Ego« zurückzustellen ist und die Patienten im Mittelpunkt jeglichen Handelns stehen müssen. Dabei ist u. a. darauf abzustellen, dass Bewerber und Personen, die meinen, dieser Notwendigkeit nicht gerecht werden zu wollen oder zu können, für die Übernahme von ärztlichen Aufgaben in der Patientenversorgung nicht geeignet sind.
• Die Einbeziehung von guten Arbeitsbedingungen und ein modifiziertes Rollenverständnis von Ärzten, das diese für Anliegen junger und eher unerfahrener Mitarbeiter offen macht.
Empfehlenswert ist, entsprechendes Wissen bereits vor Eintritt ins PJ zu vermitteln. Dies kann z. B. gut über ein kombiniertes Lernprogramm, basierend auf einem E-Book (mit Kontrollfragen, Lernzielen, Standortbestimmungen und Fallbeispielen) und einer dialogischen Komponente (Informationsaustausch mit Dozenten über E-Mail und Telefonkonferenzen) umgesetzt werden. Vorteil eines entsprechenden Programms ist, dass es am Wohn- bzw. Tätigkeitsort genutzt werden kann, Präsenzveranstaltungen an anderen Orten (Hochschulstandorte) erübrigen sich damit (Hellmann 2019).
Verantwortung der Ärzteschaft für die junge Generation
Erweiterte Anstrengungen der Ärzteschaft zur Optimierung von Studium, Praktischem Jahr (PJ) und Ärztlicher Weiterbildung beinhalten eine Bringschuld
Gegen den massiven Ärztemangel müssen wirksame Maßnahmen ergriffen werden. Es wird allerdings nur zögerlich agiert. Dies gilt gleichermaßen für die Erhöhung der Zahl von Studienplätzen, eine Optimierung des Medizinstudiums im Sinne längst überfälliger Einbeziehung von neuen Lehrkonzepten, Inhalte zum Management und zur Betriebswirtschaft sowie zur Optimierung des PJ und der Ärztlichen Weiterbildung. Diesen Erfordernissen ist bis heute nicht umfassend nachgekommen worden.
Das medizinische Curriculum weist nach wie vor größere Schwachstellen auf. Zu notwendigen wichtigen Inhalten wie Kommunikation, BWL oder Führung gibt es bisher nur Absichtserklärungen und Empfehlungen für die regionalen Ärztekammern (Bundesärztekammer 2018a, 2018b, 2019). Wann diese aber umgesetzt werden, ist offen. Ähnliches gilt für die Betreuung fortgeschrittener Medizinstudierender im PJ (Marburger Bund 2018) und die Ärztliche Weiterbildung. Hier besteht eine Fülle von Missständen (Bussche u. a. 2017, Marburger Bund 2017), die für zukünftige Ärzte hochgradig demotivierend ist und deren Beseitigung höchste Priorität haben muss.
Demotivierende Statements und unsensibles Verhalten gegenüber der jungen Generation sind kontraproduktiv für ein erfolgreiches Gesundheitswesen
Wenig förderlich für das Engagement junger Menschen in der Medizin sind Aussagen wie: »Sie brauchen keine Familie, Sie sind doch Chirurg« (Janert 2019) und Positionen, die die Qualität und Einsatzfähigkeit von Chefärztinnen in der Herzchirurgie massiv in Frage stellen (Hagl 2019, Cleuziou u. a. 2019). Damit drängt sich die Frage auf, ob der massive Ärztemangel und die stetige Zunahme von Frauen in der Medizin bisher angemessen reflektiert wurde.
Positiv zu vermerken ist, dass in Einzelfällen (z. B. Bundesverband Deutscher Chirurgen (BDC)) nicht nur Offenheit für Fragen des Managements und für übergreifende Zusammenarbeit besteht, sondern auch größere Anstrengungen zur Optimierung ärztlicher Weiterbildung unternommen werden (Hellmann 2017c, 2017d). Allerdings stellt sich auch hier die Frage nach einem zielführenden Umgang mit der jungen Generation. Die Verwendung von Begriffen wie »Arztbildung«, »Gesellenebene«, »Novizenebene« oder »Meisterebene« erscheinen in einer Zeit, in der eine neue Generation prozessorientierte Strukturen, flache Hierarchien, Teamorientierung und gleiche Augenhöhe einfordert, eher obsolet (Hellmann 2020b, 33), ungeachtet der Tatsache, dass ein Bezug zum »guten Handwerker« naheliegt. Gerade die Chirurgie als ein für die Patientenversorgung unverzichtbares Fach ist gefordert, fundiert und erfolgreich für den Nachwuchs zu werben, zumal sie nach neuen Erkenntnissen zur Affinität von Studienabsolventen zur bevorzugten Fachrichtung für ärztliche Tätigkeit nur an 5. Stelle der Beliebtheitsskala rangiert und somit von der Inneren Medizin (1. Stelle der Beliebtheitsskala) weit abgeschlagen ist ( www.praktischarzt.de) (Hellmann 2021).
Die Generation Z – eine noch größere Herausforderung als die Generation Y?
Das postulierte hohe Anspruchsdenken wird offensichtlich noch übertroffen durch die der Generation Y nachfolgende Generation Z (Generation der ab 1995 geborenen Personen) (Rauch und Sogorski 2014).
Scholz (2014) definiert diese Generation in seinem Buch als Selbstoptimierer mit Willensstärke zur Umsetzung gesteckter Ziele. Diese Generation ist ein noch nicht ganz akutes Problem. Ihre Mitglieder (jetzt im Alter von etwa 22 Jahren) drängen erst allmählich ins Krankenhaus.
Eine exakte Abgrenzung der Generationen Y und Z voneinander ist derzeit noch schwierig. Offenbar orientieren sich aber beide Generationen sehr an ihren Eltern. Hurrelmann postuliert für beide Generationen ein typisches Kosten-Nutzen-Denken und definiert sie als »Egotaktiker«, gekennzeichnet durch Eigenschaften wie »hochgradig fordernd« und »wenig kooperativ« (Hurrelmann 2018). In Bezug auf die Notwendigkeit der Vermittlung von Managementkompetenzen gilt, die Richtigkeit der Thesen von Hurrelmann vorausgesetzt, ähnliches wie oben für die Generation Y gefordert.
Unser Gesundheitswesen unterliegt massiven Veränderungen. Knappe finanzielle Ressourcen und eklatanter Fachkräftemangel beim Pflegepersonal und bei Ärzten bestimmen das Bild. Eine miserable Vergütung des Pflegepersonals, die zunehmende (wenn auch begründbare) Fokussierung von Pflegekräften auf Teilzeitarbeit (Gesundheit und Gesellschaft 2019), aber auch immer noch vorgetragene wenig gute Forderungen von Protagonisten der Pflege und auch Hochschulen zur weiteren Akademisierung der Pflege (s. ergänzend dazu Huber 2019) schränken eine gute pflegerische Patientenversorgung zunehmend ein. Das fehlende Personal induziert immer schlechter werdende Arbeitsbedingungen aufgrund hoher Arbeitsverdichtung für die noch verbliebenen Mitarbeiter. Dies führt zu Stress, Erkrankungen und Demotivation. Ein beängstigender Mangel an Pflegekräften im Krankenhaus ist das Ergebnis, wie auch das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) überzeugend aufgezeigt hat (Blum u. a. 2019). Dieser wird insbesondere in Krisen (Corona) zu einem massiven Problem, wie in vielen Krankenhäusern bereits durch die steigende Zahl von Infektionen deutlich wird.
Folge ist, dass der Wunsch nach Tätigkeit im Krankenhaus abnimmt und sich die junge Generation zu anderen Arbeitsfeldern oder Tätigkeiten im Ausland orientiert. Für das Krankenhaus gilt es deshalb, die genannten defizitären Zustände zu beseitigen und, insbesondere auch für die junge Generation, attraktive Arbeitsbedingungen zu schaffen.
Dies ist bei den derzeitigen Rahmenbedingungen leichter gesagt als getan. Gelingt dies aber nicht, werden die Krankenhäuser immer weiter »ausbluten«. Bereits jetzt müssen in vielen Krankenhäusern aufgrund von Fachkräftemangel Abteilungen schließen. Damit steht nicht nur eine gute Patientenversorgung auf dem Spiel, sondern auch der Ruf unseres Gesundheitswesens.
Dieses Ergebnis darf nicht eintreten. Kompetenter ärztlicher Nachwuchs mit großem Interesse an der medizinischen Tätigkeit ist vorhanden, es muss alles darangesetzt werden, für diesen ein gutes Arbeitsumfeld zu schaffen und damit auch die Leistungsfähigkeit des Krankenhauses zu sichern. Arbeitszufriedenheit muss zentrales Ziel für alle Mitarbeiter im Krankenhaus sein (Hellmann 2014b).
Читать дальше