Ein ähnliches Projekt wird an der Universität Heidelberg durchgeführt. Zukünftige Pfleger und Ärzte arbeiten gleichberechtigt in einem Team zusammen (Häußler 2018).
Weitere Initiativen beziehen sich auf eine interprofessionelle Ausbildungsstation (Mette 2018) und ein Projekt in München. Studierende der Medizin und Pflegeschüler werden auf einer Frühchenstation gemeinsam ausgebildet (Hütten 2019).
Nicht zu unterschätzen für die Stärkung der Pflege sind bisher eher ungewöhnlich erscheinende Konzepte, wie z. B. realisiert im St. Adolf-Stift in Reinbek. Auszubildende übernehmen auf einer Schülerstation eigenständig die Pflege von Patienten (Bundesregierung 2020). Erkennbar sind darüber hinaus neue und vertiefte Trends mit Förderung der Akademisierung der Pflege (Noetzel und Schneider 2020).
Blick über die Grenzen – USA und Schweiz
Interessante Perspektiven bieten »Magnetkrankenhäuser« (Gruber u. a. 2019) mit einem hohen Anteil an Pflegekräften nach US-amerikanischem Vorbild. Zugrunde liegt das »Magnet Recognition Program« des American Nurses Credentialing Center (Wildermuth und Weber 2020). Wesentliche Elemente entsprechender Konzepte sind: Entlastung der Pflegekräfte, z. B. durch Digitalisierung und Automatisierung und/oder Unterstützung im Studium. Aufgrund der sehr guten Arbeitsbedingungen resultiert bei den Pflegekräften hohe Arbeitszufriedenheit. Sie spiegelt sich u. a. in geringer Fluktuation und ausreichenden Zahlen an Pflegekräften. Eine besondere Förderung von Pflegekräften durch attraktive Anreize zur Bindung an das Krankenhaus erscheint bei dem immer noch steigenden Mangel an Fachkräften alternativlos (Said und Wolz 2019). Sie ergibt sich aus dem hohen Einfluss der Pflegenden auf eine gute Patientenversorgung (Schmeißer und Hergert 2020).
Interaktives Lernen für mehr Patientenorientierung ist auf dem Vormarsch. Dies zeigt z. B. die Stiftung Patientensicherheit in der Schweiz. Sie hat ein Manual zur Einrichtung eines »Room of Horrors« entwickelt, das Szenarien aus Pädiatrie, Herzchirurgie, Orthopädie, Geriatrie und Innerer Medizin umfasst (Strodtmann 2020). In einem speziellen Trainingsraum werden für die Mitarbeiter unterschiedlicher Berufsgruppen häufig auftretende Situationen mit Gefährdungspotenzial für die Patienten spielerisch analysiert (z. B. leerer Desinfektionsmittelspender, fehlendes Formular zum Einverständnis des Patienten bei einer Operation etc.).
Diese können von den Mitarbeitern nach vorherigem Erhalt von Informationen zum Patienten identifiziert werden. Ziel dieses Vorgehens ist die Einstimmung der Mitarbeiter auf Gefährdungen für die Patientensicherheit. Das umrissene Konzept ist leicht umsetzbar, vor allem für kleine Krankenhäuser. Für einen entsprechenden Raum ist keine besondere Ausstattung erforderlich. Unterstützung für die Umsetzung gibt das erwähnte Manual, es kann kostenfrei angefordert werden ( www.patientensicherheit.ch).
Die praktische Umsetzung von guter Zusammenarbeit – Geschäftsführungen, Chefärzte, Pflege und Mitarbeiter müssen liefern
Geschäftsführungen, Chefärzte, Pflegekräfte und Mitarbeiter aus den verschiedenen Berufsgruppen müssen aufeinander zugehen. Respekt, Wertschätzung und Offenheit gegenüber den Wünschen des jeweiligen Gegenübers sind unverzichtbar. Daraus folgt u. a.: Auch die Generation Y hat eine Bringschuld im Spiel der Kräfte des Krankenhauses!
Aufgabe der Geschäftsführungen
Ziel muss die Sicherung der Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter sein durch
• die Schaffung guter Arbeitsbedingungen,
• die Sicherung einer Dialog- und Fehlerkultur,
• die fach- und berufsgruppenübergreifende Organisation von Zusammenarbeit.
Aufgaben der Leitenden Ärzte
Ziel muss sein, Mitarbeiter effektiv zu rekrutieren, zu binden und Arbeitszufriedenheit zu sichern (Hellmann 2014a, 2014b, 2020a). Erreichbar ist dies durch
• den Transport von Vorbildfunktion (hohe medizinische Expertise, umfassende Managementkompetenzen und ausgeprägtes Sozialverhalten) (Hellmann 2014a),
• die Förderung offener Karrierewege,
• die Praktizierung eines modifizierten Rollenverständnisses mit Orientierung zu neuen Führungsmodellen mit Teamorientierung, innovativen Formen des Arzt-Patient-Dialogs für neue Patientenklientele, kollegialer Entscheidungsfindung im Abteilungsmanagement und Offenheit gegenüber neuen Techniken und der digitalen Transformation (Hellmann 2020b).
Ist der Leitende Arzt aufgrund der genannten Eigenschaften in der Lage, die jungen Mitarbeiter zu begeistern (siehe Kasten »Erfolgreiche Rekrutierung (und Bindung) von Mitarbeitern der Generation Y durch den Chefarzt«), dürfte deren Einbindung in die Fachabteilung gelingen, auch im Hinblick auf die ärztliche Weiterbildung als Grundlage für die Sicherstellung einer ausreichenden Anzahl von Fachärzten (Hellmann 2014a, Hellmann 2015f). Ein gutes Beispiel ist das Klinikum Hameln ( www.sana-hm.de).
Gute Arbeitsbedingungen und eine hervorragend strukturierte ärztliche Weiterbildung sind Erfolgsfaktoren für die nachhaltige Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern. Insgesamt betrachtet, ist die Generation Y für die Bestandssicherung des Krankenhauses unverzichtbar. Zu fokussieren ist auf das, »was mit der Generation geht«, und nicht auf das, »was mit der Generation nicht geht«. Und es geht durchaus vieles mit der Generation! Dazu bedarf es allerdings massiver Anstrengungen des Krankenhauses unter Einbeziehung neuer Formen von Führung und Kooperation. Denn »angepasste« Mitarbeiter sind die Neueinsteiger der jungen Generation in der Regel nicht (Bund 2014, Brinkmann und Nohl-Deryk 2015).
Letztendlich geht es um die Fähigkeit von ärztlichen Führungskräften, Mitarbeiter so zu motivieren, dass sie die Arbeit am Patienten gerne tun (Hellmann 2020b). Vielerorts besteht hier noch Optimierungspotenzial, obwohl es einfach umsetzbare Strategiekonzepte dazu gibt.
Erfolgreiche Rekrutierung (und Bindung) von Mitarbeitern der Generation Y durch den Chefarzt – Positives transportieren!
Das Märchen von der Generation Y
• Systemveränderung des Krankenhauses als Ziel
• hochgradig sprunghaft
• wenig leistungsbereit bis faul
• mangelnde Zuverlässigkeit
• geringes Engagement
Die Realität zur Generation Y
• Forderung zur Beseitigung von Defiziten, die längst hätten beseitigt werden müssen, wie hierarchische Führung, schlechte Vereinbarung von Beruf und Familie etc.
• hohe Leistungsbereitschaft und starke Affinität zu technischen Innovationen (auch Digitalisierung)
• ehrgeizig, fleißig, weltoffen
Was Sie als Chefarzt kommunizieren sollten!
• Sie schätzen die hohe Weltoffenheit und Leistungsbereitschaft der Generation Y, verbunden mit Ehrgeiz und Fleiß!
• Innovative Kommunikationstechnologien und die Orientierung zum digitalen Wandel sind für Sie unverzichtbar!
• Sie sind Befürworter durchlässiger Karrierewege!
• Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter hat für Sie hohe Priorität!
• Sie sind teamorientiert!
• Sie praktizieren kollegiale Entscheidungsfindung (Mitarbeiter) und Partizipative Entscheidungsfindung (Patienten)!
• Sie führen keine überflüssigen Operationen mit dem Ziel von Fallzahlsteigerung durch!
• Sie sind für Veränderungen in Karrierefragen offen!
• Sie fördern interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Pflege!
Rückschlüsse der Bewerber auf Sie als Chefarzt!
• Sie unterliegen nicht den allgemeinen Vorurteilen der Generation Y und sind »offener« Arbeitgeber.
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