Der Umgang mit Verbraucherbauherren
Für Verträge mit Verbraucherbauherren gelten seit dem 01.01.2018 neue Regeln. In den §§ 650i–650n BGB werden speziell für Bauverträge Verbraucherschutzvorschriften eingeführt. Damit will der Gesetzgeber den Verbraucher bei der Durchführung eines Bauvorhabens vor vorschnellen Entscheidungen, unklaren Leistungsverpflichtungen und unbekannten Vergütungsrisiken schützen. Dies geschieht im Wesentlichen dadurch, dass der Verbraucher von seinem Vertragspartner frühzeitig und inhaltlich eindeutig über Risiken und Konsequenzen seiner Entscheidungen informiert werden muss. Außerdem kann der Bauunternehmer mit dem Verbraucherbauherrn Verträge nicht in jeglicher Beziehung frei verhandeln. Es gibt wesentliche Regelungen, ohne die ein Verbraucherbauvertrag nicht wirksam abgeschlossen werden kann.
Zu den einzelnen Regelungen im Verbraucherbauvertrag wird ergänzend auf den Beitrag
Kap. „Änderungen durch das neue Bauvertragsrecht 2018“ verwiesen.
Schutz des Verbrauchers bei Bauverträgen, die keine Verbraucherbauverträge sind
Selbst dann, wenn ein Vertrag über eine Bauleistung nicht den Bau eines neuen Gebäudes oder erhebliche Umbaumaßnahmen an einem Bestandsgebäude zum Gegenstand hat und damit kein Verbraucherbauvertrag besteht, ist der Verbraucher nicht schutzlos. Wie schon vor dem 01.01.2018, greifen zugunsten des Verbrauchers die §§ 312 ff. BGB. Auch hier sieht das Gesetz vorvertragliche Informationspflichten und ggf. ein Widerrufsrecht nach §§ 312d, 312g BGB vor, wenn ein Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen des Unternehmers abgeschlossen wird. Es geht auch nicht um einen vollständigen Neubau oder einem diesem gleichstehenden Sanierungsauftrag. Außerdem wäre erforderlich, dass der Bauunternehmer – was in der Praxis selten der Fall sein wird – von sich aus den Kontakt zum Verbraucher aufnimmt und ihn telefonisch oder über das Internet anspricht und versucht, seine Leistungen zu verkaufen. Hier bestehen Verpflichtungen zu klaren und verständlichen Informationen über die Eigenschaften des Vertragsgegenstands und über den Anbietenden.
Für Werkverträge, die der Verbraucher selber initiiert, also z. B. die Aufforderung zur Erstellung eines Angebots über die Badsanierung, fallen nicht in den Bereich der §§ 650i ff. BGB und auch nicht unter die Verbraucherschutzvorschriften der §§ 312 ff. BGB. Hier ist der Verbraucher wie jeder andere normale Auftraggeber zu behandeln. Ein Verbraucherbauvertrag liegt außerdem nicht vor, wenn der Verbraucher das (Wohn)Gebäude nicht von einem Generalunternehmer/Generalübernehmer erstellen lässt, sondern gewerkeweise vergibt. Dann handelt es sich grundsätzlich um einzelne Werkverträge nach § 631 BGB. Gegebenenfalls kann auch dann ein normaler Bauvertrag nach § 650a BGB vorliegen.
Ein Verbraucherbauvertrag liegt auch nicht vor, wenn es nicht um die Errichtung eines neuen Wohngebäudes oder den Umbau eines Nebengebäudes zu einem Wohngebäude geht, sondern lediglich ein Bauwerk mit untergeordneten Nebenfunktionen errichtet werden soll. Insbesondere spätere Anbauten wie ein Carport, eine freistehende Garage oder ein Swimmingpool sind keine Verbraucherbauverträge und unterliegen keinen besonderen Schutzvorschriften.
Wer ist Verbraucher?
Die besonderen Vorschriften des Verbraucherbauvertrags greifen nur dann, wenn der Vertragspartner des Bauunternehmens auch ein Verbraucher i. S. d. Gesetzes ist. Ein Verbraucher ist grundsätzlich eine natürliche Person. Juristische Personen können nie Verbraucher sein. Außerdem muss der Bauvertrag geschlossen werden, um einem privaten Zweck des Verbrauchers zu dienen. Bauvorhaben, die gewerblich genutzt werden, fallen nicht in den Schutzbereich. Wahrscheinlich kann auch eine GbR ein Verbraucher sein. Dies wird wohl in den Fällen anzunehmen sein, in denen sich mehrere Privatpersonen zu einer Bauherrengemeinschaft zusammenschließen, um ein gemeinsames Bauvorhaben (Mehrfamilienhaus, Reihenhausanlage) zu realisieren. Damit können auch Wohnungseigentümergemeinschaften, die eine umfassende Sanierung ihres Gebäudes beauftragen, unter den Schutzbereich des Verbraucherbauvertrags fallen. Welche Personengruppen letztendlich als Verbraucher i. S. d. Gesetzes gelten werden, wird sich erst nach den ersten Urteilen in einigen Jahren sicher sagen lassen. Im Zweifel sollte der Bauunternehmer immer davon ausgehen, dass er mit einem Verbraucher einen Vertrag abschließt. Nur so verhindert er, dass er möglicherweise notwendige Vertragsinhalte nicht regelt oder wichtige Hinweise nicht rechtzeitig schriftlich gibt.
Die Notwendigkeit der Textform (§ 650i Abs. 2 BGB)
Ein wirksamer Verbraucherbauvertrag bedarf der Textform, nicht der Schriftform. Es ist also nicht erforderlich, dass ein von beiden Seiten im Original unterschriebener schriftlicher Vertrag besteht. Der Vertrag kann auch per Fax oder E-Mail wirksam geschlossen werden. Aus Sicherheitsgründen ist dem Bauunternehmer aber zu empfehlen, sich die Zeit zu nehmen und alle wichtigen und gesetzlich geforderten Erklärungen und Hinweise mit dem Verbraucher auch schriftlich abzustimmen. Ein von beiden Seiten unterschriebener Originalvertrag ist vor Gericht nach wie vor das beste Beweismittel. E-Mails können zwar ausgedruckt werden. Allerdings besteht immer wieder Unsicherheit darüber, ob das, was dann später ausgedruckt wird, auch tatsächlich dem entspricht, was die Parteien übereinstimmend vereinbart haben. Aus Gründen der Schnelligkeit können daher Absprachen vorab per Fax oder E-Mail mitgeteilt werden. Es sollte aber grundsätzlich versucht werden, zuvor die Vereinbarungen auch schriftlich in Papierform zu fixieren oder zumindest nach der schnellen elektronischen Vereinbarung entsprechend zu bestätigen. Gerade bei Vereinbarungen in Form von Telefaxen oder
E-Mails bleibt das Problem, dass beide Seiten eine entsprechende Vereinbarung nachvollziehbar unterschrieben oder zumindest mit einer Unterschrift gleichbedeutenden zustimmenden Erklärung versehen haben. Auch hier gilt wieder für den Bauunternehmer Sicherheit vor Schnelligkeit.
Der Bauunternehmer muss darauf achten, dass die Textform auch für alle Änderungen und Ergänzungen des Verbraucherbauvertrags gilt. Eine Änderung des vereinbarten Werkerfolgs nach § 650b Abs. 1 Satz 1 BGB muss also zur Wirksamkeit in Textform vereinbart werden. Auch eine Anordnung über einen geänderten Werkserfolg in den Fällen, in denen eine einvernehmliche, also beidseitige zustimmende Erklärung über die Änderung nicht möglich ist, bedarf zur Wirksamkeit der Textform. Mündliche Vereinbarungen mit Verbrauchern sind unwirksam!
Verstöße gegen die Notwendigkeit der Textform führen wohl zur Nichtigkeit des Bauvertrags nach § 125 Satz 1 BGB. Die Konsequenzen eines Vertrags, der mitten in der Abwicklung als nichtig festgestellt wird, wären für beide Seiten katastrophal. Der Unternehmer könnte keine Vergütung verlangen, der Verbraucherbauherr keine Fertigstellung des Bauwerks oder keine Mängelansprüche geltend machen. Zwar lassen sich einige der entstehenden Probleme durch die Regelung zur ungerechtfertigten Bereicherung oder der Geschäftsführung ohne Auftrag klären. Der erforderliche Aufwand, die zusätzliche Zeit und die zusätzlichen Kosten sollten aber unbedingt vermieden werden. Möglicherweise entwickelt die Rechtsprechung andere Lösungen, die im Falle eines formnichtigen Verbraucherbauvertrags zu besseren Lösungen führen. Da entsprechende Entscheidungen noch fehlen, gilt auch hier nochmals die Empfehlung an den Bauunternehmer: Sicherheit vor Schnelligkeit, unbedingt die Textform beachten, sicherheitshalber alles schriftlich mit beidseitiger Unterschrift mit dem Verbraucherbauherrn regeln.
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