Praxistipp |
Werfen Sie Ihre alten Unterlagen zu den VAwS der Länder und die begleitenden Papiere nicht weg! Denn wenn Sie an bestehenden Anlagen tätig sind, können diese Ihnen evtl. wertvolle Hinweise geben. |
Ungeachtet dieser neuen, grundlegenden Situation wird es in den Ländern Regelungen im Zusammenhang mit dem Umgang mit wassergefährdenden Stoffen geben. Diese werden aber keine stoff- und anlagenbezogene Inhalte haben, sondern nur verwaltungsmäßige Regelungen zum Vollzug, u. a. hinsichtlich Zuständigkeiten, Genehmigungs- und Überwachungspraxis. Denn der Vollzug bleibt auch weiterhin Ländersache. Wie diese Regelungen in den einzelnen Ländern aussehen werden, ist zzt. noch nicht erkennbar.
1.1.2 Zusammenhang AwSV und WHG
Der § 62 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) regelt die Anforderungen des anlagenbezogenen Umgangs mit wassergefährdenden Stoffen. Er definiert die zu betrachtenden Anlagen, die Anforderungen und Tätigkeiten an die Anlagen, legt das Sicherheitsniveau fest und bestimmt, was wassergefährdende Stoffe sind.
§ 62 WHG {Wasserhaushaltsgesetz} Abs. 1, 2, 3 „Anforderungen an den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen“
(1) |
Anlagen zum Lagern, Abfüllen, Herstellen und Behandeln wassergefährdender Stoffe sowie Anlagen zum Verwenden wassergefährdender Stoffe im Bereich der gewerblichen Wirtschaft und im Bereich öffentlicher Einrichtungen müssen so beschaffen sein und so errichtet, unterhalten, betrieben und stillgelegt werden, dass eine nachteilige Veränderung der Eigenschaften von Gewässern nicht zu besorgen ist. Das Gleiche gilt für Rohrleitungsanlagen, die 1. den Bereich eines Werksgeländes nicht überschreiten, 2. Zubehör einer Anlage zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen sind oder 3. Anlagen verbinden, die in engem räumlichen und betrieblichen Zusammenhang miteinander stehen. Für Anlagen zum Umschlagen wassergefährdender Stoffe sowie zum Lagern und Abfüllen von Jauche, Gülle und Silagesickersäften sowie von vergleichbaren in der Landwirtschaft anfallenden Stoffen gilt Satz 1 entsprechend mit der Maßgabe, dass der bestmögliche Schutz der Gewässer vor nachteiligen Veränderungen ihrer Eigenschaften erreicht wird. |
(2) |
Anlagen im Sinne des Absatzes 1 dürfen nur entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik beschaffen sein sowie errichtet, unterhalten, betrieben und stillgelegt werden. |
(3) |
Wassergefährdende Stoffe im Sinne dieses Abschnitts sind feste, flüssige und gasförmige Stoffe, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen. |
Für die weitere Konkretisierung legt das WHG in § 62 Abs. 4 eine Verordnungsermächtigung fest. Sie ist die Grundlage für die AwSV.
§ 62 WHG Abs. 4 „Anforderungen an den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen“
(4) |
Durch Rechtsverordnung nach § 23 Absatz 1 Nummer 5 bis 11 können nähere Regelungen erlassen werden über 1. die Bestimmung der wassergefährdenden Stoffe und ihre Einstufung entsprechend ihrer Gefährlichkeit, über eine hierbei erforderliche Mitwirkung des Umweltbundesamtes und anderer Stellen sowie über Mitwirkungspflichten von Anlagenbetreibern im Zusammenhang mit der Einstufung von Stoffen, 2. die Einsetzung einer Kommission zur Beratung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit in Fragen der Stoffeinstufung einschließlich hiermit zusammenhängender organisatorischer Fragen, 3. Anforderungen an die Beschaffenheit und Lage von Anlagen nach Absatz 1, 4. technische Regeln, die den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen, 5. Pflichten bei der Planung, der Errichtung, dem Betrieb, dem Befüllen, dem Entleeren, der Instandhaltung, der Instandsetzung, der Überwachung, der Überprüfung, der Reinigung, der Stilllegung und der Änderung von Anlagen nach Absatz 1 sowie Pflichten beim Austreten wassergefährdender Stoffe aus derartigen Anlagen; in der Rechtsverordnung kann die Durchführung bestimmter Tätigkeiten Sachverständigen oder Fachbetrieben vorbehalten werden, 6. Befugnisse der zuständigen Behörde, im Einzelfall Anforderungen an Anlagen nach Absatz 1 festzulegen und den Betreibern solcher Anlagen bestimmte Maßnahmen aufzuerlegen, 7. Anforderungen an Sachverständige und Sachverständigenorganisationen sowie an Fachbetriebe und Güte- und Überwachungsgemeinschaften. |
Die AwSV stellt die bisherigen Regelungen nicht auf den „Kopf“, sondern knüpft unmittelbar an die bisher gewohnten Grundsätze und Regelungen an und konkretisiert die Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes.
1.1.3 Anlagensicherheitskonzept für den bestimmungsgemäßen und nicht bestimmungsgemäßen Betrieb von Anlagen
{Anlagensicherheitskonzept}
Nach wie vor gilt die Verordnung ausschließlich für Anlagen, in denen mit wassergefährdenden Stoffen umgegangen wird. Für diese Anlagen steht weiterhin das adäquate Anlagensicherheitskonzept für den bestimmungsgemäßen und nicht bestimmungsgemäßen Betrieb von Anlagen (Bild 2) im Mittelpunkt. Dieses basiert auf dem Vorsorgeprinzip bzw. Besorgnisgrundsatz, realisiert durch das 2-Barrieren-Konzept, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Abstufungskonzept, ausgedrückt durch die von Menge und Wassergefährdungsklasse definierten Gefährdungsstufen. Mit dem Anlagensicherheitskonzept wird der Besorgnisgrundsatz {Besorgnisgrundsatz} umgesetzt, der gem. Feststellungen in Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts
„Je folgenschwerer ein Schaden sein kann, desto höhere Anforderungen sind an die Unwahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu stellen.“ und „Eine Schädigung des Grundwassers ist immer schon dann zu besorgen, wenn die Möglichkeit im Rahmen einer sachlich vertretbaren Prognose nicht von der Hand zu weisen ist.“
konsequent zu Ende gedacht, eine Nullemission bedeutet.
Bild 2: Anlagensicherheitskonzept (Quelle: H.-P. Lühr)
Das 2-Barrieren-Konzept {2-Barrieren-Konzept} dient dazu, dass Stoffe nicht unkontrolliert im bestimmungsgemäßen und nicht bestimmungsgemäßen Betrieb aus Anlagen in die Umwelt austreten können. Die erste Barriere (Bild 3) stellt die direkte Umschließung der Stoffe dar und dient dem bestimmungsgemäßen Betrieb. Für den nicht auszuschließenden Fall einer Havarie (Leckage bis Störfall) ist die zweite Barriere vorgesehen, um insbesondere Boden und Grundwasser nachhaltig zu schützen.
Bild 3: Adäquates Sicherheitssystem (Quelle: H.-P. Lühr)
1.1.4 Aufbau der AwSV
Die AwSV hat folgenden Aufbau:
Kapitel 1: |
Zweck; Anwendungsbereich; Begriffsbestimmungen |
Kapitel 2: |
Einstufung von Stoffen und Gemischen |
Kapitel 3: |
Technische und organisatorische Anforderungen an Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen |
Kapitel 4: |
Sachverständigenorganisationen und Sachverständige; Güte- und Überwachungsgemeinschaften und Fachprüfer; Fachbetriebe |
Kapitel 5: |
Ordnungswidrigkeiten; Schlussvorschriften |
Anlage 1: |
Einstufung von Stoffen und Gemischen als nicht wassergefährdend und in Wassergefährdungsklassen (WGK); Bestimmung aufschwimmender flüssiger Stoffe als allgemein wassergefährdend |
Anlage 2: |
Dokumentation der Selbsteinstufung von Stoffen und Gemischen |
Anlage 3: |
Merkblatt zu Betriebs- und Verhaltensvorschriften beim Betrieb von Heizölverbraucheranlagen |
Anlage 4: |
Merkblatt zu Betriebs- und Verhaltensvorschriften beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen |
Anlage 5: |
Prüfzeitpunkte und -intervalle für Anlagen außerhalb von Schutzgebieten und festgesetzten oder vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten |
Anlage 6: |
Prüfzeitpunkte und -intervalle für Anlagen in Schutzgebieten und festgesetzten oder vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten |
Anlage 7: |
Anforderungen an Jauche-, Gülle- und Silagesickersaftanlagen (JGS-Anlagen) |
1.1.5 Neue Regelungen
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