Michał Głowiński
Schwarze Jahreszeiten Meine Kindheit im besetzten Polen
Aus dem Polnischen von
Peter Oliver Loew
Mit einem Nachwort von
Anna Artwińska
Herausgegeben von
Anna Artwińska
und Peter Oliver Loew
Die polnische Originalausgabe ist in 3. Auflage 2002 bei
Wydawnictwo Literackie, Krakau unter dem Titel Czarne sezony erschienen.
© by Michał Głowiński
© by Wydawnictwo Literackie, Krakau 2002
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Der Theiss Verlag ist ein Imprint der WBG.
© der deutschen Ausgabe 2018 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt
Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht.
Lektorat: Anna Frahm, München
Satz: Vollnhals Fotosatz, Neustadt a. d. Donau
Einbandabbildungen: Porträt des Autors als Kind © Michał Głowiński.
Das Bild wurde im Jahr 1938 aufgenommen. Es existieren keine Fotografien von Michał Głowiński aus der Zeit des Krieges. Hintergrundbild: Straßenbahn mit dem Davidstern im Warschauer Ghetto, 1940/41; © akg-images/East News
Einbandgestaltung: Harald Braun, Berlin
Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de
ISBN 978-3-8062-3663-7
Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich:
eBook (PDF): 978-3-8062-3754-2
eBook (epub): 978-8062-3755-9
Buch lesen Vorwort von Michał Głowiński Als ich begann, diese Berichte niederzuschreiben, ahnte ich nicht, dass daraus ein Buch werden würde. Jeder von ihnen ist die Aufzeichnung einer Erfahrung, entstanden aus Blitzlichtern einer Erinnerung, die nicht die gesamten Vorkommnisse umfasst und nicht mein ganzes Leben in jenen Jahren und meine Überlebensgeschichte umspannt. Die Erzählungen haben unterschiedlichen Charakter; es lag mir nicht daran, sie zu vereinheitlichen. Ich war nicht in der Lage, zusammenhängend Bericht zu erstatten – zu groß waren die Erinnerungslücken – und ich hielt es für unangemessen, für nicht zielführend, diese Lücken mit Vermutungen, Erfindungen oder auch mit Informationen zu füllen, die ich aus in unterschiedlicher Form zugänglichen Quellen hätte schöpfen können. Erinnerungsblitze haben ihr eigenes Recht; sie befreien einen von der Sorge um die Folgerichtigkeit, sie begründen den fragmentarischen Charakter, ja sie setzen ihn geradezu voraus. Und sie motivieren Heterogenität. Ich schreibe darüber, woran ich mich erinnern kann, und wenn ich mir über etwas unsicher bin, erwähne ich das ausdrücklich. Der Leser sollte sich nicht wundern, wenn er hier oder da der Formel „ich weiß nicht” begegnet. Diese Erzählungen berichten lediglich über das, was ich erfahren und erinnert habe. Indem ich mich darauf beschränke, was ich am eigenen Leib erfahren habe, indem ich ausschließlich über mein Schicksal erzähle, und manchmal über jene, die auf dieses Schicksal einwirkten, möchte ich meiner Überzeugung Ausdruck verleihen, nichts zu wiederholen, was schon gesagt worden ist, was bekannt oder gar allgemein verfügbar ist, auch wenn ich hoffe, dass ich den Berichten damit nicht ihren allgemeineren Sinn nehme.
Innentitel Michał Głowiński Schwarze Jahreszeiten Meine Kindheit im besetzten Polen Aus dem Polnischen von Peter Oliver Loew Mit einem Nachwort von Anna Artwińska Herausgegeben von Anna Artwińska und Peter Oliver Loew
Inhaltsverzeichnis
Informationen zum Buch
Informationen zum Autor
Impressum
Zur Erinnerung an meine Eltern,Felicja geb. Rozenowiczund Henryk Głowiński
Vorwort von Michał Głowiński
Bruchstücke aus dem Ghetto
Das Wort
Die Farbe
Straßenszenen
Anblicke des Todes
Der Keller
Der Weg zum Umschlagplatz
Das Törtchen
Emil
Großvaters Selbstmord
Die Bohnen und die Geige
Das Verlassen
Der Lange
Die schwarze Stunde
Offene Abendgespräche
Die Villa in der ulica Odolańska
Das Haus unter den Adlern
Eine Viertelstunde in der Konditorei
Der rothaarige Jasio
Der Tod von Schwester Longina
An einem Sonntagnachmittag
Eine Laus auf dem Barett, der Ornat und die Schuhe
„Misjudeja”
Ich habe den Heiland erschlagen
Bücher, die ich in jungen Jahren nicht gelesen habe
„Auch Deutsche sind Menschen”
Anhang
Bilder aus dem Familienarchiv des Autors
Anna Artwińska: Stufen der Erinnerung. Michał Głowińskis autobiographisches Schreiben über die Shoah
Die Herausgeber im Gespräch mit Michał Głowiński – „Schwarze Jahreszeiten” revisited
Anmerkungen
Abbildungsnachweis
Vorwort von Michał Głowiński
Als ich begann, diese Berichte niederzuschreiben, ahnte ich nicht, dass daraus ein Buch werden würde. Jeder von ihnen ist die Aufzeichnung einer Erfahrung, entstanden aus Blitzlichtern einer Erinnerung, die nicht die gesamten Vorkommnisse umfasst und nicht mein ganzes Leben in jenen Jahren und meine Überlebensgeschichte umspannt. Die Erzählungen haben unterschiedlichen Charakter; es lag mir nicht daran, sie zu vereinheitlichen. Ich war nicht in der Lage, zusammenhängend Bericht zu erstatten – zu groß waren die Erinnerungslücken – und ich hielt es für unangemessen, für nicht zielführend, diese Lücken mit Vermutungen, Erfindungen oder auch mit Informationen zu füllen, die ich aus in unterschiedlicher Form zugänglichen Quellen hätte schöpfen können. Erinnerungsblitze haben ihr eigenes Recht; sie befreien einen von der Sorge um die Folgerichtigkeit, sie begründen den fragmentarischen Charakter, ja sie setzen ihn geradezu voraus. Und sie motivieren Heterogenität. Ich schreibe darüber, woran ich mich erinnern kann, und wenn ich mir über etwas unsicher bin, erwähne ich das ausdrücklich. Der Leser sollte sich nicht wundern, wenn er hier oder da der Formel „ich weiß nicht” begegnet. Diese Erzählungen berichten lediglich über das, was ich erfahren und erinnert habe. Indem ich mich darauf beschränke, was ich am eigenen Leib erfahren habe, indem ich ausschließlich über mein Schicksal erzähle, und manchmal über jene, die auf dieses Schicksal einwirkten, möchte ich meiner Überzeugung Ausdruck verleihen, nichts zu wiederholen, was schon gesagt worden ist, was bekannt oder gar allgemein verfügbar ist, auch wenn ich hoffe, dass ich den Berichten damit nicht ihren allgemeineren Sinn nehme.
Bruchstücke aus dem Ghetto
Ich erinnere mich daran, wie ich es zum ersten Mal hörte. Gleich zu Beginn des Kriegs, unmittelbar nach der Niederlage. Es kam mir zu Ohren, als man beratschlagte: Werden sie uns im Ghetto einsperren oder nicht? Ich wusste nicht, was dieses Wort bedeutet, war mir jedoch darüber im Klaren, dass es mit einem Umzug zusammenhängt. Ich erkannte, dass die Erwachsenen mit Schrecken davon sprachen, doch bildete ich mir ein, dass es ein interessantes Abenteuer werden würde.
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