Michael Crichton - Schwarze Nebel

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_bookmark2 Das Buch Im Jahre 922 macht sich Ibn Fadian, Vertreter des Herrschers von Bagdad, auf eine große Reise: Er fährt über das Kaspische Meer und das Tal der Wolga hinauf zum König von Saqaliba. Bevor er dort ankommt, trifft er auf Buliwyf, einen mächtigen Anführer der Wikinger, den seine in Bedrängnis geratenen Verwandten in den Norden rufen. Buliwyf muß nach Skandinavien reisen, um seine Landsleute und seine Familie vor Ungeheuern zu retten, die aus dem Nebel kommen und alles Leben bedrohen.
Ein frühes Werk von dem Erfolgsautor von »Dino-Park« und »Nippon Connection«.
Der Autor Michael Crichton wurde 1942 in Chicago geboren. Sein Studium absolvierte er am Harvard College und an der Harvard Medical School. Nach seiner Promotion arbeitete er als Dozent am Salk Institute in La Jolla, Kalifornien und seit 1988 als Gastdozent am Massachusetts Institute of Technology. Außerdem führte er Regie bei mehreren Filmen, darunter der Adaption seines eigenen Romans »Der große Eisenbahnraub«. Sein Roman »Nippon Connection« erschien 1992 im Droemer Knaur Verlag und eroberte sofort die deutschen Bestsellerlisten.

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Das Material in den ersten drei Kapiteln stammt im wesentlichen von Ibn Fadlan in der Übersetzung von Robert P. Blake, Richard N. Frye und Albert Stanburrough Cook. Für ihre wissenschaftliche Arbeit danke ich ihnen.

Für William Howells

»Lobe den Tag nicht, bevor der Abend anbricht; eine Frau, bevor sie verbrannt; ein Schwert, bevor es geführt; eine Jungfer, bevor sie vermählt; Eis, bevor es überschritten; Bier, bevor es getrunken.«

Wikinger-Sprichwort

»Das Böse ist alt an Jahren.«

Arabisches Sprichwort

Der Name »Wendol« ist ein uralter Name, so alt wie ein jegliches unter den Völkern der nördlichen Lande, und er bedeutet »der schwarze Dunst«. Für die Nordmänner bedeutet dies einen Dunst, der im Schutze der Nacht schwarze Unholde heranbringt, welche morden und töten und Menschenfleisch verzehren. Die Unholde sind behaart und von widerlichem Geruch und Wesen; sie and wild und verschlagen; sie sprechen keinerlei menschliche Sprache, und doch bereden sie sich untereinander; sie kommen des Nachts mit dem Nebel und verschwinden bei Tag - dorthin, wo kein Mensch zu folgen wagt.

Einführung

Das Manuskript des Ibn Fadlan stellt den frühesten bekannten Augenzeugenbericht über Lebensweise und Gesellschaft der Wikinger dar. Es handelt sich hierbei um ein außergewöhnliches Dokument, das anschaulich und in allen Einzelheiten Ereignisse schildert, die sich vor mehr als tausend Jahren zutrugen. Natürlich hat das Manuskript diese enorme Zeitspanne nicht unversehrt überdauert. Es hat vielmehr eine eigene Geschichte, und die ist nicht weniger bemerkenswert als der Text an sich.

Ursprung des Manuskriptes

Im Juni des Jahres 921 A. D. entsandte der Kalif von Bagdad Ahmad Ibn Fadlan, ein Mitglied seines Hofstaates, als Botschafter zum König der Bulgaren. Ibn Fadlan befand sich drei Jahre auf Reisen, und seinen eigentlichen Auftrag führte er nie aus, da er unterwegs einer Gruppe Normannen begegnete und zahlreiche Abenteuer mit ihnen erlebte. Als er schließlich nach Bagdad zurückkehrte, zeichnete er seine Erlebnisse in Form eines offiziellen Berichtes an den Hof auf. Dieses Originalmanuskript ist längst verschollen, und zu seiner Rekonstruktion sind wir auf in späteren Quellen erhaltene Auszüge und Fragmente angewiesen.

Deren bekannteste ist ein irgendwann im dreizehnten Jahrhundert von Yakut ibn-Abdallah verfaßtes arabisches geographisches Lexikon. Yakut übernimmt ein Dutzend wortwörtlicher Passagen aus Ibn Fadlans Bericht, welcher damals dreihundert Jahre alt war. Man muß annehmen, daß Yakut anhand einer Kopie des Originals arbeitete. Nichtsdestoweniger wurden diese wenigen Absätze von Gelehrten späterer Zeiten unzählige Male übersetzt und rückübersetzt.

Ein weiteres Fragment wurde 1817 in Rußland aufgefunden und 1823 von der Akademie St. Petersburg in deutscher Sprache veröffentlicht. Dieses Material beinhaltet gewisse zuvor bereits von J. L. Rasmussen im Jahre 1814 veröffentlichte Passagen. Rasmussen arbeitete anhand eines von ihm in Kopenhagen aufgefundenen und seither verschollenen Manuskriptes von zweifelhaftem Ursprung. Ferner gab es zu jener Zeit Übersetzungen in schwedischer, französischer und englischer Sprache, die indes allesamt notorisch ungenau sind und offensichtlich keinerlei neues Material enthalten.

Im Jahre 1878 wurden in der privaten Altertümersammlung von Sir John Emerson, dem britischen Botschafter in Konstantinopel, zwei neue Manuskripte entdeckt. Sir John zählte offenbar zu jenen passionierten Sammlern, deren Erwerbseifer das Interesse am nämlichen erworbenen Gegenstand übertraf. Die Manuskripte wurden nach seinem Tode aufgefunden; niemand weiß, wo oder wann er sie erstanden hat.

Im einen Fall handelt es sich um eine Geographie in arabischer Sprache von Ahmad Tusi, zuverlässig auf das Jahr 1047 A.D. datiert. Dadurch steht das Tusi-Manuskript dem Original des Ibn Fadlan, das vermutlich etwa um 924-926 A.D. verfaßt wurde, chronologisch näher als jedes andere. Doch Gelehrte halten das Tusi-Manuskript für die am wenigsten zuverlässige aller Quellen; der Text steckt voller offenkundiger Fehler und innerer Widersprüchlichkeiten, und obwohl er ausführlich einen gewissen »Ibn Faqih« zitiert, der die Nordlande bereiste, zögern viele Experten, dieses Material zu akzeptieren. Beim zweiten Manuskript handelt es sich um die ungefähr aus den Jahren 1585-1595 stammende Schrift des Amin Razi. Sie ist in lateinischer Sprache geschrieben und gemäß ihrem Verfasser unmittelbar anhand des arabischen Textes von Ibn Fadlan übersetzt. Das Razi-Manuskript enthält einiges Material über die Oguz-Türken sowie mehrere Passagen über Kämpfe mit den Dunstwesen, die in anderen Quellen nicht auftauchen. Im Jahre 1934 schließlich wurde im Kloster zu Xymos, nahe Thessaloniki in Nordostgriechenland, ein Text in mittelalterlichem Latein aufgefunden. Das Xymos-Manuskript enthält weitere Ausführungen über die Beziehung des Ibn Fadlan zum Kalifen und seine Erlebnisse mit den Kreaturen der Nordlande. Sowohl der Autor wie auch das Alter des Xymos-Manuskriptes sind ungewiß. Die Aufgabe, diese zahlreichen, aus mehr als tausend Jahren stammenden und in Arabisch,

Latein, Deutsch, Französisch, Dänisch, Schwedisch und Englisch vorliegenden Versionen und Übersetzungen zu kollationieren, stellt ein Unternehmen von ungeheueren Ausmaßen dar. Nur eine Person von großer Gelehrsamkeit und Energie konnte dies in Angriff nehmen, und im Jahre 1951 geschah eben dieses. Per Fraus-Dolus, Professor emeritus für vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Oslo in Norwegen, trug sämtliche bekannten Quellen zusammen und begann mit der gewaltigen Aufgabe des Übersetzens, die ihn bis zu seinem Tode im Jahr 1957 in Beschlag nahm. Teile seiner Neuübersetzung wurden in Protokolle des Nationalmuseums von Oslo: 1959-1960 veröffentlicht, doch erregten sie unter Gelehrten kein großes Interesse, vermutlich weil das Journal nur eine geringe Auflage hat. Die Fraus-Dolus-Übersetzung war absolut wortgetreu; in seiner Einleitung zu dem Material führte Fraus-Dolus an, daß »es in der Natur der Sprachen liegt, daß eine schöne Übersetzung nicht akkurat ist und eine akkurate Übersetzung mühelos zu der ihr eigenen Schönheit findet«. Bei der Aufbereitung dieser vollständigen und kommentierten Version der Fraus-Dolus-Übersetzung habe ich nur wenige Veränderungen vorgenommen. So habe ich einige Wiederholungen getilgt; diese sind im Text kenntlich gemacht. Ich habe die Gliederung der Absätze verändert, so daß, wie dies heute üblich ist, mit jedem wörtlich zitierten Sprecher ein neuer Absatz beginnt. Ich habe die diakritischen Zeichen der arabischen Namen weggelassen. Schließlich habe ich gelegentlich die ursprüngliche Syntax verändert, normalerweise durch Umstellung von Nebensätzen, so daß die Bedeutung leichter zu erfassen ist.

Die Wikinger

Ibn Fadlans Darstellung der Wikinger unterscheidet sich erheblich von der traditionellen europäischen Sichtweise dieses Volkes. Die ersten europäischen Schilderungen der Wikinger wurden vom Klerus aufgezeichnet; Geistliche waren seinerzeit die einzigen Beobachter, die schreiben konnten, und sie betrachteten die heidnischen Nordmänner mit besonderem Entsetzen.

Hier folgt eine typisch übertriebene Passage, von D. M. Wilson nach einem irischen Autor des zwölften Jahrhunderts zitiert:

In einem Wort: Obzwar da einhundert hart gestählte eiserne Häupter auf einem Halse waren und einhundert scharfe, schlagfertige, kühle, niemals rostende, dreiste Zungen in einem jeglichen Haupte und einhundert geschwätzige, laute, unermüdliche Stimmen aus jeder Zunge, konnten sie doch nicht wiedergeben noch schildern, nicht aufzählen noch mitteilen, was all die Iren gemeinschaftlich erlitten, Männer wie Frauen, Laien wie Klerus, Alt und Jung, Edle und Unedle, in jeglichem Hause an Elend und Beschädigung und Unterdrückung durch diese kühnen, zürnenden und von Grund auf heidnischen Menschen.

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