Für das erfolgreiche Durchlaufen eines Sportstudiums ist es insbesondere aufgrund des kooperativen Charakters einiger Prüfungsleistungen unabdingbar, ein hohes Maß an sozial kompetentem Verhalten und Teamfähigkeit mitzubringen oder dieses zumindest rasch auszuprägen. Dies gilt sowohl für Sportarten wie „Gymnastik/Tanz“ als auch für die auf Kooperation basierenden Sportspiele.
ANEKDOTE ÜBER EINE EHEMALIGE STUDIERENDE DER SPORTHOCHSCHULE KÖLN
Sie hatte als sehr sportliches Kind in der Grundschule einen Schwimmwettkampf der Schulen gewonnen und erzählte ihrem etwas älteren Freund, dass sie keine Angst vor der Aufnahmeprüfung im Schwimmen an der Sporthochschule habe. Als sie dann ihre Künste dem diplomierten Sportlehrer vorführte, traten viele Unzulänglichkeiten zutage, die ihr selbst nicht bewusst waren .
Es folgten zwei intensive Wochen des Trainings zu Hause im Hallenbad, die trotzdem nicht zum Erfolg beider Prüfungen führten: Die 100-m-Brust legte sie eine halbe Sekunde zu langsam zurück, weil sie während des Tests Wasser schluckte und der Rhythmus abhandenkam. Beim Vorschwimmen war sie anschließend so aufgeregt, dass ihre „Schere“ in der Technik unverkennbar zum Vorschein kam. Alles andere im Test meisterte sie mit Bravour. Mit zwei Defiziten fiel sie bei der Aufnahmeprüfung durch .
Bei der nächsten Aufnahmeprüfung umging sie das Brustschwimmen, indem sie an einem Kursus für Rettungsschwimmen teilnahm, was damals als Alternativprüfung von der Sporthochschule anerkannt wurde. Sie gehörte dann in den Schwimmkursen während des Studiums zu den Besten, weil ihr auch von den Dozenten die Zeit gegeben wurde, sich zu verbessern .
Oben wurde an den Beispielen des Handstands sowie des oberen Zuspiels im Volleyball bereits erläutert, inwiefern bewegungsübergreifende Leistungsvoraussetzungen ( Fähigkeiten, s. o.) die Umsetzung einer technischen Fertigkeit beeinflussen. Experten gehen davon aus, dass es Lebensphasen einer optimalen Trainierbarkeit konditioneller und koordinativer Fähigkeiten gibt.
So konstatiert etwa der Sportwissenschaftler Peter Hirtz, dass insbesondere zwischen dem siebten und dem zwölften Lebensjahr eines Kindes von der sogenannten sensiblen Phase gesprochen werden kann: In dieser Altersspanne liegt Hirtz’ Ansatz zufolge eine besondere Lernfähigkeit im Bereich der koordinativen Fähigkeiten vor: Verpasst man es in dieser Zeit, altersgemäße, insbesondere spielerisch angelegte Belastungen sowohl im konditionellen als auch im koordinativen Bereich einzustreuen, so kann dies zu einem späteren Zeitpunkt mit deutlich mehr Aufwand verbunden sein. 25
Die Schilderungen über das erfolgreiche Abschneiden in einem Schwimmwettkampf (erster Abschnitt der oben skizzierten Anekdote) fallen gemäß dem Modell des Sportwissenschaftlers Hirtz zeitlich in genau diese „sensible“ Phase. Selbstredend zeugt der genannte Erfolg von einem gewissen sportlichen Talent, das in Bezug auf das Gewinnen des o. g. Wettkampfs möglicherweise auch durch biometrische Dispositionen (z. B. Körpergröße, Gewicht etc.), die in dieser Altersstufe bekanntlich individuell deutlich abweichen können, begünstigt wurde.
Gleichwohl legen die anschließenden Ausführungen nahe, dass die „sensible Phase“ nicht optimal genutzt wurde, um die sportartübergreifenden koordinativen Fähigkeiten durch entsprechende Spiel- und Übungsarrangements auszubauen. Somit musste im späteren Sportstudium deutlich mehr Übungszeit in Schwimmkurse investiert werden, damit die Studierende es überhaupt erst schaffen konnte, ihre technischen Schwierigkeiten zu beheben.
Darüber hinaus offenbart das technische Defizit „(Bein-)Schere“ (Fehlen idealtypisch ausgeführter Beinschläge im Zuge der Brustschwimmtechnik), dass die Sportlerin zum Zeitpunkt ihrer ersten Eignungsprüfung in Bezug auf ihr motorisches Lernen (s. o.) noch im Bereich der Grobkoordination verharrte. Eine „Beinschere“ beim Brustschwimmen äußert sich zumeist in einer nicht gewünschten Bremswirkung gegen die Schwimmrichtung. Somit war sie sich augenscheinlich noch nicht über die fehlende Feinabstimmung zwischen Arm- und Beinschlag im Klaren. Der erhöhte psychische Belastungsdruck angesichts der Prüfungssituation verstärkte ihre Verunsicherung sicherlich noch.
Sportliche Erfolge im Kindesalter garantieren kein automatisches Bestehen bestimmter Disziplinen in der Sporteignungsprüfung oder auch in Praxiskursen eines Studiums. Sie verhüllen möglicherweise gar bestehende technische Defizite. Um dies zu vermeiden, sollten frühzeitig fachliche Rückmeldungen zum eigenen Leistungsstand bezüglich der geforderten Techniken eingeholt werden (z. B. bei einem Sportlehrer und/oder in Sportvereinen).
EIN EHEMALIGER SPORTSTUDENT ERINNERT SICH AN SEINEN KLEINEN KOMMILITONEN
Er wohnte mit mir im Studentenwohnheim und hatte wie ich im Wintersemester 1968, ohne den NC, mit dem Sportstudium an der Sporthochschule Köln begonnen. Ich habe vergessen, wie groß er genau war, vielleicht 160 cm groß und prädestiniert, um für den Verein Efferen (Stadtteil von Hürth bei Köln) in der Bundesliga im Fliegengewicht anzutreten .
Doch es stellten sich ihm kaum zu meisternde Hürden in den Weg: Im ersten Semester Leichtathletik beim Dozenten Rolf Herings musste er für den Schein die 110-m-Hürden auf dem damaligen ASV-Platz in einer bestimmten Zeit um die 20 Sekunden laufen. Für uns normal Große war das eher keine Schwierigkeit, obwohl ich in meiner Jugend auch nicht mit den fast 107 cm hohen Hürden in Berührung gekommen war. Im vorgegebenen Dreierrhythmus ackerten wir über die 10 Hürden, erreichten aber alle die vorgegebene Zeit … bis auf unseren Ringer aus Thailand: Mit seinen kurzen Beinen musste er einen Fünferrhythmus laufen. Jede Hürde war zudem für ihn wirklich eine Hürde, die er zu bewältigen hatte, fast so wie beim Hochsprung .
Ich erinnere mich, dass ich viel mit ihm zusammen auf dem ASV-Platz geübt hatte; denn auch im Kugelstoßen hatte er seine Probleme. Alle Mühen waren vergeblich. Den Schein bekam er nicht. Enttäuscht brach er sein Studium ab und war nur noch Ringer in Efferen .
Diese Begebenheit zeigt, dass es im wahrsten Sinne des Wortes „Hürden“ geben kann, die man kaum bzw. überhaupt nicht beeinflussen kann. Gemeint sind biometrische Merkmale des eigenen Körpers, im Speziellen die Körpergröße. Insbesondere für sehr klein gewachsene Menschen ist es gegenüber Größeren eine ungleich größere Herausforderung, in der gleichen Zeit sowie bei gleicher Hürdenhöhe einen Hürdensprint zu absolvieren. Es ist Ersteren schlicht nicht möglich, die Hürden von oben zu „attackieren“, wie man es in der Leichtathletik oft sagt. Grund ist letztlich ihr körpergrößenbedingt deutlich niedriger liegender Körperschwerpunkt.
Wird ein Körper in seinem Körperschwerpunkt(kurz: KSP) unterstützt, so befindet er sich in jeder Lage im Gleichgewicht. Am Körperschwerpunkt greift die Gewichtskraft an.
Den KSP eines einfachen DIN-A4-Blatts können Sie beispielsweise dadurch herausfinden, indem Sie es so auf Ihrem Zeigefinger positionieren, dass es nicht herunterfällt. Liegt es im Gleichgewicht auf, so haben Sie den KSP gefunden.
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