Jennifer Mai - Alle hören auf »Daffy«, nur Daffy nicht

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Alle hören auf »Daffy«, nur Daffy nicht. Vor allem wenn die ansonsten so zuverlässige Blindenführhündin gerade etwas Schmackhaftes im Freilauf entdeckt hat, kostet dies Jenny, ihre Arbeitgeberin, viel Geduld. Die hohen Erwartungen der Passanten sind bald noch schlimmer als Daffys Dickkopf. Denn die Leute vergessen eines nur allzu gern: Ein Blindenführhund macht einen verantwortungsvollen Job, allerdings ist und bleibt er immer noch ein Tier.

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Jennifer Mai

ALLE HÖREN AUF „DAFFY“,

NUR DAFFY NICHT

Abenteuer Blindenführhündin

Engelsdorfer Verlag

Leipzig

2017

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.deabrufbar.

Copyright (2017) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte beim Autor

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2017

www.engelsdorfer-verlag.de

Inhalt

Cover

Titel Jennifer Mai ALLE HÖREN AUF „DAFFY“, NUR DAFFY NICHT Abenteuer Blindenführhündin Engelsdorfer Verlag Leipzig 2017

Impressum Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Copyright (2017) Engelsdorfer Verlag Leipzig Alle Rechte beim Autor Hergestellt in Leipzig, Germany (EU) E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2017 www.engelsdorfer-verlag.de

Vorwort

Versuch macht klug

Das Kennenlernen

Beginn der Einarbeitung

Die kleinen und großen Veränderungen

Der Wall

Wenigstens sie liebt mich

Unverhofft kommt oft

Für immer

Ein Ende mit Schrecken

On tour

An die Klugscheißer dieser Welt

Erste Gehversuche

Beleidigt

Mein Kind

Wenn ich das Sagen hätte

Der Fresserei ein Ende sei

Willkommen zu Hause

Neues Jahr, und dann?

Schnee

Produktgruppe 99

Meine Männer

Ausgeklinkt

Meine Sichtweise

Der natürliche Typ

Meine Chefsekretärin

Was ich dir schon immer mal sagen wollte

Vorwort

Ich stehe am Rand eines Feldes und rufe Daffy. Neo, Hanker und Gomez kommen folgsam angerannt und stehen erwartungsvoll um mich herum. Nur die eigentlich Gerufene kümmert es nicht die Bohne.

„Alle hören auf ‚Daffy‘, nur Daffy nicht!“ Verzweifelt stampfe ich mit dem Fuß auf. Im selben Moment halte ich inne.

„Das ist ein geiler Buchtitel, oder?“

Antoine ist verwirrt. „Was denn für ein Buch?“ Ich erkläre es ihm. Ich will darüber schreiben, wie das Leben mit einem Blindenführhund ist. Was er so macht und kann, und vor allem, dass er letztlich auch nur ein ganz normaler Hund ist – ein Hund mit einem Job.

Daffy ist meine lackschwarze, neugierige, verfressene, verspielte, kinderliebe, gut genährte, faule, plüschig weiche, nicht stinkende Blindenführhündin. Sie verabscheut es, offensichtliche Kommandos zu befolgen, und erinnert mich durch konsequentes Verweigern von Treppen oder Ampeln gerne daran, ihr doch bitte etwas mehr zuzutrauen.

Darf ein Blindenführhund so etwas? Ist er etwa schlecht ausgebildet?

Nein, ist er nicht. Daffy hatte meinem Empfinden nach den besten Trainer, den sie hätte haben können, aber der ist nicht dafür da, den Charakter meiner dickköpfigen Hundedame zu brechen. Auch wenn sie mich an der Rollleine über Stock und Stein schleift, schnuppert, andere Hunde anwedelt oder sich lustlos hinterherziehen lässt, ist sie nicht schlecht ausgebildet. Sie trägt dann nur die Kenndecke oder das Halstuch, auf dem zu lesen ist, dass ihr Job der einer Blindenführhündin ist. Und die hat gerade frei. Ich empfehle jedem Führhundhalter, sich die Kenndecke mit der Aufschrift „Blindenführhund in Freizeit“ zuzulegen. Dann hat man zwar wahrscheinlich immer noch keine Ruhe vor Menschen, die einem erklären wollen, wie der Hund zu sein hat, aber es hilft ein wenig. Theoretisch wird ein solcher Hund nämlich auch dann als wohlerzogen und gesellschaftstauglich angesehen und sollte deshalb in Supermärkten, Lokalen, einfach überall mit offenen Armen begrüßt werden.

Wenn Daffy im Dienst ist, trägt sie das weiße Führgeschirr mit Bügel und mir als Besitzerin daran. In diesem Fall ist es mit den Zutrittsrechten zu Restaurants, Museen, Geschäften im Grunde keine Frage, denn dann wird der Hund, zumindest laut Gesetz, zum Hilfsmittel, und das darf überall mit hin.

Die Wirklichkeit sieht anders aus. In manchen Supermarktfilialen oder Arztpraxen hat man das mit den Führhunden zum Beispiel immer noch nicht verstanden. Des Öfteren ist zu hören, dass ein Führhundhalter mit seinem Hund vor der Tür stehen gelassen wird, weil dieser angeblich gegen die Hygienevorschriften verstößt. Es folgen Anrufe bei der Zentrale, die Verantwortlichen haben sich zu entschuldigen, und am Ende gibt es keine Diskussion: Der Hund darf mit.

Sobald ein Blindenführhund das weiße Führgeschirr trägt, ist es für Außenstehende verboten, den Hund zu streicheln, ihn anzuflirten oder durch sonstige Bemerkungen und Bemühungen abzulenken, denn das könnte unter Umständen lebensgefährlich für den Führhundhalter sein. Der Hund ist im Dienst und muss den Job, seinen Halter möglichst sicher überall hinzuführen, ausüben. Doch er ist eben auch nur ein Tier, das sich gern mal ablenken lässt – zum Beispiel durch andere Hunde. Für Daffy gilt das ebenso. Bitte ich in einem solchen Fall andere Hundehalter, ihren Hund zurückzuhalten oder Daffy bitte nicht zu streicheln, da sie im Dienst ist, reagieren die meisten unfreundlich, aggressiv oder tun es erst recht. Ich muss mich dann sehr zusammenreißen, um freundlich zu bleiben. Am liebsten würde ich nämlich platzen.

Zwei Jahre ist es nun her, dass Daffy in mein Leben getreten ist. Seitdem hat sich für mich einiges geändert. Mein Denken, mein Handeln, einfach mein ganzes Leben wurde durch meine Bindung zu Daffy auf den Kopf gestellt, und auch davon möchte ich erzählen. Ich musste zum Beispiel nicht nur lernen, wie Außenstehende auf Daffy reagieren, sondern auch, wie es speziell in der Szene der Führhundschulen und Führhundhalter zugeht. Wie weit beispielsweise die Meinungen innerhalb der Szene auseinandergehen, sobald es um die Erziehung eines Führhundes geht.

Ich habe die Namen der Menschen geändert, von denen ich erzähle, nur die der Hunde sind geblieben.

Versuch macht klug

Daffy war nicht mein erster Versuch mit einem Führhund. Während meines ersten Studiums der Kindheitspädagogik in Hamburg wollte ich schon einmal einem Vierbeiner mein Leben anvertrauen. Zu der Zeit regte es mich fürchterlich auf, dass mir unachtsame Leute auf dem Hamburger Hauptbahnhof innerhalb eines halben Jahres drei Blindenstöcke verbogen hatten. Einfach weil sie nicht aufmerksam ihrer Umwelt gegenüber waren, sondern ihnen das Smartphone oder der Hintern einer vorbeigehenden Dame viel interessanter erschien. Dieser erste Versuch scheiterte grandios – nach gerade mal vier Tagen.

Es war Anfang 2011. Ich machte mir zum ersten Mal Gedanken über einen Führhund. Warum gerade ein Hund? Eigentlich mag ich Katzen viel lieber … Wieso können Katzen nicht führen? Würde ich unseren Herrn Kater bitten, sich doch in Zukunft als mein Führkater bereitzuhalten, würde dieser mich voller Verachtung anfauchen, mir seine Krallen präsentieren und mich gnadenlos im Stich lassen. Niemals würde er seine Bedürfnisse den meinen unterordnen und sich an irgendwelche Regeln halten. Wir würden Mäuse und Vögel im Geschirr jagen und ich bekäme nichts davon ab. Außerdem würde er sich nach jeder Pfütze, durch die er mich führt, erst einmal ausgiebig putzen und ich würde jeden Termin, jede Bahn und jeden Bus verpassen.

Nun ja, was nicht ist, ist einfach nicht. Ich hörte mich um und stellte mich bei drei Schulen vor. Die erste war in Hamburg. Super, das passte! Einen Ansprechpartner in der Stadt zu haben, in der ich wohnte, das gefiel mir.

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